Ideenfitness

«Stellen Sie alles infrage»

Wie entwickelt man Ideen? Kreativ sein kann jeder Mensch, es braucht aber vielleicht ein bisschen Übung. Wie das geht, erläutert Buchautor und Innovationsmanager Martin Gaedt.

«Seien Sie kreativ. Jetzt!», «Rennen Sie 12 Kilometer. Jetzt!», «Operieren Sie die Hüfte. Jetzt!» Beim Arzt erwartet man Berufserfahrung. Beim Läufer setzt man Training voraus. «Kreativ sein», das kann doch jeder. Sofort. Ohne Aufwärmen? Ohne Training? Ohne Berufserfahrung? Einfach so? Meinen Sie, die Rechnung geht auf? Eine Kreativitätsmethode wird vorgelesen, und alle bringen ad hoc Höchstleistung? Wie soll das gehen? Selbstverständlich braucht Ideenfitness Training!

Der Satz «Ideen hat man, oder hat man nicht» lenkt ab. Er wirkt wie eine faule Ausrede. Denn jeder Mensch kann kreativ sein. Aber Ideen werden genauso wenig aus dem Ärmel geschüttelt wie weltmeisterliche Tore. Wie viel Training brauchte Mario Götze, um das Tor zur Weltmeisterschaft 2014 zu schiessen? Ideenfitte Menschen haben selbstverständlich trainiert, dabei auch viel Müll und Fehlschüsse produziert. Ideenfitness beginnt mit vielen Fragen. Stellen Sie alles infrage, denn alles geht anders. Wenn Sie täglich 44 Fragen stellen, haben Sie 16'060 kreative Anstösse pro Jahr. Und nach 62 Jahren hätten Sie eine Million Fragen gestellt. Eine Million Anstösse für Ihre Kreativität und neue Ideen.

HR Today Academy mit Martin Gaedt

Am 7. Juli 2016 hält Martin Gaedt ein Seminar zum Thema Ideenfitness. Gaedt ist sich sicher: Es braucht einfaches, alltägliches Training, dann wird jeder Mensch ideenfit. Daran arbeiten Sie an diesem inspirierenden Workshop. Infos und Anmeldung: academy.hrtoday.ch

Ideen kommen nie aus dem Nichts. Auch wenn Geistesblitze uns oft überraschen, gehen ihnen immer Erlebnisse, Freuden, Lachen, Ärger, Frust, Trauer, Verlust, Gewinn, Einblicke und Einsichten voraus. Ideenfit wird man durch neue Antworten, Überraschungen, Machen, Erfahrung und Übung, Übung, Übung. Kreativ sein bedeutet, bisher Unpassendes zu etwas Neuem zu kombinieren. Salz im Streuer war irgendwann neu. Vorher gab es ein Salzfass oder eine reich geschmückte Schale in Form eines Schiffes auf dem Tisch. 1893 erhielt Henry Thacker ein Patent für seine neue Idee zur Streufähigkeit und Portionierbarkeit. Auch Eis am Stiel war einmal neu. Ein Junge liess 1905 in Kalifornien sein Brausewasser mit einem Rührstab draussen stehen, der Nachtfrost kam und schuf Eis am Stiel, das alle überraschte. 1923 wurde ein damals neuer Rahmeislutscher sogar patentiert.

Alles war irgendwann mal neu. Kreativität fügt vorhandene Elemente neu zusammen. Natürlich sind Eis am Stiel und Salzstreuer für uns heute normal. Auch Ihre Idee kann normal und zum Alltag werden. Das Verknüpfen von Elementen zu neuen Kombinationen ist ein schöpferischer Akt. Zuerst wird die neue Schöpfung überraschen. Das muss sie. Niemand hat die Idee zuvor gesehen. Ideen sind bisher Unbekannte. Ideen werden daher zuerst abgelehnt, sie sind so überraschend, dass der Nutzen nicht erkannt wird. Ideen können bedrohlich wirken. Denn alles geht anders! Nichts bleibt, wie es ist.

Vorreiter oder Nachzügler?

