Mitarbeiterumfragen

«And the winner is …»: Wenn Umfragen zum Marketing-Tool werden

Der beliebteste Arbeitgeber, der beste Arbeitgeber, der Top-Arbeitgeber – die Spitzenplätze in den grossen Arbeitgeber-Rankings sind begehrt, als Marketinginstrument, Imagepflege oder Benchmark. Dabei geht es vor allem darum, die besten Mitarbeiter ins Haus zu locken und diese möglichst lange ans Unternehmen zu binden.

Schneller, höher, weiter. Der Wettkampf liegt den Menschen anscheinend im Blut und die eigene Stärke gilt erst dann wirklich etwas, wenn sie noch besser ist, als die Stärken der anderen. Wie im Sport, so auch in der Wirtschaft. Ranglisten scheinen die Menschen zu beeindrucken und glücklich sind die Unternehmen, die sich in einem der zahlreichen Rankings wiederfinden. Das poliert das Firmenimage und stärkt die eigene Position im Buhlen um die Talente von morgen.

Aussagekraft des Rankings hängt vom Fokus ab

Ein hoher Lohn, eine sichere Anstellung, die gute Teamarbeit mit den Kollegen, der eigene Parkplatz auf dem Firmengelände, das flexible Arbeitszeitmodell, ein aktives Gesundheitsmanagement oder Freiräume für die persönliche Work-Life Balance. Die Attraktivität eines Unternehmens hat viele Gesichter und ist wertvolles Kapital, um hochquali
fizierte Mitarbeiter an Bord zu holen und langfristig zu halten. Kein Wunder, sind die vordersten Plätze im Arbeitgeber-Ranking begehrt. Allgemeines Credo der Initiatoren: Die Rankings sollen potenziellen Mitarbeitern, ob Absolventen oder Berufserfahrenen, einen Überblick über den Arbeitgebermarkt verschaffen, dabei die eigene Unternehmensmarke stärken und etablieren.

Wie aussagekräftig ein Ranking ist, hängt auch vom jeweiligen Fokus ab. Das amerikanische Unternehmen Great Place to Work Institut, das weltweit in 33 Ländern vertreten ist, ermittelt in diesem Jahr erstmals in der Schweiz die besten Arbeitsplätze, die «Best workplaces in Switzerland». Teilnehmen können schweizerische oder ausländische Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten in der Schweiz. In der ersten Studie wurden aus 20 Finalisten die zehn besten Arbeitsplätze ermittelt. «Wichtiger als das Ranking selbst ist den Teilnehmern das Benchmarking», erklärt der Geschäftsführer der Schweizer Niederlassung, Antonino Borgese.

Das Ranking basiert auf einer Mitarbeiterbefragung in den Firmen und ist sehr stark auf die Mitarbeiterzufriedenheit ausgerichtet. Die Qualität eines Arbeitsplatzes, so Borgese, werde vor allem durch Beziehungen 
bestimmt: Der Beziehung zwischen Mitarbeitern und Management, der Beziehung zwischen Mitarbeitern und ihrer Arbeitstätigkeit sowie dem Unternehmen und der Beziehung zwischen Mitarbeitern untereinander. Die Befragungen thematisierten daher Dimensionen wie Vertrauen, Stolz oder Teamgeist.

Das Ergebnis gäbe somit auch Aufschluss über die Führung eines Unternehmens, welche einen grossen Einfluss habe auf den wirtschaftlichen Erfolg, so Borgese. Die Antworten der Mitarbeiter machen im Ranking den Grossteil der Bewertung aus. Darüber hinaus wird direkt das Management zur Unternehmenskultur befragt. Der Preis hängt von der Unternehmensgrösse ab. Für 7000 bis 9000 Franken erhalten die Unternehmen neben der Mitarbeitererhebung einen detaillierten Benchmarkreport. Je nach Bedarf können sie Zusatzleistungen des Instituts in Anspruch nehmen. Die Bestplazierten erhalten das Label «Great place to work». Die Studie wird ab jetzt jährlich von Juni bis Februar durchgeführt. «Aufgrund unserer Ergebnisse können die Unternehmen ihr Employer Branding gezielt verbessern und ihre Position im Wettbewerb um die besten Talente stärken», meint Borgese.

