Glassdoor expandiert in die Schweiz

«Glaubwürdigkeit ist unser höchstes Gut»

Im Exklusiv-Interview mit HR Today spricht Diarmuid Russell, Head of Glassdoor International, über den Schweizer Markteintritt, Konkurrentin Kununu, Manipulationsvorwürfe und den Nutzen für das HR-Management.

Herr Russell, Sie haben anfangs Woche in Österreich, Belgien und der Schweiz auf einen Schlag drei neue Länder-Plattformen eröffnet. Welche Bedeutung hat der Schweizer Markt innerhalb Ihrer Expansionsstrategie?

Diarmuid Russell: Nachdem Glassdoor als kalifornisches Unternehmen in den USA schon gut etabliert ist, wollen wir im europäischen Markt weiter Fuss fassen. Dabei kommt der Schweiz als Hauptsitz vieler multinationaler Konzerne eine besondere Bedeutung zu. Kunden, die uns aus anderen Märkten kennen, haben uns dazu ermuntert, in die Schweiz zu kommen.

Mit der Xing-Tochter Kununu stossen Sie in der DACH-Region auf einen starken Platzhirsch. Kununu hat wenige Tage vor Ihrem Markteintritt verkündet, bei der Anzahl von Firmen-Bewertungen die Millionen-Marke geknackt zu haben.

Glassdoor wurde 2008 praktisch gleichzeitig mit Kununu gegründet – ohne dass sich die Gründer gekannt hätten. Die Idee lag also gewissermassen in der Luft. Glassdoor hat sich mit rund 10 Millionen Kommentaren ebenfalls eine starke Position erarbeitet. Kununu ist gerade in der DACH-Region unbestritten stark aufgestellt. Wir verfolgen jedoch einen globaleren  Approach.

Gibt es weitere Differenzierungsmerkmale?

Erstens bieten wir bei unseren Firmen-Bewertungen Salär-Informationen, die wir durch Befragungen unserer Kommentatoren ermitteln. Zweitens positionieren wir uns auch stark als Jobplattform. Auf diesem Feld sind wir in den USA bereits die Nummer 4. Einerseits aggregieren wir Stellenausschreibungen, andererseits unterhalten wir auch Kooperationen mit spezifischen Jobbörsen. Zahlende Unternehmenskunden erhalten bei uns eine bessere Positionierung ihrer Job-Inserate. Und dies in einem sehr interessanten Umfeld, wo Jobsuchende potenzielle Arbeitgeber kritisch vergleichen.

Können Sie Ihr Geschäftsmodell etwas erläutern?

Wir haben 3000 zahlende Firmenkunden und 54'000 Unternehmen mit einem Gratis-Account. Firmen mit Gratis-Account erhalten die Möglichkeit, Arbeitnehmer-Bewertungen zu kommentieren.  Das ist gerade für jüngere Jobsuchende aus der Generation Y ein relevantes Kriterium bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines potenziellen Arbeitgebers. Mit einem Free-Account haben Sie allerdings bei der Gestaltung Ihres Firmenprofils nur relativ rudimentäre Mittel zur Verfügung.

Welchen Mehrwert bieten Sie bezahlenden Kunden?

Sie erhalten die Möglichkeit, ihren Auftritt im Branding zu individualisieren, nicht nur Fotos, sondern auch Videos zu posten und Social Media-Shares zu platzieren. Relevant ist auch, dass Bezahlkunden Zugang zu sehr ausführlicheren Datenanalysen erhalten, die gerade für das HR-Management spannend sein können.

Nämlich?

Die Daten geben einen transparenten Einblick in die Stärken und Schwächen auf dem Arbeitnehmermarkt. Damit erhalten Firmen interessante Entscheidungsgrundlagen für Employer Branding-Strategien, aber auch für weitere HR-Massnahmen – sei es auf dem Gebiet der Work-Life-Balance, Diversity oder in Kulturfragen. Bis zu einem gewissen Grad dienen diese Informationen auch als Ersatz oder Ergänzung von Mitarbeiterumfragen. Zudem erhalten bezahlende Kunden das Privileg, bei der Liste der Beurteilungen an oberster Stelle eine positive Beurteilung zu platzieren.

Wie stehen Sie zur Kritik, dass Bewertungsplattformen geradezu zu Manipulation einladen?

Zwei Drittel aller Kommentare auf Glassdoor sind positiver Natur. Besucher unserer Seite sehen sich durchschnittlich 4 bis 7 Reviews an und sind sehr wohl fähig, sich ein ausgewogenes Urteil zu bilden. Durch unsere Überwachungsalgorithmen und Beobachterteams werden 5 bis 10 Prozent aller Kommentare mit Verdacht auf Manipulation gelöscht. Es ist uns bewusst, dass die Glaubwürdigkeit unser höchstes Gut ist.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Ehemaliger Chefredaktor HR Today.

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