BGM-Special: Ergebnisse

Agieren statt reagieren!

Absenz- und Fluktuationsraten zeigen nur einen Teil der unternehmerischen Gesundheitsrisiken auf. Das 
Ausmass künftig auftretender Kosten wird mit der Analyse solch isoliert betrachteter Kennzahlen jedoch nicht 
erkannt. Werden diese Gesundheitskosten erst sichtbar, ist es jedoch zu spät, um noch präventiv einzugreifen. 
Ein ganzheitliches und strategisch ausgerichtetes Frühwarnsystem ermöglicht hingegen proaktives Handeln.

Die Arbeitswelt ist geprägt durch steigenden Wettbewerbsdruck, hohe Qualitätsanforderungen sowie permanente Veränderungen und Rationalisierungen auf allen Unternehmensebenen. Digitalisierung und zunehmende Flexibilisierung bringen zusätzlich neue Herausforderungen und erschweren die Abgrenzung zwischen Arbeits- und Privatbereich. Dabei stossen die Betriebe und insbesondere deren Mitarbeitende zunehmend an ihre Grenzen. Wird dem nicht rechtzeitig Rechnung getragen, bauen sich für die Betriebe sukzessive Gesundheitsrisiken auf. Zwar mögen diese Risiken teilweise sichtbar werden, wenn Absenz- und Fluktuationsraten ansteigen, solche Kennzahlen stellen aber lediglich die Spitze des Eisbergs dar. Der verborgene Teil und die damit verbundenen latenten zukünftigen Kosten sind um ein Vielfaches höher, werden aber meist erst dann erkannt, wenn es zu spät ist, noch vorbeugend und wirkungsvoll etwas dagegen zu unternehmen.

Operativer Aktionismus anstelle eines 
strategischen Weitblicks

BGM-Massnahmen sind viel zu häufig rein operativer Natur und werden reaktiv und nach dem Giesskannenprinzip umgesetzt. Anstatt nach Hintergründen und Zusammenhängen zu suchen, wird punktuelle Symptombekämpfung betrieben und vorschnell in konkreten Massnahmen gedacht. Die Erhaltung der betrieblichen Gesundheit muss über die heute primär bewirtschaftete individuelle Ebene (Case Management, Optimierung der Arbeitsumgebung, individuelle Gesundheitsförderung) hinausgehen und auch gesamtorganisatorische Aspekte wie beispielsweise die Unternehmenskultur und die Führungsqualität in die Gesamtbetrachtung miteinbeziehen. Sind diese beiden Faktoren doch der grösste Nährboden für die Entstehung von Gesundheitsrisiken. Dadurch verschiebt sich die Thematik unweigerlich auf die strategische Ebene.

Das verstaubte und belächelte «Pausenapfel-Image» wird dem BGM und dessen Erfolgspotenzial bei weitem nicht gerecht. Dass das BGM oft ein operatives Dasein fristet, hängt auch damit zusammen, dass die dafür verantwortliche Stelle organisatorisch oft ohne die notwendige strategische Rückendeckung auskommen muss und mit zu wenig Handlungsspielraum ausgestattet wird, um auch auf höherer betrieblicher Ebene nachhaltig etwas bewegen zu können.

Schlüsselfaktoren für ein strategisches 
Gesundheitsmanagement

Damit das BGM seine strategische Rolle zur Gesundheitsförderung wahrnehmen und dadurch die nachhaltige Erhaltung der betrieblichen Gesundheit sicherstellen kann, müssen folgende wesentlichen Voraussetzungen erfüllt sein:

