Bildung und Karriere

Neue Technologien in der Weiterbildung: Störenfriede mit Potenzial

Neue Lerntechnologien sind ein wichtiger Treiber für Bildungsinnovation im Betrieb. Deren Integration bereitet aber vielen Bildungsverantwortlichen Kopfzerbrechen. Die systematische Analyse von Bedingungen und Auswirkungen des IKT-Einsatzes im Rahmen des Innovationsmanagements hilft, diese Herausforderung zu meistern.

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), neue Managementkonzepte und Didaktik sind Eckpfeiler für Bildungsinnovationen. Eine Befragung des Schweizerischen Netzwerks für Bildungsinnovation bei Bildungsverantwortlichen zeigt, dass IKT eine Schlüsselrolle als Lieferant von Entwicklungstrends einnimmt und deshalb besondere Aufmerksamkeit verdient.

Virtualisierung als bedeutender 
Entwicklungstrend

Die Befragten nennen ein breites Spektrum meist bereits etablierter Technologien als Trends. Neben dem Schlüsselbegriff Web 2.0 werden Mobile Books, videobasierte Kommunikation und 3D Communities genannt. Aus Expertensicht zeichnet sich in der Bildung ein deutlicher Trend zur Virtualisierung ab. Immer häufiger findet Lehren und Lernen in virtuellen Welten statt und wird durch eine grosse Medienvielfalt gestützt. Der Entwicklung geht dabei hin zu schlanken, schnellen und praxistauglichen technischen Lösungen. Rapid eLearning und anderen Tools mit Breitenwirkung wird in diesem Kontext ein vielversprechendes Potenzial zugeschrieben.

Der Vergleich mit einschlägiger Fachliteratur zeigt, dass in den kommenden zwei bis drei Jahren zahlreiche – heute noch jüngere – Entwicklungstrends zu erwarten sind: Beispielsweise Semantic-Aware Applications, RFID-Anwendungen, Spracherkennung, Ambient Displays oder Smart Objects, über die IT-Experten heute diskutieren, werden dafür sorgen, dass IKT auch zukünftig ein wichtiger Lieferant innovativer Impulse bleiben.

Die Aussagen der Bildungsverantwortlichen zeigen aber auch, dass der Einsatz von IKT zwei Gesichter hat: Lerntechnologien helfen einerseits, Probleme zu lösen. Andererseits erzeugt die Integration in organisatorische, personelle und didaktische Rahmenbedingungen neue Spannungen. IKT können in diesem Sinne als «Störenfriede mit produktivem Potenzial» bezeichnet werden (siehe Abbildung oben).

Innovationsmanagement als 
Schlüsselwerkzeug

Anhand eines einfachen 4-Phasen-Modells kann aufgezeigt werden, wie solche bei der Integration von IKT entstehende Spannungsfelder bewältigt werden können.

In der Analysephase wird untersucht, welche Trends sich gegenseitig befruchten und wo Konflikte mit Rahmenbedingungen entstehen. Die Befragten sehen z.B. zwischen Web-2.0-Technologien und dem didaktischen Anliegen der Förderung kooperativen Lernens Synergiepotenzial. Auch der Einsatz von rapid eLearning wird als Mittel gesehen, die Produktivität zu steigern und gleichzeitig die mediale Qualität von user generated content zu verbessern. Konflikte werden beispielsweise beim Einsatz von Rapid-eLearning-Tools bei ungenügender mediendidaktischer Kompetenz der Autoren verortet. Die Einführung dieser nützlichen Tools kann in diesem Fall zu einer mangelnden Qualität des Medienangebots und somit des gesamten Bildungsangebots führen.

In der Ideenentwicklungsphase werden mit Hilfe von Kreativitätstechniken, meist von interdisziplinären Teams, Vorschläge zur Nutzung potenzieller Synergien und zur Lösung von Konflikten entwickelt, um sie anschliessend einer strengen Selektion zu unterziehen.

Erst die Umsetzung von konkreten IKT-Lösungen im Alltag zeigt, ob in der Analysephase die für die Integration wichtigen Einflussfaktoren erfasst worden sind und ob die Ideenentwicklung zu realisierbaren Lösungsansätzen geführt hat. Erste Piloterfahrungen liefern wertvolle Erkenntnisse für den späteren Transfer ins laufende Geschäft.

Ein solches Vorgehen kann dazu beitragen, dass durch den innovativen Einsatz von IKT mehr aktuelle Probleme gelöst als neue Probleme geschaffen werden. Nach der Auseinandersetzung mit dem sichtbaren Innovationstreiber IKT werden wir uns in den nachfolgenden Beiträgen dieser Mini-Serie Entwicklungstrends aus Management und Didaktik widmen, die sich meist weniger aufdringlich im Bildungsalltag manifestieren, aber dafür grosses Potenzial für Bildungsinnovation aufweisen.

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Dr. Urs Gröhbiel ist Professor für E-Learning an der Fachhochschule Nordwestschweiz und Geschäftsführer des Schweizerischen Netzwerks für Bildungsinnovation (SNBI). Schwerpunkte in Forschung und Beratung sind Bildungsinnovation und E-Learning Management.

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