Personal Swiss 2016

Führungsentwicklung auf neuen Wegen

Haben wir genügende und auch die richtigen Führungskräfte, um aktuelle und zukünftige Herausforderungen als Organisation zu meistern? Die Anforderungen an Führungskräfte und der Bedarf an neuen Führungskräften ist kontinuierlich gestiegen. Daher sind neue und effiziente Wege gefragt, um Führungskräfte zu entwickeln.

Führungsentwicklung ist eines der wichtigsten Themen im HR. So sehen z. B. 89% der befragten Experten im „Global Human Capital Trends 2016“ Leadership als wichtig bis sehr wichtiges HR Thema. Gleichzeitig wird die Effizienz der bestehenden Programme bezweifelt. Kritisiert wird, dass nicht genügend Führungskräfte ausgebildet werden, bestehende Programme nicht auf neue Führungsmodelle und die gestiegenen Anforderungen ausgerichtet sind und die Programme zur Führungskräfteentwicklung oft nicht nachhaltig gestaltet sind.

Die Wissenschaft beschäftigt sich zwar seit über hundert Jahren mit Leadership-Forschung, die Frage wie Führungskräfte ihre Kompetenzen entwickeln, wurde jedoch weitgehend ausgeklammert. Empirisch belegte Erkenntnisse gibt es noch seltener. Es lassen sich jedoch Erkenntnisse aus anderen Bereichen, etwa der Forschung zum Workplace Learning, auf die Führungsentwicklung übertragen.


Wie sehen also erfolgreiche Programme für die Zukunft aus? In der Leadership Academy der Swisscom wurde ein Programm entwickelt, das vor allem auf folgenden Annahmen beruht:

  1. Führungsentwicklung muss mehr Personen erreichen. 
Flachere Hierarchien, neue Führungsmodelle, der demografische Wandel und der schnelle technologische Wandel führen dazu, dass mehr Mitarbeitende eine Führungsverantwortung übernehmen. Daher wird eine breite Zielgruppe angesprochen: alle Line Manager, Project Manager sowie Menschen mit fachlicher Führung. Innerhalb der Swisscom kommen pro Jahr etwa 400 Mitarbeitende neu in eine solche Führungsverantwortung.
  2. Führungsentwicklung muss zum richtigen Zeitpunkt geschehen. 
Gerade neue Führungskräfte sind vom ersten Tag in ihrer Rolle gefordert. Umstrukturierungen, strategische Entscheidungen, Einstellungen, etc. warten nicht darauf, bis ein entsprechender Kurs besucht wurde. Aus der Transferforschung weiss man, dass auch prophylaktische Kurse, wie sie etwa bei Potentials durchgeführt werden, oft nicht nachhaltig sind. Einfach ausgedrückt ist das Gelernte schon wieder vergessen, wenn es dann später einmal angewendet werden kann. Es sollte daher gerade für junge Führungskräfte möglich sein, zeitnah in Kurse einzusteigen. Mit der neuen Führungsentwicklung in der Swisscom startet nun alle 14 Tage ein neuer Kurs für neue Führungsverantwortliche.
  3. Kompetente Führung kann nicht vermittelt werden, sie muss handelnd erfahren werden. 
Zwar helfen theoretische Grundlagen den Blick zu schärfen und Erfahrungen einzuordnen. Doch nur die Auseinandersetzung mit den eigenen Herausforderungen am Arbeitsplatz führen zu Handlungskompetenz in der Führungsrolle. Der Kontext, in dem eine Führungskraft tätig ist, ist nicht nur für den Transfer des gelernten wichtig. Er prägt auch, was relevant ist und was überhaupt gelernt wird. Dies ist ein Prozess, der nicht standardisiert werden kann, sondern von den teilnehmenden Gruppen geprägt wird. Ein modernes Konzept zur Führungsentwicklung sollte dies berücksichtigen, die Selbststeuerung der Teilnehmenden stärken und auch die Sozialisation in einer Community of Practice berücksichtigen.
  4. Führungsentwicklung konzentriert sich auf relevante Kompetenzen. Dazu werden Inhalte ausgewählt, die nachweislich einen Einfluss auf erfolgreiche Führung haben. Dabei werden die veränderten Rahmenbedingungen der Führung berücksichtigt.

Auf Grundlage dieser Annahmen wurde 2015 die Leadership-Entwicklung innerhalb der Swisscom grundlegend neu gestaltet. Unterstützt wurde die Swisscom vom Institut für Angewandte Psychologie IAP, das inhaltlich und didaktisch beratend an der Entwicklung des Programms mitwirkte. Dieses Programm «Leadership Foundation» für Menschen, die neu eine Führungsverantwortung übernommen haben, läuft über einen Zeitraum von sechs Monaten und ist ein Mix aus Selbstlernmedien, Präsenzphasen, virtuellen Sitzungen, Mentoring und Gruppenarbeiten.

Um die Selbstverantwortung zu stärken, stehen eine Vielzahl von e-Learnings zu Führungs-Basiswissen und verschiedene Tools zur Verfügung. Die Teilnehmenden gestalten die Online-Sessions selbst und bestimmen die Inhalte der Präsenzzeiten nach ihren Bedürfnissen und Herausforderungen.

Das Vorgehen entspricht dem vielfach geforderten Wandel von HR und L&D Department von einem Kurslieferanten zum Gestalter der Rahmenbedingungen, die den Teilnehmenden ein selbstgesteuertes Lernerlebnis ermöglichen. Aktuell läuft das Programm seit Oktober 2015, mit bisher über 120 Teilnehmenden. Die bisherigen Erfahrungen sind sehr positiv und werden aktuell evaluiert.

Quelle:

  • Day, D. V. & Antonakis, J. (2013). The Future of Leadership in The Wiley-Blackwell Handbook of The Psychology of Leadership, Change, and Organizational Development.

Keynote an der Personal Swiss

Christoph Gütersloh vom IAP Institut für Angewandte Psychologie hält an der Fachmesse Personal Swiss eine Keynote zum Thema «Führungsausbildung auf neuen Wegen». Das IAP und die Swisscom zeigen auf, wie das Weiterbildungsprogramm «Leadership Foundation» für neue Führungskräfte bei der Swisscom aufgebaut, implementiert und erfolgreich angewendet wird. Mittwoch, 13. April 2016, 9.20-9.50 Uhr, Forum 1, Halle 5.

www.personal-swiss.ch

 

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Martina Eissing ist seit Anfang 2014 verantwortlich für die Neugestaltung und Umsetzung der Leadership Academy für die Swisscom AG. Vorher war sie HR-Bereichsleiterin für den Privatkundenbereich der Swisscom (Schweiz) AG. Vielfältige Erfahrungen in HR- und Leadership-Themen sammelte sie in verschiedenen Führungsfunktionen in der BMW Group sowie in anderen Konzernen.

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Christoph Gütersloh ist Dozent und Berater am Institut für Angewandte Psychologie IAP der ZHAW. Er ist verantwortlich für den MAS Ausbildungsmanagement und berät Unternehmen und Organisationen rund um Themen der Weiterbildung. Themenschwerpunkte: Digitalisierung, Social Learning, Selbstgesteuertes Lernen, Kompetenzorientierung und Kompetenzmanagement.

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Dr. Andres Claudius Pfister ist ist Dozent und Berater am Institut für Angewandte Psychologie IAP der ZHAW. Er unterrichtet und berät Unternehmen und Organisationen rund um Themen das Thema Leadership. Themenschwerpunkte: Führung, Ethik und Führungsverantwortung, destruktive Führung, Entscheidungsfindung, Führung in Architektur und Bauwesen.

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