Leadership

Delegieren oder durchdrehen

Führungskräfte klagen oft über Überlastung. Dabei sind diese häufig selbst schuld. Anstatt Aufgaben sinnvoll zu delegieren, versuchen sie alles selbst zu «stemmen» oder betreiben nur Scheindelegation. Ein grundlegender Fehler. Denn wer delegieren kann, schafft sich den Freiraum für die wirklich wichtigen Aufgaben.

Als Leader können Sie sich persönlich nur in dem Masse weiter entwickeln, wie Sie in der Lage sind Aufgaben an Ihre Mitarbeiter zu delegieren. Es ist wichtig, dass Sie sich klar machen, dass die Anzahl der Aufgaben, die Sie übernehmen können, begrenzt ist, ganz egal wie hart sie arbeiten. Durch Delegieren schaffen Sie sich die Zeit-Ressourcen, um den Aufgaben nachzukommen, die nur Sie als Leader erfüllen können. Deshalb ist Ihre erste und wichtigste Frage als Leader: «Was werde ich ab sofort nicht mehr selbst tun?»

Neben der Notwendigkeit für Sie, sich zeitmässig Freiraum zu schaffen, hat die Aufgabendelegation einen weiteren Vorteil, denn bedeutende und wichtige Aufgaben an Mitarbeiter zu delegieren, heisst immer auch, ihnen mit Wertschätzung zu begegnen. Sie als Leader trauen Ihren Mitarbeitern etwas zu, Sie vertrauen Ihnen. Wenn Sie einem Mitarbeiter Aufgaben übertragen, die er lösen kann, fördert das auch umgekehrt das Vertrauen des Mitarbeiters in Sie als Leader.

Delegation beschreibt Ihre Fähigkeit und Bereitschaft, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten an andere abzugeben. Zu Beginn delegieren Sie einfach Aufgaben, wie zum Beispiel eine Inventurliste zu erstellen, so kann Ihr Mitarbeiter Selbstvertrauen aufbauen. Wenn dies gut funktioniert, dann übergeben Sie eine Funktion, das ist dann eine etwas schwierigere Aufgabe, wie die Buchhaltung zu führen, für die Ihr Mitarbeiter dann auch die Verantwortung trägt und zuständig ist. Wenn Sie mit den Ergebnissen zufrieden sind, dann gehen Sie zur nächsten Stufe über. Sie umfasst die Delegation noch grösserer und komplexerer Aufgaben, die in Form eines Projektes beispielsweise die vollverantwortliche Suche nach einer externen Buchhaltungsfirma umfasst. Lassen Sie Mitarbeiter also zunächst Aufgaben machen, dann Funktionen und danach Projekte. Damit ermöglichen Sie es Ihren Mitarbeitern, sich zu bewähren und zu verbessern.

«Alles selbst machen zu wollen, ist das Kennzeichen des Unbegabten», schreibt der österreichische Schriftsteller Richard Schaukal (1874 -1942).

Warum ich – die richtige Person

Die folgenden sechs Schritte zeigen Ihnen, was Sie beim erfolgreichen Delegieren beachten müssen. Der erste Schritt ist, dass Sie sich die Frage stellen, warum ich? Warum sollen Sie das tun? Sind Sie die Person, die diese Aufgabe erledigen muss? Falls nicht, dann suchen Sie die Person, die diese Aufgabe am besten ausführen kann. Stimmen Sie dabei die Anforderungen der Aufgabe mit den Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter ab und suchen Sie die geeignete Person der Effizienz halber auf möglichst niederer Hierarchieebene. Die Mitarbeiterauswahl ist der schwierigste Teil des Delegierens. Wenn Sie die richtige Person auswählen, gut, aber wählen Sie die falsche Person, so liegt die Verantwortung hierfür bei Ihnen, nicht bei der ausgewählten Person.

