BGM-Special: Einleitung

Xundheit!

Eine Grundvoraussetzung für die hohe Produktivität der Schweizer Volkswirtschaft ist die Gesundheit der Erwerbstätigen – und zwar in jedem Alter. Die täglichen Anforderungen am Arbeitsplatz steigen jedoch und werden nicht selten zu einer psychischen Belastung. Ein Gastbeitrag von Thomas Mattig, Direktor der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz.

Der demografische Wandel stellt unsere Volkswirtschaft vor wachsende Herausforderungen. Während die Zahl der älteren Arbeitnehmenden ständig steigt, nimmt jene der jüngeren konstant ab. Die Schere öffnet sich: Dieses Jahr werden in der Schweiz erstmals mehr Menschen den 65. als den 20. Geburtstag feiern. Bis 2060 wird der Anteil der Personen im erwerbstätigen Alter an der Gesamtbevölkerung sogar von 62 auf 53 Prozent sinken. Unternehmen sind somit mit einer alternden Belegschaft, Fachkräftemangel, Pensionierungswellen und dem Verlust von Erfahrungswissen konfrontiert. Zudem führen Veränderungen in der Arbeitswelt zur Verschiebung von körperlichen zu psychischen Belastungen: So machen Personen mit psychischen Beeinträchtigungen inzwischen fast 40 Prozent aller Neurenten aus. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen und Mitarbeitende dieser Entwicklung mit praxiserprobten Ansätzen entgegenwirken.

Stress ist messbar

Gesundheitsförderung Schweiz hat im vergangenen Jahr zum ersten Mal eine Studie – den Job-Stress-Index – zur Messung von Stress am Arbeitsplatz durchgeführt und publiziert. Ziel dieser Studie war es, Kennzahlen zu entwickeln, die den Stress am Arbeitsplatz und dessen monetäre Konsequenzen für die Wirtschaft beschreiben: den Stresszustand und die Erschöpfungsrate der Mitarbeitenden. Die Ergebnisse der Erhebung zeigen ein aktuelles und repräsentatives Bild der Stresssituation und der Erschöpfungsrate der Schweizer Erwerbstätigen. Darüber hinaus liefert der Job-Stress-Index Ansatzpunkte, um die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen zu verbessern.

Das ist auch angezeigt: Gemäss Stress-Index fühlt sich in der Schweiz immerhin fast ein Fünftel der Erwerbstätigen dauerhaft oder sehr häufig bei der Arbeit gestresst. Daraus resultieren Überbeanspruchung, Burnout oder Depressionen, die zu Arbeitsausfällen führen und hohe Kosten für die Unternehmen und die Sozialversicherungen verursachen. Dabei entstehen etwa 75 Prozent des Produktivitätsverlusts durch die verminderte Leistungsfähigkeit und circa 25 Prozent durch krankheitsbedingte Fehlzeiten.

Einsparungen dank strategischem BGM

Das ökonomische Verbesserungspotenzial der Arbeitsbedingungen wird aufgrund des Job-Stress-Index aus Sicht der Unternehmen für das vergangene Jahr auf 5,6 Milliarden Schweizer Franken geschätzt. Mit anderen Worten: Investieren die Unternehmen vermehrt in das BGM und haben alle Erwerbstätigen ein günstiges Ressourcen-Belastungs-Verhältnis, könnten die Betriebe etwa 5 Milliarden Franken einsparen. Diese Zahlen sollten die Firmen eigentlich dazu motivieren, in Zukunft vermehrt in die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu investieren. Weil Gesundheitsförderung Schweiz diese Erhebung  künftig jährlich durchführt, wird es in den kommenden Jahren möglich sein, die Entwicklung der Stressbelastung in der Schweiz kontinuierlich zu verfolgen.

Selbstanalyse als erster Schritt

Dass Gesundheitsförderung im Betrieb auch einfach und kostengünstig möglich ist, zeigt der BGM-Check. Die von Gesundheitsförderung Schweiz entwickelte Selbstanalyse für Unternehmen ermöglicht den Unternehmen zu erkennen, wo sie in der Gesundheitsförderung stehen. Der Online-Test, der eigenständig durchgeführt werden kann, wurde aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse und Praxiserfahrungen ermittelt. Er gibt den Betrieben einen Einblick in das vielseitige Massnahmenspektrum und die Themen der Gesundheitsförderung. Die Firmen erhalten Ergebnisse, die ihre individuellen Bedürfnisse abbilden. Die Resultate liefern dann die Grundlage zur Massnahmenplanung.

Freiwilligkeit zahlt sich aus

Wer sich mit freiwilligen Massnahmen für das systematische BGM engagiert, spart nicht nur Kosten, sondern schafft auch bessere Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Denn nur so kann die Unternehmensführung auf gesunde und motivierte Mitarbeitende zählen, die mit den Herausforderungen des Arbeitsalltags besser zurechtkommen. Darüber hinaus werden gesunde Arbeitsbedingungen immer mehr zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil bei der Rekrutierung und Bindung qualifizierter Arbeitskräfte.

Gesundheitsförderung Schweiz

Gesundheitsförderung Schweiz ist eine Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird und einen gesetzlichen Auftrag hat, Massnahmen zur Förderung der Gesundheit zu initiieren, koordinieren und evaluieren. Die Stiftung unterliegt der Kontrolle des Bundes.  Mit einem Beitrag von 20 Rappen pro Monat leistet jede Person in der Schweiz einen 
Beitrag an die Gesundheitsförderung. Dieser wird von den Krankenversicherern eingezogen. Die Standorte von Gesundheitsförderung Schweiz befinden sich in Bern und Lausanne.
www.gesundheitsfoerderung.ch

Friendly Work Space

Das Label Friendly Work Space von Gesundheitsförderung Schweiz zeichnet Unternehmen aus, die Massnahmen zur Optimierung der betrieblichen Rahmenbedingungen systematisch umsetzen. Das Label ist ein Instrument, um das Engagement eines Betriebes für optimale Arbeitsbedingungen auch nach aussen glaubwürdig zu kommunizieren. Bisher wurden 55 Organisationen mit 188 000 Angestellten mit dem 
Label Friendly Work Space ausgezeichnet.

 

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Prof. Dr. Thomas Mattig ist seit 2007 Direktor von Gesundheitsförderung Schweiz. In dieser Funktion engagiert er sich für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung. Neben seiner Tätigkeit bei Gesundheitsförderung Schweiz unterrichtet er als Titularprofessor an der Medizinischen Fakultät der Universität Genf. Er ist Autor mehrerer Werke und publizierte zuletzt das Buch «Healthy Economy – Neue Denkformen für eine gesunde Wirtschaft» im Verlag Neue Zürcher Zeitung.

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