Betriebliches Gesundheitsmanagement – Ergebnisse

Im Cockpit der Kennzahlen

Die Ergebnisse des Betrieblichen Gesundheitsmanagements messbar zu machen, Daten miteinander zu verknüpfen, zu interpretieren und damit Zusammenhänge aufzuzeigen, ist im Betriebsalltag nicht einfach zu bewerkstelligen. Stimmen aus der Praxis zeigen auf, wie Unternehmen ihr «Kennzahlen-Cockpit» zusammenstellen.

Viele Unternehmen tun sich schwer damit, das Betriebliche Gesundheitsmanagement messbar und damit steuerbar zu machen. Und das, obwohl in jedem Unternehmen Datenquellen existieren, die für die Gesundheit der Mitarbeitenden relevant sind.

Diese werden jedoch oft nicht verknüpft. Dadurch werden Zusammenhänge nicht erkannt oder durch Ausreisser verzerrt. Zudem hinken viele Kennzahlen der Realität hinterher. Ähnlich wie in einer Bilanz oder einer Erfolgsrechnung, werden Entwicklungen so erst am Ende des Jahres sichtbar.

Warnzeichen rechtzeitig erkennen

Wie stellt man sein «Kennzahlen-Cockpit» zusammen und wie erkennt man, wo sich etwas zusammenbraut? Wichtig sei, sich im Vorfeld die richtigen Fragen bei der Auswahl der Kennzahlen zu stellen, meint Eric Bürki, Projektleiter Betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Gesundheitsförderung Schweiz. «Basierend auf dem Selbstassessment, dem Assessment-Bericht und den Mitarbeiterbefragungen weiss man ja, wo die neuralgischen Zonen im Unternehmen liegen und welche Entwicklungen man im Auge behalten muss.»

Frühwarnungen ergäben sich vor allem aus dem direkten Kontakt mit Mitarbeitenden. So liessen sich weiche Faktoren zur Gesundheit über schriftliche Befragungen, Interviews oder in Gesundheitszirkeln erfassen, erläutert Bürki. Dabei sei die Arbeitszufriedenheit ein zuverlässiger Frühindikator für später auftretende Gesundheitsrisiken. Diese Erkenntnisse bestätigt auch Monica Basler, Assessorin bei der Gesundheitsförderung Schweiz und ergänzt: «Speziell bei grossen Veränderungsprojekten gilt es, vorgängig die BGM-Brille aufzusetzen und sich folgende Fragen zu stellen: Sind genügend Ressourcen vorhanden? Was sind die Chancen und Gefahren im Hinblick auf die gesundheitliche Auswirkungen der Mitarbeitenden?» Damit liessen sich frühzeitig potenzielle Überlastungssituationen erkennen und vermeiden. Das habe direkte Auswirkungen auf das Absenzenmanagement.

Bei Kuhn Rikon setzt man beinahe ausschliesslich auf solche Frühwarnsignale: «Wir führen regelmässig Mitarbeiterbefragungen durch und werten diese aus. Was hat sich verändert? Was ist besser, was ist schlechter geworden? In unserem Gesundheitszirkel, der sich vierteljährlich trifft, diskutieren wir aufgrund der Mitarbeiterbefragung die Ist- und Soll-Situation und leiten daraus Massnahmen ab», erläutert Daniel Obrist, Leiter Dienste und CFO bei Kuhn Rikon. Vor allem aber stehe der persönliche Kontakt mit den Mitarbeitenden im Vordergrund. So werden an den jährlichen Mitarbeitergesprächen auch Absenzen thematisiert. «Wir streben aber keinen Präsentismus an, nur um unsere Absenzzahlen niedrig zu halten. Unsere Mitarbeitenden dürfen krank sein. Bei längerer Krankheit wollen wir diese aber aktiv begleiten und unterstützen», erklärt er.

Bei Kennzahlen steckt der Teufel oft im Detail

Bei den «Hard factors» fällt an erster Stelle das Stichwort «Absenzenmangement». So verfügen zwar alle im Rahmen dieses BGM-Specials befragten Unternehmen über ein mehr oder weniger ausgeprägtes Monitoring der Absenzen. Doch wie bei vielen Kennzahlen steckt auch hier der Teufel im Detail: So gilt es zwischen kurz- und langzeitigen Absenzen zu unterscheiden. In einem kleineren Unternehmen genügen beispielsweise ein verunfallter Mitarbeitender oder einige Grippefälle, um die Absenzenraten nach oben zu drücken und das Ergebnis zu verzerren. Die genauere Betrachtung der Kurz- und Langzeitabsenzen lohnt sich jedoch in vielerlei Hinsicht: So sind Kurzzeitabsenzen für Hans-Rudolf Castell, Leiter HR Management der Migros Gruppe, oft Frühindikatoren für steigende Fallzahlen im Case Management. Mit einer adäquaten Betreuung sei die Zahl der langfristigen Absenzen jedoch positiv beeinflussbar.

Die Bedeutung der Kurzzeitabsenzen wurde auch bei Manor erkannt. So ist die intensive Analyse der Kurzzeitabsenzen in über 20 «Fokushäusern» ein aktuelles BGM-Schwerpunktziel des Detailhändlers. «Es geht darum, das Arbeitsumfeld genauer unter die Lupe zu nehmen und Präventionsmassnahmen zu entwickeln», erläutert Patric Eisele, Head HR Stores bei Manor. Noch weiter geht Eric Bürki von der Gesundheitsförderung Schweiz: «Durch die Auswertung der Absenzen kann ein Unternehmen erkennen, wo Handlungsbedarf besteht. Sind es vor allem Rückenleiden, die Ausfälle verursachen? Hier könnte das Unternehmen beispielsweise Frühuntersuchungen anbieten oder die Arbeitsplätze ergonomisch anpassen.» Die Zahl der Überstunden und der nichtbezogenen Ferientage seien Indikatoren für einen verdichteten Arbeitstakt und damit Anzeichen für Selbstüberforderung und später auftretende Ausfälle.

In den bereits vorhandenen Kennzahlen liegt also viel Potenzial. Es geht somit nicht darum, noch mehr Zahlen auszuwerten, sondern das vorhandene Potenzial optimal zu nutzen. So auch bei Kambly, dem bekannten Hersteller von Feingebäck, der sich die Optimierung seiner Kennzahlen auf die Fahne geschrieben hat: «Früher waren unsere Kennzahlen nicht immer klar definiert und wir haben sie nicht immer nach derselben Methode und im gleichen Zeitraum erhoben. Deshalb war die Vergleichbarkeit nicht gegeben. Das haben wir nun konsequent verbessert», so Jürg Aemmer, Leiter Human Resources.

Unternehmen wünschen sich Benchmarks

Nach wie vor schwierig gestaltet sich hingegen die Einbettung der unternehmensinternen BGM-Kennzahlen in einen grösseren Kontext. So existieren noch keine Benchmarks, die den Unternehmen ermöglichen, sich mit ähnlichen Betrieben zu vergleichen. Damit fehlt die Orientierung. Die Unternehmen wissen nicht genau, wo sie im Markt­umfeld stehen.

Für welche Indikatoren sich ein Unternehmen auch entscheidet: Die regelmässige Rapportierung an die Geschäftsleitung ist dabei ein Must. «Es ist wichtig zu erläutern, welche Bedeutung die Kennzahlen für das Unternehmen haben, Zusammenhänge aufzuzeigen, zu begründen, was man mit welchem Ziel gemacht hat und wie die Strategie und das Vorgehen zielführend angepasst werden könnten», erklärt Monica Basler abschliessend.

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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