26.01.2016

Tessiner Initiative will einheimische Arbeiter schützen

«Zuerst die Unseren», so heisst eine kantonale Initiative im Tessin, mit dessen Hilfe Einheimische bei der Stellenvergabe bevorzugt werden sollen – gleiche Qualifikationen mit dem ausländischen Stellensuchenden vorausgesetzt. Am Montag entschied der Tessiner Grossen Rat über die Gesetzesmässigkeit der SVP-Initiative.

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Bellinzona (sda). Mit grosser Mehrheit entschied der Grosse Rat am Montagabend, dass die Initiative «Primi i nostri» (Zuerst die Unseren) rechtmässig sei. Er wird nun zu einem späteren Zeitpunkt über die Annahme der Initiative debattieren – anschliessend hat das Tessiner Stimmvolk das letzte Wort.

Für die Initiative waren im April 2014 mehr als die nötigen 10'000 Stimmen gesammelt worden. Sie ging auf den damaligen Tessiner SVP-Präsidenten und aktuellen Grossrat Gabriele Pinoja zurück. «Wir wollten auf die besondere Arbeitsmarktsituation im Tessin hinweisen», sagte dieser am Montag auf Anfrage.

Mit Tessiner Wohnsitz im Vorteil

Die Initiative sieht laut dem Bericht der Mehrheitskommission vor, dass bei gleicher Qualifikation eine einheimische Person bei der Stellenvergabe gegenüber einer Person ohne Wohnsitz in der Schweiz bevorzugt werden muss. So solle verhindert werden, dass die einheimische Arbeitsbevölkerung systematisch durch Ausländer ersetzt werde. Zudem solle das Lohndumping unterbunden werden, damit auf dem Tessiner Arbeitsmarkt wieder eine «gesunde Konkurrenz» zwischen Tessinern und Ausländern herrsche.

«Wir sind uns bewusst, dass diese Initiative möglicherweise in Konflikt mit den bilateralen Verträgen stehen könnte», sagte Gabriele Pinoja am Montag auf Anfrage. Selbst wenn das Tessiner Stimmvolk die Initiative annehmen sollte, werden National- und Ständerat das letzte Wort haben, um über die Gesetzesmässigkeit zu befinden, sagte SP-Grossrat Jacques Ducry während der Parlamentsdebatte. Es sei ein wenig absurd, dass nur über die Gesetzesmässigkeit der Initiative nicht aber über sie selbst entschieden werde.

Rechtliche Hürden in Sicht

Im Vorfeld sei der Rechtsprofessor an der Universität Zürich Giovanni Biaggini für die Initiative konsultiert worden, sagte die Referentin der Mehrheitskommission Sabrina Aldi (Lega). Er habe entschieden, dass die Initiative rechtmässig sei.

Zugleich habe er allerdings «schwerwiegende Bedenken» bei der «praktischen Anwendung» angemeldet. Die Initiative «Zuerst die Unseren» laufe deshalb Gefahr, «falsche Erwartungen» zu erzeugen, sagte FDP-Staatsrat Christian Vitta.