Outplacement

Ein träger Markt wird 
zum Wandel gezwungen

Outplacement-Programme haben sich lange Zeit nur auf die Beratung und das Coaching des Kandidaten beschränkt. Damit kommt man heute bei den meisten Kunden nicht mehr durch. Sie verlangen zunehmend nach jüngeren Beratern mit modernen Ansätzen.

Im Schweizer Outplacement-Markt war bisher nicht viel Bewegung zu spüren. Das dürfte sich in Zukunft ändern. Eine Standortbestimmung: 

1. Angebot in der Schweiz

In der Schweiz gibt es grundsätzlich drei Gruppen von Anbietern. Zuerst sind da einmal die beiden internationalen Anbieter, Lee Hecht Harrison und Right Management. Beide können auf eine umfassende Konzernstruktur, globale Ressourcen und ein globales Netzwerk zurückgreifen. Während Right Management – seit 2013 wieder stark in der Manpower-Gruppe eingebunden – in der Schweiz eher klein und in der Romandie nur schwach vertreten ist, nimmt Lee Hecht Harrison (LHH) mit jährlich weit über 2000 betroffenen Outplacement-Kandidaten in der ganzen Schweiz und allen Sprachregionen die klare Marktführerschaft ein. Lee Hecht Harrison hat 2011 das international tätige Outplacement-Unternehmen DBM übernommen und integriert.

Dazu gibt es zahlreiche kleinere lokale Anbieter. Die zwei stärksten lokalen Anbieter sind Grass & Partner in der Deutschschweiz und Von Rohr & Associates in der Romandie. Diese beiden Unternehmen sind stark von ihren Gründern und Eigentümern Riet Grass und Eva von Rohr geprägt. Weitere wichtige lokale Anbieter sind Dr. Nadig & Partner in Zürich, Mangold in Basel, PDP in der Romandie, Oasys in Lausanne/Genf, Covariation in Bern und OTP. Sie alle sind klein und stark auf die jeweiligen lokalen Märkte konzentriert. Einzelne von ihnen haben sich auf ganz spezielle Zielgruppen spezialisiert, so ist Dr. Nadig & Partner bekannt für die starke Affinität zur Altersgruppe 50+.
Daneben gibt es noch eine dritte Gruppe von Anbietern, die nur schwer zu umreissen ist. Es ist dies die grosse Menge Headhunter, welche je nach Konjunktur und eigener Umsatzlage ihre Such-Dienstleistungen einfach als Outplacement verkaufen. Jeder HR-Profi versteht sofort, dass solche Praktiken bedenklich sind und nicht der konzentrierten und qualitativen Beratungs- und Entwicklungsarbeit eines spezialisierten Outplacement-Anbieters gleichgesetzt werden können.

In der Schweiz gibt es ausserdem einen Branchenverband (ACF), welcher die Interessen der Outplacement-Anbieter vertritt. ACF gilt heute als Gütesiegel und hat sich zum primären Ziel gesetzt, die Qualitätsstandards im Outplacement hochzuhalten. Deshalb ist die Mitgliedschaft auch an klare Qualitätsanforderungen geknüpft. Dank ACF gibt es in diesem Markt eine relativ grosse Transparenz und die jährlich publizierten Statistiken sind repräsentativ und geniessen eine hohe Glaubwürdigkeit. (www.acfswitzerland.ch

2. Eigenarten dieses Marktes

Der Outplacement-Markt ist ein wachsender Markt. Die ACF-Statistiken belegen klar, dass diese Dienstleistung immer wichtiger wird und nicht nur konjunkturellen Zyklen, sondern auch einem nachhaltigen strukturellen Wachstum unterliegt. Durch die Zunahme von Beschleunigung und Veränderungsdynamik in der Wirtschaft werden Entlassungen oder Arbeitgeberwechsel immer mehr zur Normalität. Die Unternehmen verstehen auch, dass es ihrem internen und externen Ruf gut tut, wenn sie gekündigte Mitarbeiter bei der Stellensuche unterstützen. Die Stellung als attraktiver Arbeitgeber kann dadurch nachhaltig gestärkt werden.

Das strukturelle Marktwachstum über Jahrzehnte hat dazu geführt, dass es ein Leichtes ist, in diesem Markt als Anbieter zu überleben. Dies wirkt sich negativ auf das Innovationsverhalten und die Agilität im Markt aus: Es bewegt sich wenig. Die meisten Akteure sind wenig innovativ und die Dienstleistungen sehen immer noch sehr ähnlich aus wie in den 90er-Jahren. Zwar gibt es auch einzelne lokale Querdenker, welche den Markt neu inspirieren. Doch das Gros des Marktes bewegt sich in einem ruhigen und konservativen Fahrwasser, und dies auf Kosten der Kunden und vor allem der betroffenen Kandidaten. Die neuen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt fordern jedoch neue innovative Ansätze bei der Karriereberatung.