Schlagzeilen der letzten Tage: «Bis 2020 wird jedes dritte Auto im Internet gekauft.» Was machen dann die Autohäuser? «China wird den Verbrennungsmotor verbieten.» In Deutschland hängen 750'000 Arbeitsplätze am Verbrennungsmotor. Was dann? In Australien wurde ein Einfamilienhaus vom Roboter Hadrian in 48 Stunden gebaut. In Dubai wurde das erste Gebäude eröffnet, das ein 3D-Drucker ausgedruckt hat. In den Niederlanden führt eine 3D-gedruckte Fussgängerbrücke über einen Kanal. Seidenfasern von Spinnen sind drei bis fünfmal so zäh wie die stabilsten Kunstfasern und einzigartig in Stabilität und Dehnbarkeit. Schutzwesten und Gewebe für medizinische Implantate werden so hergestellt. «Lässt sich die Krankheit Krebs erkennen, bevor er wächst?» Gigantisch. Die Frage wühlt auf!

Weltweit wird über Grundeinkommen für alle Menschen diskutiert. Gerechter und wirksamer als viele Behörden? Die ZEIT berichtet online am 26. Mai 2016 über die Investmentfirma DAO, die nur als Code existiert und 140 Millionen US-Dollar eingesammelt hat. Programmiert in Leipzig. Die sogenannte Blockchain wird ein völlig neues Internet schaffen, sie wird Handel, Banken, Versicherungen, alle Sharing-Modelle tiefgreifend verändern.

Sind Sie Vorreiter oder Nachzügler? Gestalten Sie den Wandel aktiv? Alles, was Sie brauchen: Zutaten zum Kombinieren, Fragen, die Sie überraschen, Ziele, die herausfordern, Mut im Risiko, Begeisterung und Entdeckerfreude. Ohne Risiko gibt es keine Entwicklung. Risiko bleibt Risiko. Aber was ist sicherer: Stehen bleiben oder in Bewegung setzen? Ideenmeisterinnen und Ideenmeister können gekonnt spinnen und mit Ideen die Welt verändern. Vergessen Sie «Geht nicht». Das ist nicht mal der Rede wert, denn alles, was alle selbstverständlich nutzen, war mal eine Idee. Mit alltäglichem Training kann jeder Mensch ideenfit werden. Ideen werden provoziert, angestossen, Antennen ausgefahren, Chancen erkannt, dem Zufall auf die Sprünge geholfen, Anregungen werden aufgesogen wie ein Schwamm, Ideen wie Sand am Meer gemixt, ausprobiert, getestet, erlebt, geändert, gehobelt, geschliffen und gefeilt. Bis der Ideen-Diamant zum Vorschein kommt.

Vorratskammer füllen

Die Basis legen die Zutaten: Sind Ihre Vorratskammer gefüllt? Wie beim Kochen und Backen. Was nicht vorhanden ist, kann nicht neu kombiniert werden. Jede neue Idee ist einmalig und subversiv verknüpft. Dabei hilft ein Roter Faden zur strategischen Ideen-Entwicklung in sechs Schritten: «Ideen6». Methoden können helfen, Unpassendes zu mixen und Unmögliches zu denken. Methoden sind wie Trainingsgeräte zur Ideenfitness. Eine wertvolle Hilfe wie Krücken nach einem Unfall. Das Ziel bleibt, sie wieder loszuwerden. Dazu machen Sie Reha. Drei Wochen lang Training von 8 bis 12 und 14 bis 18 Uhr.

Machen Sie dasselbe mit Kreativitätstechniken. Wenden Sie acht Stunden lang die «Walt-Disney-Methode» und «Madnet» an, stellen Sie 440 Fragen pro Tag, und ich garantiere Ihnen, dass Sie hinterher ideenfitter sind. Alle Methoden schaffen Einflugschneisen für Ideen und bauen Brücken zu fremden Kulturen und Ansichten. Die meisten Ideen sind Sprungbretter zur nächsten Idee. Oft ist erst die 53. oder 335. Idee ein Diamant. Es gibt keine guten oder schlechten Ideen. Es gibt Wirkung bei potenziellen Nutzern, und die lässt sich testen. Bei allem Stress, lachen Sie. Denn Ideen-Gewinnung darf keine bierernste Geschichte sein, sonst hat das Glück keine Lust, mitzuspielen.

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Martin Gaedt ist Unternehmer und Ideenentwickler. Wie man Ideen rockt und die richtigen Fragen stellt, beschreibt er in seinem neuen Buch «Rock your idea. Mit Ideen die Welt verändern». Für grosse Resonanz in der HR-Welt sorgte auch sein Buch «Mythos Fachkräftemangel».

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