Heft 7&8/2015: Im Gespräch

Viele viele bunte Arbeitswelten

Die jüngst gegründete «Work Smart Initiative» will Schweizer Unternehmen dabei unterstützen, flexible Arbeitsformen einzuführen und zu fördern. Sieben Firmen haben anfangs Juni die Charta der Initiative in Bern unterzeichnet und gestützt auf eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz einen Leitfaden entwickelt. HR Today hat vier partizipierende CEOs in Video-Interviews nach der Rolle des HR befragt.

Die Schweizer Arbeitswelt ist im Wandel: Der Job muss nicht mehr zwingend im Büro und zu fixen Zeiten erledigt werden. Mitarbeitende können zu Hause oder unterwegs auf ihre Unterlagen zugreifen oder sich in Meetings und Videokonferenzen einwählen. Es entsteht die Chance, Prozesse zu flexibilisieren und sie besser auf die Lebenswirklichkeit der Mitarbeitenden und Kunden abzustimmen, so wenigstens die Theorie. Oft fehlt Firmen jedoch das Know-how, flexible Arbeitsformen erfolgreich einzuführen.

Hier will die aus dem «Home Office Day» entstandene «Work Smart Initiative» ansetzen. Die Initianten Microsoft Schweiz, Die Mobiliar, Die Schweizerische Post, SBB, Swisscom und Witzig The Office Company sowie die SRG SSR wollen mit der Initiative einerseits flexibles Arbeiten in den eigenen Unternehmen fördern, andererseits aber auch andere Schweizer Unternehmen dazu animieren und diese bei der Einführung mobiler und flexibler Arbeitsformen begleiten und unterstützen. Mit der Unterzeichnung einer Charta haben sie sich zu drei Hauptzielen verpflichtet: «Motivierende Rahmenbedingungen für die Mitarbeitenden schaffen, den Arbeitsmarkt zur Rekrutierung von Fachkräften besser erschliessen sowie Energie, Gebäude und Verkehrsinfrastrukturen smarter nutzen und diese gleichmässiger im Tagesverlauf auslasten.»

Die Hochschule für Angewandte Psychologie der Fachhochschule Nordwestschweiz hat im Auftrag der Initiative untersucht, wo Schweizer Unternehmen heute in Bezug auf flexible Arbeitsformen stehen und welche Faktoren die Entwicklung fördern oder hemmen. Die Studie zeigt, dass es für eine funktionierende Zusammenarbeit klare Rahmenbedingungen braucht. Je flexibler die Arbeitsbedingungen sind, desto wichtiger werde es, die Auslastung der Mitarbeitenden nicht aus dem Blick zu verlieren.

Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG

«Ich glaube, dass in vielen Unternehmen HR unterschätzt 
wird und nicht den Stellenwert hat, den es braucht. Wenn HR funktioniert, dann merkt man fast nichts davon. Wenn HR nicht funktioniert, dann geht plötzlich vieles schief. Ein HR, das proaktiv handelt, proaktiv denkt, das einbezogen wird in sämtliche wichtigen Entscheidungen – denn diese betreffen immer wieder auch Menschen – das macht ein Unternehmen stark. Ganz konkret auch beim Thema der Flexibilisierung der Arbeitswelt. Bei der Umsetzung dieses konkreten Projekts hat HR bei der SRG eine Führungsrolle. Wir sind ein sehr dezentrales Unternehmen, da gibt es nicht einfach Top-Down-Befehle, sondern es geht 
wie so oft im HR um Überzeugungsarbeit, Überzeugungsarbeit und nochmals Überzeugungsarbeit. Es geht darum, ein Klima zu schaffen und Rahmenbedingungen zu setzen, damit sich die Eigeninitiativen in die gewünschte Richtung entfalten können. Das macht unser HR unter der Führung von Piero Cereghetti wirklich gut.»