Analyse und Benchmark im Vordergrund, Sieg eher nebensächlich

Ein ebenfalls noch junges Ranking ist jenes der «Top-Arbeitgeber in der Schweiz» von der CRF Research & Media Switzerland GmbH. Für das eher HR-bezogene Ranking unterziehen die teilnehmenden Unternehmen ihre Personalarbeit einer eingehenden Prüfung. Das HR Management beantwortet einen Online-Fragebogen, der in sechs Einzelkategorien gegliedert ist, darunter «Vergütung», «Image», aber auch «Entwicklungsmöglichkeiten» und «Jobsicherheit». «Wir möchten, dass künftige Bewerber wissen, was sie konkret bei den Unternehmen erwartet», erläutert Projektleiter Sie-Hun Yoon von CRF. «Wir führen bewusst keine Mitarbeiterbefragung durch, da das Ergebnis sehr abhängig ist von der Stimmungslage der einzelnen Mitarbeiter. Das ist nicht das Bild, das wir von den Unternehmen wiedergeben wollen.»

Die teilnehmenden Unternehmen zahlen für die Studie zwischen 11500 und 13500 Franken, je nachdem, ob sie sich für ein Jahr oder gleich für drei Jahre anmelden. Die Firmen erhalten nach Abschluss der Studie einen detaillierten Benchmarkreport. Daher seien die Personalchefs sehr bestrebt, den Fragebogen wahrheitsgemäss auszufüllen, so Yoon. Das Ergebnis helfe, das eigene Employer Branding einzuschätzen und auszubauen. Firmen, die die Mindestanforderungen von CRF erfüllen, qualifizieren sich für eine Veröffentlichung und für das Führen des Gütesiegels. «Das Ranking ist eher zweitrangig», erklärt Yoon. Aus jeder Einzelkategorie werden nur die ersten drei Plätze veröffentlicht. «Uns geht es um die aussagekräftigen Firmenporträts.» Diese würden von Wirtschaftsjournalisten erstellt, die anhand der Auswertung die Situation in den Unternehmen kritisch unter die Lupe nehmen. Das Ranking und die Porträts werden in einem Buch und ab 2010 auch online veröffentlicht. Die Studie wird in Kooperation mit dem Beratungsunternehmen Dr. Schmidt & Partner jeweils von April bis Dezember durchgeführt.

Die Cash-Gruppe vergibt seit 2002 in Kooperation mit dem Befragungsunternehmen GFK Trustmark den Schweizer Arbeitgeber-Award, mit dem der beste Schweizer Arbeitgeber gekürt wird. Die Grundlage bilden Mitarbeiterbefragungen in rund 100 Schweizer Unternehmen. Der Arbeitgeber-Award richtet sich an kleine und mittlere Unternehmen ab 100 Mitarbeitern. Die Mitarbeiterumfrage auf Stichprobenbasis kostet das Unternehmen 800 Franken. Mit dem Ergebnisbericht erhalten sie einen Vergleich zu den anderen teilnehmenden Unternehmen.

«Die Erhebung enthält alle aktuell wichtigen Inhalte einer Mitarbeiterumfrage», sagt Wolfgang Schweiger, Geschäftsführer von GFK Trustmark. Mit dem Arbeitgeber-Award will Cash den Schweizer Unternehmen die Möglichkeit geben, wichtige Erkenntnisse über das Engagement ihrer Mitarbeitenden und den aktuellen Zustand der organisatorischen Rahmenbedingungen zu gewinnen. «Das ist auch der Grund, warum die Unternehmen teilnehmen», so Schweiger. Sich anschliessend vielleicht mit dem Arbeitgeber-Award schmücken zu können, sei da eher ein angenehmer Nebeneffekt. Die besten 25 der Auswertung können das Label «Cash Arbeitgeber-Award/Top 25» führen und erhalten Unterstützung für die unternehmensinterne Berichterstattung. Die Befragung wird jeweils zwischen Mai und Juli durchgeführt. Auf Wunsch kann sie auch unternehmensspezifisch ausgerichtet werden.

