Folgen der Abzocker-Initiative

Minder-Verordnung: Sinken jetzt die Manager-Löhne?

Per 1. Januar dieses Jahres ist nach Annahme der „Abzocker-Initiative“ durch das Schweizer Volk die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften in Kraft getreten. Die betroffenen Unternehmen sind gefordert, diese so rasch als möglich umzusetzen. Erste Resultate zeichnen ein uneinheitliches Bild.

Während Roche an der Generalversammlung (GV) bereits bindend über die Boni für 2013, die künftigen Vergütungen der Konzernleitung und deren Präsidenten sowie über Änderungen der Statuten abgestimmt hat, verschiebt Novartis die bindende Abstimmung auf das nächste Jahr. Andere Unternehmen wählen eine Mischform.

Was sind die Kernforderungen und was ist zu erwarten?

Die bedeutendste Veränderung ist die bindende Abstimmung über die Gesamtvergütung der Geschäftsleitung (GL), des Verwaltungsrats (VR) und des Beirates. Als Basis sollen die Unternehmensstatuten dienen. Diese sind das Salz in der Suppe. Die Firmen sind momentan daran, diese anzupassen. Knackpunkt ist, ob über die einzelnen Elemente der Vergütung oder insgesamt abgestimmt werden soll und was die Konsequenzen einer Ablehnung bedeuten. Auch beschreiben die Statuten die Vergütungsstrategie und die Incentive-Pläne. Erste Anpassungen zeigen je nach Unternehmen einen unterschiedlichen Detaillierungsgrad. Während beispielsweise Clariant Incentive-Pläne und maximale Bonus-Levels genau festlegt, sind die Ausführungen bei Sulzer eher allgemein gehalten. Die Reaktion der Aktionäre darf mit Spannung erwartet werden.  

Für die Unternehmen steht beim Thema die Minimierung der Risiken unter Einhaltung der Vorgaben im Vordergrund. Anders ist es bei den Aktionären, die eine starke Korrelation zwischen Vergütung und Unternehmenserfolg sehen wollen. Sinken deshalb die Vergütungen? Je nachdem. In guten Jahren gibt es genügend Argumente, diese zu erhöhen. Die Aktionäre stören sich kaum daran, wenn gleichzeitig die Dividenden erhöht werden und sie am Erfolg partizipieren. In schlechten Jahren kann es durchaus zu starken Reduktionen der Boni kommen. Für den VR dürfte es schwierig sein, hohe Boni bei schwachen Jahreszahlen vor den Aktionären zu rechtfertigen. Und diese haben ab 2015 das letzte Wort. 

Eine weitere Kernfrage: Soll über die jährlichen Boni prospektiv oder retrospektiv abgestimmt werden? Mit einer prospektiven Abstimmung über ein Bonusdach kann die Unternehmung Rechtsunsicherheiten vorbeugen. Sollte der Vorschlag von den Aktionären abgelehnt werden, hätte sie bis zur nächstjährigen GV Zeit, über die effektiv auszuzahlenden Boni abstimmen zu lassen. Gleichzeitig liefert die prospektive Genehmigung der Firma einen Blankoscheck, im Folgejahr auch bei schlechten Resultaten überhöhte Boni auszuzahlen. Dies wäre weder im Sinne der Verordnung noch der Aktionäre. Wenn Aktionäre bei einer retrospektiven Boni-Abstimmung den Vorschlag des VR ablehnen, wird eine ausserordentliche Generalversammlung (GV) notwendig. Jede Firma will ein solches Szenario verhindern. Es ist juristisch und finanziell ein Desaster. Obendrauf birgt es das Risiko, GL-Mitglieder zu verlieren. Diese könnten wegen Unsicherheit bezüglich Höhe und Zeitpunkt der Auszahlung der Vergütung das Unternehmen verlassen.

Die Verordnung zwingt die Unternehmen die Anzahl Mandate ihrer VRs in den Statuten festzulegen, um damit deren Unabhängigkeit sicherzustellen. Wie viele Mandate sind akzeptabel? Die Unabhängigkeit von VRs ist in der kleinen Schweiz ein grösseres Problem als in andern Ländern. Man kennt sich auf der Top-Ebene und niemand will dem andern Steine in den Weg legen. Aber VR zu sein ist keine Ehre, sondern eine Aufgabe, die jeder und jede sorgfältig auszuüben hat. Die Verordnung zielt auf eine Begrenzung ab, indem die Anzahl Mandate jedes VRs offengelegt werden müssen. Gerade bei denjenigen, die in den Vergütungsausschuss gewählt werden, ist dies besonders kritisch. Neue Gesichter mit grosser Erfahrung und fachlichem Knowhow wären jetzt gefragt. Doch diese sind rar.

Was ist in Zukunft zu erwarten?

Alle sind gefordert. Die rechtlichen Anforderungen können rasch abgehakt werden, wenn die Verordnung im vorgegebenen Rahmen umgesetzt und die Unternehmensstatuten angepasst worden sind. Die Ablehnung der Vergütung bei bindenden Abstimmungen ist eher nicht zu erwarten. Rechtsunsicherheit ist auch nicht im Interesse der Aktionäre. Viel eher könnten Vergütungsberichte bei konsultativen Abstimmungen abgelehnt werden, um dem VR für das Folgejahr einen Denkzettel zu verpassen.

Sicher ist, dass der Druck von Aktionären und der Öffentlichkeit auf VR und Vergütungsausschuss bei unverhältnismässig hohen Vergütungen unverändert hoch bleibt.

Die Relation von „Pay“ zu „Performance“ muss gegeben sein. Die Verantwortlichen brauchen nachvollziehbare Argumente. Aktionäre, Stimmrechtsberater und die Medien werden ihnen auf die Finger schauen.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Sacha Cahn ist seit Januar 2014 Leiter Executive Rewards bei New Bridge Street in der Schweiz, einem Tochterunternehmen von Aon Hewitt. Er berät Unternehmen seit mehr als 10 Jahren zu Vergütungsfragen. Zuvor arbeitete Cahn beim HR-Beratungsunternehmen Mercer, der Zurich Insurance Group und der UBS. Der Ökonom lebt in Zürich, ist 41 Jahre alt, verheiratet und hat 3 Kinder.

Weitere Artikel von Sacha Cahn

Cela peut aussi vous intéresser