HR Today Nr. 4/2018: Debatte

Bonus fürs Team?

Unternehmensberaterin Juliane Kästner plädiert für Teambelohnungen, um die Kooperationsbereitschaft der Mitarbeitenden zu fördern und diese zu motivieren, die Erfüllung der Kundenbedürfnisse höher zu gewichten als ihre eigenen Karriereziele. Ohne individuelle Boni sinke die Leistungs-bereitschaft der Mitarbeitenden, befürchtet dagegen Organisations-entwicklerin Anne Forster.

Juliane Kästner: «Grundsätzlich stellt sich die Frage, was durch Boni gefördert werden soll: Konkurrenzkampf oder Kooperation?»

Ob Boni an Teams oder an einzelne Mitarbeitende ausbezahlt werden, spiegelt die jeweilige Weltsicht und das zugrundeliegende Menschenbild. Glauben Führungskräfte, dass ihre Mitarbeitenden intrinsisch motiviert sind, Verantwortung übernehmen und sich selbst verwirklichen? Oder gehen sie davon aus, dass sie sich vor der Verantwortung scheuen und deshalb angeleitet und kontrolliert werden müssen?

Bei letzterem Menschenbild sind Boni für die Führungskräfte notwendige extrinsische Hygienefaktoren und dienen als Mittel zur Belohnung oder Bestrafung. Studien von Wirtschaftswissenschaftlern und Verhaltensökonomen wie Bruno S. Frey oder Ernst Fehr haben aufgezeigt, dass diese Art der finanziellen Anreize Korrumpierungseffekte hervorrufen können. Grundsätzlich stellt sich die Frage, was durch Boni gefördert werden soll: Konkurrenzkampf oder Kooperation?

Soll das Verhalten von Einzelkämpfern belohnt werden, die ihren eigenen Lohn auf Kosten des Unternehmens optimieren und ihre individuellen Karriereziele verfolgen, indem sie auf ihre persönlichen Zielerreichungen hinarbeiten?

Oder möchte man Verhalten belohnen, welches die Zusammenarbeit in Teams sowie das Mitarbeiterengagement fördert und so abteilungs-übergreifend Leistungsprozesse kontinuierlich verbessert und die Erfüllung der Kundenbedürfnisse in den Fokus stellt?

In vielen Unternehmen setzt sich das Management über alle Führungsebenen hinweg alljährlich in Workshops zusammen, um die Unternehmensziele auf die jeweiligen Stufen herunterzubrechen. Smarte Teilziele, die tendenziell auf eine statische Umwelt ausgerichtet sind,  werden von der Geschäftsleitung über die verschiedenen Divisionen und Teams bis zu den einzelnen Mitarbeitenden definiert.

Doch wird der Grossteil der Leistungen nicht arbeitsteilig durch Teams erbracht? Kann eine Projektmanagerin ein Vorhaben ohne ihr Team erfolgreich über die Ziellinie bringen? Kann ein Kundenbetreuer im Callcenter alleine alle Kunden des Unternehmens professionell beraten? Kann eine Top-Managerin übergeordnete Ziele im Alleingang erreichen?

Der aus dem Unternehmenserfolg abgeleitete Bonus könnte von den Teammitgliedern nach gemeinsamen sozialen Normen verteilt werden. Dabei erhält jedes Teammitglied beispielsweise eine gleich hohe Anzahl an Punkten, die dem Geldwert des Teambonus entsprechen. Alle Teammitglieder bewerten das Verhalten ihrer Kollegen aufgrund von Fragen: «Wie kooperativ war sie in der Zusammenarbeit?» oder «Wie stark beteiligte er sich an gemeinsamen Lösungsfindungen?» und verteilen entsprechend untereinander ihre Punkte: Ein Feedbacksystem, das auf Vertrauen und der Belohnung von Verhalten beruht.

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Anne Forster: «Eine fehlende individuelle Vergütung kann Leistungsträger frustrieren oder 
sogar zu einem Leistungsabfall führen.»

Wer viel leistet, soll auch besser bezahlt werden. Eine leis­tungsgerechte Vergütung der Mitarbeitenden galt lange als gerecht, doch die individuelle variable Leistungsvergütung wird derzeit von vielen Unternehmen abgeschafft.

Verzichtet der Arbeitgeber jedoch auf die individuelle variable Vergütung, bleibt nur das Grundgehalt. Dieses setzt sich aus vielen Faktoren zusammen und nicht nur aus der Leis­tung.  Deshalb verdienen leistungsstarke Mitarbeitende allenfalls sogar weniger als leistungsschwache.

Eine fehlende individuelle variable Vergütung kann Leistungsträger frustrieren und sogar zu einem Leistungsabfall führen. Sie passen sich möglicherweise sogar dem unteren Leistungsniveau an.

Zugegeben: Es gibt Jobs, bei denen eine individuelle variable Vergütung nicht unbedingt sinnvoll ist und Unternehmen auf die Zahlung eines Bonus verzichten können. Insbesondere, wo eine individuelle Zielvereinbarung schwierig ist, weil die Planung der eigenen Handlungen kaum möglich ist und diese stark vom Tagesgeschäft abhängt. Etwa bei Assistenz- oder Sachbearbeiter-Jobs.

Es gibt jedoch viele Funktionen, für die eine variable Vergütung sinnvoll und förderlich ist. Der Vertriebsbereich zum Beispiel lebt vom Einsatz und von der Leistung von Einzelpersonen. Eine entsprechend individuelle Vergütung muss der individuellen Leistung folgen.

Stimmen, welche die individuelle variable Vergütung als Auslaufmodell bezeichnen und die Messung individueller Leis­tung in Zeiten einer digitalen und virtuellen Arbeitswelt als immer schwieriger darstellen, werfen Fragen auf. Etwa die, ob in solchen Unternehmen überhaupt jemals ein funktionierendes Bonussystem im Einsatz war oder dieses erst entwickelt werden müsste.

Voraussetzung für eine funktionierende individuelle variable Vergütung ist ein gutes Performance-Management. Herzstück eines solchen Systems ist die individuelle Leistungsbeurteilung. Auf die Rückmeldung und damit auch Wertschätzung der eigenen Arbeit möchte letztlich kein Mitarbeitender verzichten. Ebenso wenig sollte auch kein Unternehmen darauf verzichten. Auf der Basis eines funktionierenden Performance Managements lässt sich eine individuelle variable Vergütung ausschütten, wobei zeitgemäs­se Performance-Management-Modelle den Fokus auf den Mitarbeitenden legen, den formalen Prozess in den Hintergrund stellen und hoch flexibel sind.

Hierfür genügen wenige, einfache Tools sowie eine ver-stärkte Verantwortung der Führungskräfte. Dabei kommt der Führungskraft eine intensive Moderations-, Befähigungs- und Kommunikationsrolle zu. Auch Teammitglieder oder Peers sind bei modernen Performancemodellen im Beurteilungsprozess involviert.

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Juliane Kästner 
begleitet Unter-nehmen im digitalen Wandel und zeigt in Artikeln verschiedene 
Perspektiven auf Management, 
Politik und Gesellschaft auf.

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Anne Forster ist Coach und Organisationsentwicklerin. Sie unterstützt Professionals bei der Entwicklung einer bedeutungsvollen Karriere sowie der beruflichen Neu-orientierung.

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