HR Today 12/2015: HRM International

Kürzung von Kontingenten verschärft die Praxis

Per 1. Januar 2015 beschloss der Schweizer Bundesrat eine erhebliche Kürzung der Kontingente 
für Fachkräfte aus Drittstaaten und für Dienstleistungserbringer aus EU-/EFTA-Staaten. Dieser Entscheid führte zu einer massiven Verschärfung der Zulassungspraxis in der Schweiz. Auch 2016 werden die Kontingente auf gleichem Niveau belassen. Empfehlungen zum Umgang mit den neuen Herausforderungen.

Die Höchstzahlen der Arbeitsbewilligungen für gut qualifizierte Drittstaatsangehörige und EU-2-Staatsangehörige (Bulgarien und Rumänien) sowie für Dienstleistungserbringer aus der EU/EFTA wurden per 1. Januar 2015 durch Teilrevision der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) wesentlich gekürzt.1 Die Höchstzahlen bleiben auch 2016 unverändert. Die Verknappung der Kontingente führte in den letzten Monaten zu einer erheblichen Verschärfung der Zulassungspraxis in verschiedenen Schweizer Kantonen. Die nachfolgenden Abschnitte bieten einen Überblick über die wesentlichen Praxisänderungen sowie Empfehlungen zum Umgang mit den neuen Herausforderungen.

Wichtigste Praxisänderungen:

  • Inländervorrang auch bei gruppeninternen Versetzungen qualifizierter Fachkräfte aus Nicht-EU-25/-EFTA-Staaten zu beachten: Die vereinfachten Vorschriften, namentlich der Wegfall des sogenannten Inländervorrangs, bei gruppeninternen Transfers von Mitarbeitern (eine Anstellung bei der Schweizer Gesellschaft vorausgesetzt) kommen neu in vielen Kantonen nicht mehr zur Anwendung. Vielmehr muss neu zumeist der Nachweis erbracht werden, dass auf dem Schweizer und EU-Arbeitsmarkt keine vergleichbar qualifizierte und geeignete Spezialisten rekrutiert werden konnten. 

  • Strengere Gesuchsprüfung bei nicht kontingentierten Bewilligungen: Die reduzierte Anzahl der Kontingente hat zu einem Anstieg der Nachfrage nach nicht kontingentierten 120-Tage-Bewilligungen geführt. Dementsprechend haben die Schweizer Behörden ihre diesbezügliche Bewilligungspraxis verschärft: Eignung der Mitarbeiter sowie die wirtschaftliche Notwendigkeit eines Einsatzes eines ausländischen Mitarbeiters werden öfter und genauer hinterfragt und Gesuche häufiger abgelehnt. 

  • Keine Bewilligungen für Aufenthalte zum Know-how-Austausch und für Trainees: Aktuell werden Kontingente nur noch an berufserfahrene Spezialisten erteilt. Bewilligungen zum unternehmensinternen Wissensaustausch sowie für Trainees werden demzufolge nur noch für eine nicht kontingentierte Dauer von maximal vier Monaten erteilt.
  • Frühzeitige Ausschöpfung von EU-/EFTA-Kontingenten: In den ersten drei Quartalen 2015 waren die Kontingente für Dienstleister aus EU-/EFTA-Staaten bereits nach rund vier bis sechs Wochen ausgeschöpft mit der Folge, dass häufig Arbeitseinsätze auf den Beginn des jeweils nächsten Quartals verschoben werden mussten.


Empfehlungen:

  • Bedachtes Timing von Arbeitsbewilligungsgesuchen: Die Praxisverschärfungen haben ein frühzeitiges Einreichen von Arbeitsbewilligungsanträgen unvermeidlich gemacht. Dies gilt insbesondere für lokale Einstellungen von Nicht-EU-25/-EFTA- Bürgern (einschliesslich konzerninterner Versetzungen, siehe oben), bei denen der Nachweis von erfolglosen Suchbemühungen auf den lokalen Arbeitsmärkten erbracht werden muss.
  • Frühe und massgeschneiderte Projekt- und Personalplanung: Die möglichst frühzeitige Planung von Projekten mit Beteiligung ausländischer Mitarbeiter ist mit Blick auf die knappen Kontingente wichtiger als je zuvor. Mehrere Mitarbeiter für kürzere Zeiträume (maximal 120 Tage pro Mitarbeiter) anstatt einen Mitarbeiter für einen längeren Zeitraum einzusetzen, kann die Bewilligungsproblematik je nach Situation entschärfen. Es empfiehlt sich jedoch unter Umständen eine zeitliche Staffelung der Anträge, da bei grossen Mengen gleichzeitig eingereichter Gesuche das Ablehnungsrisiko steigen dürfte.
  • Sorgfältige Gesuchsbegründung: Die Gesuchsbegründung und die Beilagen zum Gesuch müssen noch ausführlicher und sorgfältiger erstellt werden als im Normalfall, weil die Behörden die Qualifikation des betreffenden Mitarbeiters seit der Kürzung der Kontingente ausführlicher prüfen und Unklarheiten oder Unvollständiges über den Hintergrund eines Einsatzes eher in Frage stellen.

Fazit

Zahlreiche kurzfristige Praxisänderungen haben in der ersten Hälfte des Jahres 2015 zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit geführt. Diese Situation erfordert eine ständige Überwachung potenzieller weiterer Änderungen. Steter Kontakt mit den zuständigen Behörden und eine frühzeitige Planung von Anstellungen und Projekteinsätzen sind unentbehrlich, um Verzögerungen in der Projekt- und Projektpersonalplanung zu vermeiden.

  • 1 Folgende Arbeitsbewilligungstypen sind von der Entscheidung über
 die Kürzung der Kontingente betroffen (Kürzung von teilweise über 
50 % gegenüber den Vorjahren): Kontingente für Dritt- und EU- 2-Staatsangehörige (Bewilligungen Typus L und B) sowie Bewilligungen für Entsandte aus EU-/EFTA-Staaten (Bewilligungen Typus L und B). Andere Arbeitsbewilligungstypen wie z. B. die sogenannten 120-Tage-Bewilligungen sowie L-und B-Bewilligungen für lokal in der Schweiz angestellte Mitarbeiter aus EU-25-/EFTA-Staaten sind von der Entscheidung, die Kontingente zu kürzen, nicht betroffen, da diese weiterhin keinen zahlenmässigen Beschränkungen unterliegen.
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Shirin Yasargil ist seit 2011 Rechtsanwältin bei KPMG. Sie berät in- und ausländische Firmenkunden und Privatpersonen in Bezug auf arbeits- und ausländerrechtliche Belange.

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