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Employer Branding: Sichere 
Investition in der (Vertrauens-)Krise

Wer die Krise als Chance begreift, seine Arbeitgebermarke weiter zu stärken, dem eröffnen sich unter Umständen neue Perspektiven für die Gewinnung von Talenten. Denn gerade bei den Berufseinsteigern zeichnet sich ein Gesinnungswandel ab: Die einst als attraktiv geltenden Grossbanken und globalen Konzerne verlieren an Wert. Gefragt sind Firmen, die Sicherheit und Zuverlässigkeit ausstrahlen.

Die herrschende Krise zeigt langsam, aber sicher auch bei jungen Berufseinsteigern erste Auswirkungen. So belegt die neueste Ausgabe des «Schweizer Absolventenbarometers 2009», dass die einst in der Schweiz extrem beliebten Arbeitgeber im Banken- und Finanzsektor bei Absolventen einen deutlichen Vertrauensverlust hinnehmen mussten. Was bedeutet dies nun für die Personalabteilungen? Wird die Personalarbeit generell schwieriger? Oder gibt es auch Gewinner der Krise?

Die ökonomische Krise ist zu schnell gekommen, um sich auf die Anzahl der arbeitssuchenden Absolventen auszuwirken. Was sich aber durch die Krise ändert, ist das Auswahlverhalten der guten Absolventen, also derjenigen, die sich einen Arbeitgeber mehr oder weniger frei aussuchen können: Sie klopfen heute an andere Türen als früher – die Karten werden neu gemischt. Hierbei sind zwei Phänomene zu berücksichtigen:

  • Kurzfristig werden frisch graduierte Akademiker ihre Arbeitgeberwahl spontan anpassen – ein Prozess, welcher für den Einzelnen durch die mitunter vorgenommene Spezialisierung und die zielgerichtet erworbene Qualifikation durchaus innerhalb fest gesteckter Grenzen bleibt.
  • Mittel- und langfristig könnte es zu einem gravierenderen Anpassungsprozess kommen, bei dem eine grosse Zahl von Studierenden ihre beruflichen Chancen neu bewertet und ihren formalen Bildungsweg beziehungsweise ihre ausseruniversitären Zusatzqualifikationen komplett anders ausrichtet. Das letztere Phänomen würde eine langfristige Änderung der Qualifikationsstruktur der Studentenpopulation bedingen, vor deren Hintergrund man gewisse Unternehmen beziehungsweise Branchen als Gewinner oder Verlierer einordnen kann. Solche Phänomene sind in verschiedenen europäischen Märkten hinreichend dokumentiert und gehören somit keinesfalls zu den Ausnahmen, wobei sie bestimmte Märkte mit generell rigiden Anforderungen an die fachliche Ausrichtung der formalen Qualifikation stärker treffen als Arbeitsmärkte wie etwa in England, in denen die eingeschlagene Fachrichtung keineswegs eine lebenslange Entscheidung darstellen.

Employer Branding füllt 
Vertrauensvakuum

Auch dieses Jahr gibt es viele junge Talente, die nach ihrer akademischen Ausbildung eine Karriere in der Wirtschaftswelt ins Auge fassen. Und es gibt auch einige Unternehmen, welche bei allem begründeten Pessimismus die Krise bereits als Herausforderung und Chance begreifen können. So kann es für diese beispielsweise eine grosse Herausforderung sein, die überschaubare Elitetruppe der arbeitsfreudigen Investmentbanking-Fans, die in der Vergangenheit für andere Aufgaben wenig Sympathien zeigte, für sich zu gewinnen.

Im stillen Kämmerlein schmieden daher bereits viele Unternehmen an Strategien, wie sie die Veränderungen der Markenlandschaft nutzen können, um sich langfristig besser zu positionieren. Generell gilt es hierbei, das Vertrauensvakuum, das insbesondere die Grossbanken und mittelfristig auch andere grosse Unternehmen erzeugen, mit den richtigen Imagetreibern zu füllen. Wer attraktive Laufbahnen anbietet, kann jetzt mit Werten wie Sicherheit und Zuverlässigkeit nachhaltig punkten.

Insgesamt bietet die Situation für alle Akteure, auch für diejenigen, die nicht direkt von der Krise betroffen sind, die Chance, sich inhaltlich frisch zu positionieren und die frei werdenden Sympathien aktiv an die eigene Arbeitgebermarke zu binden. Darüber hinaus sollten die Unternehmen nicht vergessen, dass in Krisenzeiten jeder Personalmarketing-Franken mehr wert ist: In Zeiten gekürzter Budgets sind Ausgaben für Employer Branding häufig effizienter, da die Aufmerksamkeit der Absolventen leichter zu erringen ist.

Eine Marke zu zerstören geht schnell, sie aufzubauen dauert

«Employer Branding als Vertrauensarbeit ist in der Krise wichtiger als je zuvor!» Was aus manchem Munde wie eine reine Durchhalteparole wirkt, hat einen ernsthaften und sehr konkreten Hintergrund: Jeder Entscheider im Bereich Employer Branding, der bereits einmal eine substanzielle Krise – wie etwa den Zusammenbruch der New Economy um die Jahrtausendwende – durchlebt hat, ist sich darüber im Klaren, dass es fatale Folgen für die Arbeitgebermarke hat, die Markenarbeit zurückzufahren. Sobald die Konjunktur wieder anspringt, hat eine Firma wieder Personalbedarf und befindet sich nach einer rigorosen Sparrunde zwangsläufig auf dem Tiefpunkt der Brand Performance. Der nervöse Versuch, in kurzer Zeit wieder an alte Erfolge anzuknüpfen, ist gegebenenfalls sogar kontraproduktiv. Es gilt in diesem Zusammenhang die Faustregel, dass der Markenwert schnell verloren ist und in deutlich längerer Zeit wieder zurückerarbeitet werden muss. In vielen Personalabteilungen feilen die Fachleute deshalb an einer Lösung, ihrem Management die Lage zu verdeutlichen und wichtige Ressourcen für die Markenarbeit zu sichern – auch dies ist ein essenzieller Bestandteil des Employer Branding in der Krise.

Gerade Unternehmen, die mit einer Krise zu kämpfen haben, dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass sie den Zugang zum Strom neuer Mitarbeiter als wertvollste Ressource auch in wirtschaftlich turbulenten Zeiten und den direkt darauf folgenden Wachstumsphasen sichern müssen. Strategisch ausgerichtete Unternehmen mit einer bewusst gesteuerten Arbeitgebermarke sollten Investitionen im Bereich Employer Branding als echte Wertschöpfungsmassnahme sehen und sich den Luxus der damit verbundenen Langfristigkeit der Planungszyklen erkämpfen.

Weitere Informationen unter 
www.trendence.com

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Oliver Viel ist Director of Customer Relations, Trendence Institut Berlin.
www.trendence.ch

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Gesa Bartels ist Marketing & PR Manager bei Trendence. Sie studierte Angewandte Kulturwissenschaften in Deutschland und Spanien und ist Autorin des Buchs «Kommunikation und die Wirkung von Vertrauen in Change-Prozessen».

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