  • 
Rückendeckung: Verankerung des BGM auf strategischer Ebene als wichtiges Element der Corporate Social Responsibility und Bekenntnis der obersten Führung zum Stellenwert des Humankapitals (Vorbildfunktion bei der Umsetzung im Unternehmensalltag).
  • 
Zusammenarbeit: HR, Management, Unternehmensentwicklung, Controlling und Kommunikationsabteilung arbeiten eng und mit gemeinsamen Zielsetzungen zusammen.
  • Miteinbezug und Mitwirkung der Mitarbeitenden: Klärung der Frage, was überhaupt erwartet, wertgeschätzt und kritisiert wird, um zu verhindern, dass Massnahmen im Elfenbeinturm entwickelt werden.
  • 
Belastbares Konzept: Die Entwicklung einer konkreten, gemeinsamen Vorstellung über die erfolgskritischen Faktoren der Humankapital-Risiken muss auf der Basis eines ganzheitlichen Modells erfolgen, welches auch in Krisensituationen eine klare Orientierung bietet.
  • 
Messung, Analyse und Verdichtung: Das Modell muss mit geeigneten Messgrössen als Controlling-Grundlage für die systematische Analyse der Gesamtzusammenhänge ausgestattet sein, welche die erfolgskritischen Faktoren in einer übersichtlichen Humankapital-Risiko-Landkarte verdichtet.

Erkennen von Gesamtzusammenhängen durch ein strategisches Frühwarnsystem

Nur mit einem systematisch aufgebauten strategischen Frühwarnsystem gelingt es, Gesamtzusammenhänge zu verdeutlichen sowie die Wirksamkeit von Investitionen ins Humankapital aufzuzeigen und dadurch auch den strategische Nutzen des BGM zu belegen. Dazu werden fundierte Risikoanalysen durchgeführt und verschiedene Messgrössen erhoben. Diese berücksichtigen neben den klassischen quantitativen auch qualitative Aspekte, verschiedene zeitliche Dimensionen und mehrere Blickwinkel (Mitarbeitende, Führung, Experten).

Konkret empfehlen wir die Erhebung von drei Arten von Messgrössen, die erst in ihrer Kombination eine ganzheitliche Optik ermöglichen:

  • 
Klassische Kennzahlen, die zwar rückwärtsgerichtet sind, jedoch häufig den Auslöser für das Erkennen einer Krisensituation oder zumindest die Spitze des Eisbergs darstellen (zum Beispiel Anzahl, Dauer und Art der Absenzen, Anzahl und Gründe der Personalabgänge, Kosten der Wiedereingliederung).
  • 
Kenngrössen, das heisst die fundierte, qualitative Analyse der im Betrieb vorhandenen Strukturen, Abläufe, Instrumente und Prozesse und deren Auswirkung auf die betriebliche Gesundheit (zum Beispiel die Qualität der Personalentwicklung, die Ausgestaltung von Führungsschulungen, die Abläufe bei der Integration neuer Mitarbeitenden in den Betrieb).
  • 
Intelligente Mitarbeitendenbefragungen, welche über die weitverbreitete standardisierte Multiple-Choice-Methode hinausgehen und handfeste Indikatoren in Bezug auf die wahren Motivationstreiber der Mitarbeitenden liefern.

Nachhaltige Wertschöpfung

Ein strategisch verankertes BGM trägt durch die proaktive und gezielte Steuerung der Rahmenbedingungen zu einer motivierten und engagierten Belegschaft bei. Die hohen Kosten der grösstenteils vermeidbaren Gesundheitsrisiken können dadurch minimiert werden. Gleichzeitig ist ein professionell betriebenes BGM ein wichtiges Positionierungsinstrument für das Arbeitgeberimage und die unverzichtbare Basis für eine nachhaltige Entwicklung des Humankapitals und damit auch des Gesamtunternehmens. Verschiedene Forschungsergebnisse belegen eindeutig, dass Unternehmen, die sich mit diesen Themen systematisch auseinandersetzen und die notwendigen Veränderungen aktiv angehen, letzten Endes erfolgreicher sind. Beim BGM handelt es sich nicht um einen Trend, der wieder verblassen wird, sondern um ein Must-have, das – richtig eingesetzt – zu einem wesentlichen Teil über den zukünftigen Unternehmenserfolg entscheidet.

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Monika Schibler ist Consultant und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der GFO Unternehmensberatung. Ihre Spezialgebiete sind Human Capital Management, BGM und Personalcontrolling.

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Yves Gianella, lic. rer. pol., ist Senior Consultant der GFO Unternehmensberatung AG, Spezialist in der Gestaltung und Umsetzung von integrierten Führungs- und Honorierungskonzepten sowie Gleichstellungs-Audits im Rahmen von Human Capital Management.

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