24.11.2015

Pharmalobby sorgt sich um Zugang zum internationalen Arbeitsmarkt

Die Pharmaindustrie als wichtigste Exportbranche der Schweiz zeigt sich robust gegenüber der schwachen Konjunktur. Ein grösseres Risiko stellt die Unsicherheit über die künftige Einwanderungspolitik der Schweiz dar.

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Bern (sda). Das ist eine der Schlussfolgerungen aus der Studie «Bedeutung der Pharmaindustrie für die Schweiz». Die Analyse wurde von den Forschungsinstituten Bakbasel und Polynomics im Auftrag von Interpharma, dem Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz, erstellt.

Wie Stephan Vaterlaus, Geschäftsführer von Polynomics, am Dienstag vor den Medien in Bern aufzeigte, liegt der Anteil ausländischer Mitarbeitenden in der hiesigen Pharmaindustrie klar über demjenigen in der Gesamtwirtschaft.

Bei Roche, Novartis und Actelion stammten im Jahr 2010 60 Prozent der Mitarbeitenden aus dem Ausland. Bis ins Jahr 2014 stieg ihr Anteil auf 65 Prozent. In der Gesamtwirtschaft beträgt der Anteil ausländischer Arbeitskräfte dagegen lediglich 22 Prozent.

Insgesamt arbeiten heute mehr als 40'000 Personen in der Schweizer Pharmaindustrie, rund doppelt so viele wie vor 20 Jahren. Durch die Verflechtung mit anderen Branchen kommen noch einmal fast 140'000 Arbeitsplätze hinzu, die indirekt von der Pharmaindustrie abhängen.

Steigender Bedarf an Spezialisten

Dabei nimmt der Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften stetig zu. Während Mitarbeiter mit Hochschulabschluss im Jahr 2000 erst knapp einen Drittel aller Beschäftigten ausmachten, stieg ihr Anteil bis 2011 auf 48 Prozent. Auch in dieser Statistik liegt die Zahl für die Pharmabranche klar über derjenigen der Gesamtwirtschaft.

Die Unsicherheit über die künftige Verfügbarkeit von internationalen Spezialisten nannte Vaterlaus denn auch als eines der strukturellen Risiken für die Pharmaindustrie. Dass damit die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative gemeint ist, liegt auf der Hand, auch wenn Vaterlaus sie nicht explizit erwähnte. Weitere Risiken sind laut der Studie die steigenden Entwicklungskosten sowie die zunehmende Regulierung im Zuge der steigenden Gesundheitskosten.

Konjunkturelle Risiken spielen dagegen mittelfristig eine untergeordnete Rolle. Im Zuge der Frankenaufwertung seit 2011 kam es zwar, wie in anderen Exportbranchen auch, zu einem Druck auf die Margen, der sich kurzfristig in gesunkenen Gewinnen niederschlug.

Hohe Produktivität und Wertschöpfung

Doch die Pharmaindustrie hat im Branchenvergleich einen erheblichen Produktivitätsvorsprung. Mit einer Wertschöpfung von 332 Franken pro eingesetzter Arbeitsstunde war die Produktivität 2014 rund viermal höher als in der Gesamtwirtschaft und rund doppelt so hoch wie im Finanzsektor. Als Gründe für die hohe Arbeitsproduktivität nennt die Studie die gute Kapitalausstattung sowie die hohe Innovationskraft und Produktionseffizienz.

Wie die Autoren weiter aufzeigen, ist die Wertschöpfung der Pharmafirmen zudem viel höher als bisher angenommen. Durch die Umstellung der öffentlichen Statistik auf das Europäische System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG 2010) werden Ausgaben für Forschung und Entwicklung neu in der Berechnung der Bruttowertschöpfung integriert.

Die Forschung spielt bei den hiesigen Pharmafirmen bekanntlich eine gewichtige Rolle. Als Folge davon wurde der Wert für die Bruttowertschöpfung, die sich aus dem Produktionswert abzüglich des Werts der Vorleistungen ergibt, um rund einen Drittel nach oben korrigiert, auf 25 Milliarden Franken im Jahr 2014. Unter Einbezug der Pharmazulieferer betrugt der direkte und indirekte Beitrag der Pharmaindustrie knapp 45 Milliarden Franken. Dies entspricht rund 7 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

Starker Dollar hilft

Wie stark der Pharmastandort Schweiz unter die Frankenaufwertung leidet, ist aus der Studie nicht ersichtlich, da lediglich Daten bis und mit 2014 erfasst wurden. Klar ist aber, dass der negative Währungseffekt weniger bedeutend ist als bei anderen Exportbranchen.

Zwar ist auch für die Pharmabranche der Euroraum der wichtigste Exportmarkt. Mit einem Anteil von rund 50 Prozent – Tendenz sinkend – ist die Bedeutung aber geringer als beispielsweise für die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, wo 60 Prozent aller Güter in den Euroraum exportiert werden.

Gleichzeitig hat in den vergangenen 10 Jahre die Wichtigkeit des Dollarraums für die Pharmaindustrie klar zugenommen. Die aktuelle Dollarstärke macht die Euroschwäche deshalb bis zu einem gewissen Grad wett.

Während der Euro nach wie vor gut 10 Prozent unter dem Wert vor Aufhebung des Euro-Mindestkurses liegt, hat der Dollar in den vergangenen Monaten stark aufgewertet und liegt mittlerweile wieder über Parität zum Franken.