Sicherheit und Zuverlässigkeit bei Absolventen hoch im Kurs

Trendence und Universum richten sich mit ihren Umfragen an potenzielle Mitarbeiter und spiegeln nicht den tatsächlichen Arbeitsalltag. Diese Rankings haben eine hohe Aussagekraft bezüglich des Firmenimages. Das schwedische Beratungsunternehmen Universum Communications führt jährlich die weltweite Studentenbefragung «My Future Career» durch. Für das Ranking der bei Studenten beliebtesten Arbeitgeber können sich die Firmen nicht bewerben. Rund 6500 Studenten nehmen an der Onlinebefragung teil und wählen aus einer Liste der bekanntesten und grössten Unternehmen ihre Top-Favoriten für ihre persönliche Karriere.

Die Unternehmen, die sich im Ranking wiederfinden, können über Universum weitere Auskünfte, eine detaillierte Auswertung oder gezielte Consultingleistungen beziehen. «Für das Ranking selbst zahlen die Unternehmen aber nichts», betont Tanja Schulz von Universum. Die Studenten werden unter anderem gefragt, bei welchen Unternehmen sie später gerne arbeiten möchten und warum. Je besser die Unternehmen die Erwartungen der Studenten erfüllen, desto höher stehen sie bei ihnen im Kurs und desto grösser die Chance, dass sich die künftigen Absolventen bei ihnen bewerben. «Wir können erkennen», so Schulz, «dass die Studenten vermehrt auf Kriterien wie Work-Life Balance und Corporate Social Responsibility achten.»

Der Student Survey findet jährlich von Oktober bis März statt. Neben den Studenten werden jährlich auch die Professionals von Universum befragt. Ein Vergleich beider Studien gibt Auskunft darüber, inwiefern sich die Erwartungen der Studenten hinsichtlich ihres Traumarbeitgebers auch wirklich erfüllt haben. Bevor die Rohdaten ausgewertet werden, werden sie im Rahmen einer aufwändigen Qualitätskontrolle auf ihre Validität und Aussagekraft geprüft. «Teilnehmer, die den Fragebogen mehrfach ausgefüllt haben, werden in der Auswertung nicht berücksichtigt», so Axel Keulertz, Reseach Director Europe. Viele Unternehmen nähmen die Universum-Studien zum Anlass, ihr Employer Branding auch intern einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Das Schweizer Absolventenbarometer wird seit 2007 vom Institut für Employer Branding, Trendence, publiziert. Über 5000 Studierende an schweizerischen Universitäten und Fachhochschulen werden jährlich unter anderem nach ihren Wunscharbeitgebern befragt. Die Liste der in der Untersuchung berücksichtigten Unternehmen wird von den teilnehmenden Studierenden erstellt und erneuert. Die Kosten der unabhängigen Studie trägt Trendence. Die Unternehmen erhalten auf Wunsch spezifische Einzelauswertungen der Umfrageergebnisse sowie weiterführende Beratungsdienstleistungen. Die aktuelle Studie wurde von Oktober 2008 bis Januar 2009 durchgeführt.

Das Absolventenbarometer beschäftigt sich mit der empfundenen Arbeitgeberattraktivität, die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, was Absolventen erwarten und über ihre berufliche Zukunft denken. Den Unternehmen geben die Ergebnisse Hinweise in Bezug auf Präferenzen und Handlungsmotivationen der künftigen Arbeitnehmer. »Wir beobachten, dass derzeit Unternehmen gefragt sind, die Sicherheit und Zuverlässigkeit ausstrahlen. Vertrauen ist gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Faktor der Arbeitgeberattraktivität», erklärt Holger Koch, Geschäftsführer des Trendence Instituts. Die Studienergebnisse seien mehr ein Messinstrument für Employer Brander, als ein Marketing Instrument. Unternehmen mit einem hohen Rangplatz haben in der Regel eine gute Ausgangsposition für das nächste Jahr, jedoch: «Wie wir in anderen europäischen Ländern beobachten, ist ein guter Rang auf keinen Fall eine Vertrauensgarantie», so Koch. «Im Gegenteil: Gerade im Bankensektor sehen wir einen starken Vertrauensverlust.»

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