Heft Nr. 11/2015: Fokus Forschung

Wie halten Sie es mit Ihrem Chef?

Die Beziehungsqualität zwischen Führungsperson und Mitarbeitenden zählt zu den prominentesten Themen in der Führungsforschung. Wie wirkt sich nun diese unterschiedliche Beziehungsqualität auf die Zusammenarbeit zwischen den Gruppenmitgliedern aus?

Während die einen Mitarbeitenden eine sehr gute Beziehung zu ihren Vorgesetzen geniessen, haben andere Mitarbeitende eine eher oberflächliche Beziehung zu ihrem Chef. Diese Beziehungsqualität, die zwischen einer Führungsperson und seinen Mitarbeitenden charakterisiert wird und durch Vertrauen und Unterstützung gekennzeichnet ist, zählt zu den prominentesten Themen in der Führungsforschung.

Dabei lässt sich effektive Führung vor allem über eine qualitativ gute Beziehung zwischen dem Vorgesetzen und den jeweiligen Mitarbeitenden erzielen. Diese Beziehungsqualität kann jedoch innerhalb einer Arbeitsgruppe stark variieren. Wie wirkt sich nun diese unterschiedliche Beziehungsqualität auf die Zusammenarbeit zwischen den Gruppenmitgliedern aus?

Dieser Frage ging eine Forschergruppe um Xiao-Ping Chen von der Universität von Washington nach. Sie untersuchte in zwei Studien, ob sich die unterschiedliche Beziehungsqualität auf den inneren Zusammenhalt sowie auf die Proaktivität einer Arbeitsgruppe auswirkt. Eine proaktive Gruppe zeichnet sich dadurch aus, dass die einzelnen Gruppenmitglieder zusammen Initiativen ergreifen, um Arbeitsstrukturen, -prozesse, -methoden oder allgemeine Arbeitspraktiken zu verbessern. An den beiden Studien haben insgesamt 468 Führungspersonen und ihre Arbeitnehmenden einer taiwanesischen und einer chinesischen Grossbank teilgenommen.

Die Studienresultate zeigen, dass sich die unterschiedliche Beziehungsqualität von Führungskräften zu den einzelnen Gruppenmitgliedern negativ auf den Gruppenzusammenhalt sowie auf die Proaktivität einer Gruppe auswirkt. Dieser negative Zusammenhang kann jedoch reduziert werden, wenn die unterschiedliche Beziehungsqualität auf nachvollziehbaren Gründen, wie Leistung oder ausserordentlichem Arbeitsengagement der einzelnen Gruppenmitglieder, basiert.

Unterschiedliche Beziehungsqualität ist aufgrund der eingeschränkten Zeit und Kapazität des Vorgesetzten unvermeidbar. Trotzdem sollten Führungskräfte darauf achten, dass die qualitativ unterschiedlichen Beziehungen zu ihren Mitarbeitern auf nachvollziehbaren Gründen basieren. Wenn der Vorgesetzte vermehrt jenen Gruppenmitgliedern, die eine gute Leistung oder zusätzliches Engagement zeigen, mehr Vertrauen, Unterstützung oder sonstige Ressourcen schenkt, können dies die anderen Gruppenmitglieder nachvollziehen und fühlen sich weniger unfair behandelt. Dadurch kann der negative Einfluss der unterschiedlichen Beziehungsqualität auf die Gruppenarbeit reduziert werden. Dabei sollte jedoch in einer Arbeitsgruppe Einigkeit darüber bestehen, was gute Leistung und ausserordentliches Engagement  bedeuten.

  • Quelle: Chen, X.-P., He, W., & Weng, L.-C. (in press). What is wrong with treating followers differently? The basis of Leader-member exchange differentiation matters. Journal of Management.
Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Heidi Bodenmann ist Wissenschaftliche ­Assistentin, Lehr­beauftragte und Doktorandin am Lehrstuhl ­Human Resource ­Management der ­Universität Zürich.

Weitere Artikel von Heidi Bodenmann

Cela peut aussi vous intéresser