3. Trends – wohin geht die Reise?

In den letzten zwei Jahren haben sich die Anforderungen der Kunden stark gewandelt. Der Markt fragt nach neuen Konzepten, das Outplacement-Angebot muss sich daher entsprechend anpassen. Das bringt diesen gemächlichen Markt endlich etwas in Bewegung. Hier ein paar Beispiele wichtiger Entwicklungen:

  1. Beratung inklusive Stellensuche: Lange Zeit hat sich ein Outplacement-Programm nur auf die Beratung und das Coaching des Kandidaten beschränkt. Die aktive Suche nach offenen Stellen, die direkte Vermittlung von Kontakten und der Zugang zum so wichtigen verdeckten Arbeitsmarkt war die Aufgabe des Kandidaten. Damit kommt man heute bei den meisten Kunden nicht mehr durch. Von einem Outplacement wird erwartet, dass neben der Beratung auch konkrete Lösungskonzepte und Instrumente zur Stellensuche und zur Vermittlung des Kandidaten zur Verfügung stehen.
  2. Preisflexibilität und Individuallösungen: Outplacement ist nicht gleich Outplacement. Der Kunde erwartet heute, dass Prozess und Inhalt eines Beratungsprogramms flexibel auf seine Budgetsituation und die Anforderung des Betroffenen angepasst werden können.
  3. Blended Learning: Viele Anbieter arbeiten vorwiegend mit 1:1-Coaching-Gesprächen. Andere Lern- und Arbeitsgefässe wie Workshops, Trainings, Assessments, Networking Events, Online-Portale, E-Learning oder Webinars gibt es kaum, oder nur auf dem Hochglanzpapier. Doch gerade durch die Vielfalt an Instrumenten kann den individuellen Präferenzen eines Kandidaten Rechnung getragen werden, was die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöht.
  4. Gruppenintegration: Die Erfahrung zeigt, dass Motivation, Agilität, Aktivität und dadurch der Erfolg eines Kandidaten massgeblich von der erfolgreichen Integration in Gruppen abhängen. Kandidaten fühlen sich häufig allein und haben wenig Austausch. Gruppenprozesse sowie eine geschickte Vernetzung und Verbindung der Kandidaten untereinander sind deshalb klare Erfolgsfaktoren.
  5. Erweiterte Zielgruppe: Während Outplacement lange Zeit nur höheren Führungsfunktionen ermöglicht wurde, bieten Unternehmen diese Dienstleistung heute auf verschiedensten Stufen an. Entsprechend flexibel muss diese Dienstleistung auf die Profile und Zielgruppen angepasst werden. Deshalb sind modulare Angebote und eine grosse Vielfalt an verschiedenen Beraterprofilen entscheidend.
  6. Geld statt Beratung: Es gibt vermehrt Unternehmen, welche gekündigten Mitarbeitern die Wahl überlassen, ob sie eine Outplacement-Beratung oder alternativ dazu eine Geldsumme beziehen möchten. Diese Entwicklung ist aus zwei Gründen bedenklich. Erstens birgt diese Option steuerliche Nachteile für den Betroffenen. Zweitens wird der Gekündigte in Versuchung gebracht, auf das Outplacement zu verzichten. Damit ist dem Betroffenen aber nicht nachhaltig geholfen, denn die wirklichen Probleme tauchen häufig erst später auf.
  7. Generationenwechsel: Erfahrung bleibt sicher wichtig. Doch immer häufiger fragen Kunden gezielt nach jüngeren Beraterprofilen. Frische, Dynamik, Kreativität und moderne Ansätze können in einer modernen Arbeitswelt gerade auch für ältere Kandidaten wichtig sein.

Es wird spannend zu beobachten sein, welche Konzepte sich in den kommenden Jahren durchsetzen und wie sich Zusammensetzung und Struktur des Marktes und die Ausrichtung dieser Dienstleistung verändern. Am Ende entscheiden wie immer die Bedürfnisse der Kunden.

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Pascal Scheiwiller ist CEO beim Outplacement-Unternehmen von Rundstedt. Das Unternehmen ist an neun Standorten in der Schweiz präsent und unterstützt Arbeitnehmende wie auch Arbeitgeber aller Branchen bei Personalabbau und Kündigungen. rundstedt.ch

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