Roger de Weck, 
Generaldirektor, SRG

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Schweizerische Bundesbahnen SBB

«Ich habe selber kein eigenes Büro, weil ich durch die Agenda 
bedingt sehr viel unterwegs bin. Ich habe auch alle Arbeitswerkzeuge zur Verfügung, damit ich wirklich sehr flexibel arbeiten kann. Das habe ich alles hier in meiner Handtasche. Die ist relativ gross, weil sie eigentlich die Grösse meines Büros bestimmt. 
Bei der SBB sind wir sehr daran interessiert, dass wir mit dieser Initiative daran arbeiten können, dass Unternehmen Meetings nicht stur immer auf Zeiten ansetzen, welche die Pendler-Stosszeiten noch verstärken. Generell ist für mich das HR in dem Sinne sehr wichtig, als dass es den ganzen Personalprozess – also nicht nur ‹Attract›, sondern auch ‹Recruit› und ‹Retain› – professionell gestaltet. Wo HR bei dieser Initiative konkret mithelfen kann, 
das ist beim Personal-Marketing. Wir müssen attraktiv sein als Arbeitgeberin. Deshalb ist es wichtig, dass flexibles Arbeiten beim ganzen Hiring-Prozess eine Rolle spielt und dass man selber auch mit gutem Beispiel vorangeht.»

Jeannine Pilloud, 
Leiterin Personenverkehr, SBB

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Microsoft Schweiz

«Für mich ist HR eine der wichtigsten Disziplinen. Beispielsweise beim Thema flexible Arbeitsformen. Ich habe immer sehr starke Personalverantwortliche an meiner Seite gehabt. Gerade in meiner Zeit in Österreich mit meiner damaligen HR-Chefin Jenny Dinich-Seitner. In dieser Zeit haben wir Unglaubliches bewegen können. Das war für mich ein klassisches Team, keine Arbeitsgruppe. Ich habe von der Expertise der Personalverantwortlichen profitiert und umgekehrt habe ich vielleicht zurückgeben können, den strategischen Blick auf das Ganze auszuweiten. Wenn Sie es in der Geschäftsleitung schaffen, solche Teams zu mobilisieren und auch emotional anzureichern, dann schaffen Sie solche Projekte mit grossem Erfolg. 
Die sind dann auch nachhaltig für die Produktivität der Mitarbeitenden. Wir haben bei Microsoft Schweiz das flexible Arbeiten bereits vor Jahren eingeführt. Wir haben klare Zielvorgaben und wir messen die Mitarbeitenden nicht an Anwesenheitspflicht, sondern an der Erfüllung der Zielvorgaben. Das ist die Voraussetzung, um dieses flexible Arbeitsmodell erfolgreich umsetzen zu können.»

Petra Jenner, CEO, 
Microsoft Schweiz

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Witzig The Office Company

«Bei uns haben noch 50 Prozent der Leute einen persönlichen 
Arbeitsplatz. Und ich bin noch einer der wenigen, der ein Einzelbüro hat. Das dürfte allerdings ein Auslaufmodell sein. Dabei sehe ich bei der Flexibilisierung der Arbeitswelt auch Gefahren. Wir geben den Leuten mehr Freiheit. Aber damit muss man auch umgehen können. Wir hatten auch schon Burnout-Fälle. Deshalb respektiere ich es auch, wenn Kadermitarbeiter am Wochenende keine Mails checken. Das flexible Arbeiten wird sich durchsetzen und die Bürolandschaft fundamental revolutionieren. Auch, aber nicht nur, aus Kostengründen. HR übernimmt dabei eine wichtige Rolle. Ich habe soeben mit Nathalie Bourquenoud, der HR-Chefin bei der Mobiliar, gesprochen, wo das HR bei einem Pilotprojekt einer Büroneugestaltung bewusst federführend ist und nicht wie sonst üblich das Facility Management. Ich erkenne darin einen Trend, den ich sehr begrüsse. Zumal es bei solchen Projekten auch immer mehr um Fragen der Führung und der Eigenverantwortung geht. Letztlich auch darum, die innere Beweglichkeit der Menschen zu aktivieren. Deshalb begrüsse ich es, dass HR bei dieser Kulturveränderung eine immer grössere Rolle spielt.»

Martin Witzig, CEO, 
Witzig The Office Company

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Ehemaliger Chefredaktor HR Today.

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