Vieraugengespräch – Aufgabenklärung

Im zweiten Schritt führen Sie ein Vieraugengespräch mit dem Mitarbeiter, dem delegiert wird. Stellen Sie sicher, dass er die Aufgabe genau verstanden hat und weiss, was von ihm erwartet wird. Wichtig ist, dass Sie klare, messbare Ergebnisse vorgeben und das wie, was und warum der Aufgabe besprechen.

Termine festlegen

Im dritten Schritt legen Sie die Fristen und Fälligkeitstermine fest. Einigen Sie sich mit Ihrem Mitarbeiter auf realistische, aber eher kurze Fristen, denn zu lang gedehnte Zeiträume helfen weder dem Mitarbeiter noch Ihnen und kurze Fristen lassen sich verlängern, längere Fristen aber in den meisten Fällen nicht verkürzen. Wichtig ist, dass Sie die Termine schriftlich festhalten.

Ressourcen klären

Klären Sie mit dem Mitarbeiter im vierten Schritt ab, welche Ressourcen er benötigt, wie er Zugang dazu bekommt und wo er gegebenenfalls Ersatz finden kann. Wenn Sie eine Aufgabe delegieren, ist es wichtig dass Sie auch die Verfügungsgewalt über die notwendigen Mittel, dem Umfang entsprechend delegieren. Sagen Sie ihm, welche Mittel zur Verfügung stehen, damit er die Parameter der Aufgabe klar vor Augen hat. Es hilft Ihrem Mitarbeiter, wenn Sie ihn mit anderen, mit denen er zusammenarbeiten soll, persönlich bekannt machen.

Aufgabe übergeben – kein Rework

Übergeben Sie im fünften Schritt die gesamte Aufgabe, dies bedeutet übergeben und dann nicht mehr einmischen. Wenn Sie die Aufgabe einmal delegiert haben, dann lassen Sie die betreffende Person in Ruhe. Wenn Ihr Mitarbeiter zu Ihnen kommt und um Hilfe bittet, dann können Sie Vorschläge machen. Nehmen Sie die Aufgabe auf keinen Fall zurück. Ihr Mitarbeiter soll das Gefühl haben, dass es sich um seine eigene Aufgabe handelt, für die er allein zuständig und verantwortlich ist. Richtiges Delegieren bringt Erfolg für alle Beteiligten.

Vereinbarung von Fortschrittsberichten

Der sechste Schritt des effektiven Delegieren umfasst die Vereinbarung von Fortschrittsberichten. Einigen sie sich, wann und wie oft Fortschrittsberichte (Progress Reports) eingereicht werden sollen. Diese sind insbesondere bei grösseren Aufgaben bzw. Projekten Standard beim Delegieren. Fortschrittsberichte ermöglichen zwei Dinge: Erstens, Sie können den Fortschritt des delegierten Projekts bzw. der delegierten Aufgabe verfolgen. Zweitens, der Mitarbeiter weiss, dass er auf dem richtigen Weg ist, wenn Sie seinem Report zustimmen.

Eine Ihrer wichtigsten Aufgaben als Leaders besteht darin, andere Menschen zu befähigen, Aufgaben erfolgreich zu übernehmen. Voraussetzung zum erfolgreichen Delegieren ist Vertrauen zu demjenigen, dem Sie die Aufgabe übertragen. Die Fähigkeit, andere Menschen anzuleiten, zu motivieren und zu befähigen, dass diese dann erfolgreich Aufgaben übernehmen, ist eine wesentliche Grundlage für Ihren Erfolg als wirksamer Leader.

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Dr. Matthias K. Hettl, Dipl.-Ökonom, Dipl.-Betriebswirt (FH), war in verschiedenen Managementpositionen mit Führungs- und Budgetverantwortung, in der Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens und als Consultant bei den Vereinten Nationen in New York tätig. Seit 1995 ist er Geschäftsführer des Management-Institutes Hettl Consult in Rohr bei Nürnberg. Als Executive Coach, Trainer und Managementberater begleitet er mit seinem Team Vorstände, Geschäftsführer und  Führungskräfte mit den Schwerpunkten Leadership Skills und Managementkompetenzen.

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