HR Today Nr. 6/2016: Arbeit und Recht

Änderung des Bonusreglements ohne ausdrückliche Einwilligung

BGE 4A_131/2015 vom 14. August 2015

Das Urteil

A. (Kläger) arbeitete als Head of Investment Management Advisory bei der B. AG (Beklagte). Entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 2008 und dem Bonusreglement vom 1. Oktober 2007, das integrierter Vertragsbestandteil war,  setzte sich das Einkommen des A. aus einem Grundgehalt und zwei verschiedenen Boni zusammen, die als garantiertes Gehalt bezeichnet wurden. Im Bonusreglement war zudem festgehalten, dass bei Austritten während des Bemessungsjahres beide Boni pro rata temporis zum Zeitpunkt des Austritts ausbezahlt werden.

Auf den 1. Oktober 2009 führte die B. AG einen neuen «Bonusplan für Kadermitarbeitende» ein, wonach das bisherig garantierte Gehalt neu als «Fixgehalt» bezeichnet wurde, zuzüglich eines variablen Bonus. Bei Austritt während des Bemessungszeitraumes hatten die Kadermitarbeitenden jedoch keinen Bonusanspruch mehr. Über die Einführung des neuen Bonusplanes hat die B. AG die Mitarbeitenden mit Schreiben vom 17. August 2009 und mit E-Mail vom 4. September 2009 informiert.

Nachdem das Arbeitsverhältnis mit A. per 31. August 2011 aufgehoben wurde, forderte A. klageweise die Zahlung eines individuellen Bonus pro rata temporis gestützt auf das alte Bonusreglement und machte geltend, der neue Bonusplan 2009 sei nie Vertragsbestandteil geworden. Das Arbeitsgericht sowie auch das Obergericht des Kantons Zürich wiesen die Klage ab. Daraufhin erhob A. Beschwerde beim Bundesgericht. Er machte geltend, dass die Vorinstanz zu Unrecht angenommen habe, dass er dem Bonusreglement stillschweigend zugestimmt habe und von solch einer stillschweigenden Annahme nur dann ausgegangen werden könne, wenn die neue Regelung für ihn ausschliesslich Vorteile gebracht hätte.

Das Bundesgericht wies die Beschwerde mit der Begründung ab, dass eine stillschweigende Annahme eines Bonusplans, der sich zu Ungunsten des Arbeitnehmers auswirken kann, nicht per se ausgeschlossen sei. Hingegen sei der Arbeitnehmer aufgrund der Umstände nach Treu und Glauben gehalten, eine mögliche Ablehnung ausdrücklich zu erklären. Umstände dieser Art würden namentlich dann vorliegen, wenn für den Arbeitnehmer erkennbar sei, dass der Arbeitgeber von seinem (stillschweigenden) Einverständnis ausgehe und andernfalls bestimmte Massnahmen ergreifen oder eine Kündigung aussprechen würde. Das E-Mail vom 4. September 2009 stellt eine Änderungsofferte dar und spätestens bei Erhalt der Bonusmitteilung vom 6. Dezember 2010 war für den Arbeitnehmer erkennbar, dass die B. AG von seinem Einverständnis zum neuen Bonusplan ausging. Der Arbeitnehmer wäre daher gehalten gewesen, seine Ablehnung zum neuen Bonusplan ausdrücklich zu erklären.

Konsequenz für die Praxis

Eine stillschweigende Annahme einer Vertragsänderung kann auch dann angenommen werden, wenn sich die Änderungen zu Ungunsten des Arbeitnehmers auswirken können. Wenn es für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass  der Arbeitgeber von seinem (stillschweigenden) Einverständnis ausgeht, ist er nach Treu und Glauben gehalten, eine mögliche Ablehnung der Vertragsänderung ausdrücklich mitzuteilen.

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Isabel Kuttler, lic. iur. HSG Rechtsanwältin, arbeitet in der Steuer- und Rechtsabteilung bei der OBT AG in Zürich. Sie verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Beratung von KMU in Fragen des Arbeits-, Vertrags- und Gesellschaftsrechts. www.obt.ch

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