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Frühaufsteher im Vorteil?

Welchen Einfluss hat die morgendliche Startzeit der Beschäftigten darauf, wie gewissenhaft Vorgesetzte die Beschäftigten wahrnehmen und wie gut die Leistungsbeurteilungen ausfallen?

Flexible Arbeitsmodelle sind gefragter denn je. In der Schweiz haben knapp zwei Drittel der Beschäftigten flexible Arbeitszeiten und können somit ihre Arbeitszeit entweder innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens oder vollkommen individuell festlegen. So können Lerchen, also Frühaufsteher, die Morgenstunden produktiv nutzen, während Nachtmenschen, die sogenannten Eulen, die Möglichkeit haben, den Arbeitstag etwas später zu starten, um während der Abendstunden zu arbeiten.

Doch welchen Einfluss hat die morgendliche Startzeit der Beschäftigten darauf, wie gewissenhaft Vorgesetzte die Beschäftigten wahrnehmen und wie gut die Leistungsbeurteilungen ausfallen? Diesen Fragen sind die Forscher Kai Chi Yam, Ryan Fehr und Christopher M. Barnes der Universität Washington in drei unterschiedlichen Studien nachgegangen. In der ersten Studie, einem Experiment mit 120 Beschäftigten, konnten sie zeigen, dass Stichworte zum Morgen automatisch mit Gewissenhaftigkeit assoziiert werden, während Stichworte zum Abend keine Assoziation mit Gewissenhaftigkeit hervorrufen. In der zweiten Studie füllten 149 Arbeitnehmer-Vorgesetzter-Gespanne einen Frage­bogen aus. Dabei zeigte sich, dass Arbeitnehmer, die morgens später mit ihrer Arbeit beginnen, von ihrem Vorgesetzten als weniger gewissenhaft wahrgenommen werden, was sich wiederum negativ auf die Leistungsbeurteilung auswirkt. Allerdings entsteht dieser Effekt nur dann, wenn der Vorgesetzte ein Frühauf­steher ist.

Ist der Vorgesetzte selber ein Nachtmensch, hat die spätere Startzeit der Beschäftigten keinen Einfluss auf die Einschätzung der Gewissenhaftigkeit und der Leistungsbeurteilung. In der dritten Studie, einem kontrollierten Experiment mit 141 Studierenden, konnten die Forscher die angenommenen Kausalzusammenhänge bestätigen. 

Obwohl flexible Arbeitszeitmodelle sowohl für die Beschäftigten als auch für Unternehmen viele Vorteile generieren, bergen sie mögliche Schattenseiten für die Beschäftigten. Denn diese werden von ihrem Vorgesetzten nicht nur nach objektiven Leistungskriterien beurteilt, sondern auch danach, wann sie morgens ihre Arbeit aufnehmen.

Während Frühaufsteher von einer positiven Stereotypisierung profitieren, werden Beschäftigte, die später mit der Arbeit starten, als weniger gewissenhaft wahrgenommen und somit als leistungsschwächer eingestuft. Gerade Vorgesetzte, die selbst Frühauf­steher sind, sollten auf diese ungerechtfertigte Verzerrung hingewiesen werden, so dass Arbeitnehmer in Zukunft ihre Arbeitszeiten ohne Sorge vor negativen Konsequenzen flexibel gestalten können. 

Quelle

  • Yam, Kai Chi; Fehr, Ryan; & Barnes, Christopher M. (2014). Morning employees are perceived as better employees: Employees’ start times influence supervisor performance ratings. Journal of Applied Psychology, 99(6), 1288–1299.
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Dr. Alexandra Arnold ist Oberassistentin und Dozentin am Center für Human Resource Management (CEHRM) an der Universität Luzern.

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