Heft Nr. 9/2015: swissstaffing-News

Neuer Gesamtarbeitsvertrag für die Temporärbranche

Ab 2016 soll ein neuer Gesamtarbeitsvertrag gelten. swissstaffing 
und die Gewerkschaften sind sich einig geworden: Unternehmen erhalten mehr Flexibilität, Mitarbeitende höhere Mindestlöhne.

Über 300 000 Menschen unterstehen dem Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih. Damit ist er der grösste GAV in der Schweiz. Sein Abschluss im Jahr 2012 war für die Temporärbranche ein Meilenstein. Ein ausgeklügeltes Regelwerk sorgt für Balance zwischen sozialer Sicherheit für Mitarbeitende und Flexibilität für Unternehmen. Durch den GAV ist der Vollzugsbeitrag für alle Temporärarbeitenden einheitlich, egal in welcher Branche sie im Einsatz sind – er beträgt ein Prozent. Zudem gelten für alle Personaldienstleister die gleichen Regeln. Das sorgt für weniger administrativen Aufwand und fairen Wettbewerb. Verläuft alles nach Plan, tritt der neue GAV per 1. April 2016 in Kraft und gilt bis Ende 2018. Mit der neuen Vertragsdauer soll die heute bestehende Lohnsummengrenze von 1,2 Millionen wegfallen. Dadurch würden künftig für alle Personaldienstleister die gleichen Bedingungen gelten.

Überzeitzuschlag erst 
ab 9,5 Stunden/Tag

Personaldienstleister benötigen im Durchschnitt 48 Stunden, um einen Einsatz abzuwickeln. Schnelligkeit ist zentral: Temporäre Arbeitskräfte kommen vielfach zum Zuge, wenn die Ressourcen eines Unternehmens knapp sind. Darum fallen über einen begrenzten Zeitraum auch mal Überstunden an. Mit dem neuen GAV ist erst ab 9,5 Stunden ein Lohnzuschlag fällig. Bisher lag die Grenze bei 9 Stunden pro Tag. Die Grenze zur zuschlagspflichtigen Wochenüberzeit bleibt bei 45 Stunden.

Erhöhung der Mindestlöhne

Die Temporärbranche kennt eher tiefe Mindestlöhne. Das hat seine Gründe. Einerseits arbeiten in unserer Branche im Vergleich zur gesamten erwerbstätigen Bevölkerung mehr Menschen als Hilfskräfte. Andererseits übernimmt die Temporärarbeit eine wichtige Brückenfunktion: Viele Berufs- oder Wiedereinsteiger gelangen via flexiblen Einsatz zur Festanstellung. Der neue GAV sieht eine moderate, stufenweise Erhöhung der Mindestlöhne vor, welche die Preis- und Produktivitätsentwicklung der letzten Jahre angemessen berücksichtigt. Bis 2018 sind das in der Deutsch- und der Westschweiz für Ungelernte 400 Franken und für Gelernte 250 Franken. Im Tessin bleiben die Löhne auf gleichem Niveau. Im Vergleich mit anderen Gesamtarbeitsverträgen sind die Mindestlöhne im Personalverleih nach wie vor konkurrenzfähig. Schätzungsweise sieben Prozent der Temporärarbeitenden sind von den Mindestlohnerhöhungen betroffen.

Schnittstelle zu anderen GAV oder Normalarbeitsverträgen

Temporärarbeitende sind in allen Branchen tätig, deshalb ist der GAV Personalverleih flexibel ausgestaltet: Es ist sinnvoll, auf branchenspezifische Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. In Branchen mit bestehenden allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen gelten deren Bedingungen punkto Mindestlohn, Arbeitszeit, Ferien und Feiertagen auch für die flexiblen Arbeitskräfte. In diversen Kantonen existieren Normalarbeitsverträge. Diese gehen den Mindestlohnvorschriften des GAV Personalverleih vor. Was Weiterbildung, Krankentaggeld und berufliche Vorsorge angeht, sind alle Temporärarbeitenden gleich gestellt. Egal ob sie auf dem Bau, in der Uhrenindustrie oder im Büro tätig sind.

Soziale Verantwortung wahrnehmen

Für viele Unternehmen ist soziale Verantwortung mehr als ein Schlagwort. Nicht zuletzt, weil Image und Mitarbeiterzufriedenheit einen bedeutenden  Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben. Durch den GAV Personalverleih sind die Temporärarbeitenden im Falle von Unfall und Krankheit bestens geschützt. Bei einem kurzen Einsatz beträgt der Schutz 60 Tage. 720 sind es, wenn der Einsatz länger als 13 Wochen dauert oder wenn die Mitarbeitenden gegenüber Kindern unterstützungspflichtig sind. Damit geht der GAV deutlich über das gesetzliche Minimum hinaus. Auch fürs Alter ist vorgesorgt. Die Mitarbeitenden können von Beginn an in die Pensionskasse einzahlen. Bei einem unbefristeten Einsatz, einem befristeten Einsatz von länger als 13 Wochen oder wenn jemand gegenüber Kindern unterstützungspflichtig ist, besteht eine Pflicht ab dem ersten Arbeitstag. Macht jemand mehrere Einsätze für den gleichen Personaldienstleister, aber bei verschiedenen Einsatzbetrieben, so werden die Wochen kumuliert.

GAV fördert Weiterbildung

Wer temporär arbeitet, profitiert von subventionierter Weiterbildung. Der Anspruch bleibt nach dem letzten Einsatztag 12 Monate bestehen. Dadurch ist es möglich, den Fonds auch während einer anschliessenden Festanstellung zu nutzen. Über 9000 Gesuche hat der Weiterbildungsfonds temptraining seit 2012 bewilligt und dabei 16 Millionen gutgesprochen: Ob CNC-Schulung, Workshop für Pflegefachleute, Sprachkurs oder Staplerführerschein, die Möglichkeiten sind vielfältig. Die Temporärbranche braucht qualifiziertes Personal, um die Bedürfnisse der Wirtschaft zu decken. Für die Temporärarbeitenden ist der Fonds eine Chance, arbeitsmarktfähig zu bleiben, sich weiterzuentwickeln oder neu zu orientieren. Und den Einsatzbetrieben bietet temptraining die Chance, auch die flexiblen Mitarbeitenden in die Personalentwicklungsstrategie einzubinden.

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Monika Rüeger ist Leiterin Kommunikation bei swissstaffing.

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