Neue Arbeitswelten

Räume, die Innovationen fördern

Mit dem Novartis Campus in Basel lebt der Pharma-Riese bereits heute vor, 
wie die Arbeitsumgebung von morgen in vielen Unternehmen aussehen könnte.

«We shape our buildings, thereafter they shape us.» Novartis nimmt sich die Aussage von Winston Churchill zu Herzen. Mit dem Campus in Basel hat das Unternehmen eine der zukunftsträchtigsten Arbeitsumgebungen der Schweiz geschaffen. «Wir zählten zu den Pionieren mit der Überzeugung, dass eine offene Arbeitsumgebung einen positiven Einfluss auf das Denken, das Verhalten, auf die Art der Interaktion und Kommunikation hat», sagt Gabrielle Keuerleber, Head Global Campus Knowledge Sharing. Magnago Lampugnani, Professor für Städtebau an der ETH Zürich, hat einen Masterplan für den Campus in Basel errichtet. 13 Gebäude stehen schon, drei sind kurz vor der Fertigstellung und die nächste Phase ist in Planung.

Sowohl in Büro- als auch bei Laborgebäuden wird seit zehn Jahren konsequent auf das Multi-Space-Konzept gesetzt. Den Mitarbeitenden steht ein breites Angebot an offenen und geschlossenen, individuellen und gemeinsamen Zonen zur Verfügung. Diese Umgebung soll die Kommunikation und Interaktion fördern, aber auch konzentriertes Arbeiten ermöglichen. Beides, davon geht Novartis aus, ist für Innovation und Kreativität notwendig. Gefördert werden auch informelle, ungeplante Zusammentreffen, beispielsweise in der Kaffeezone. «Wir planen sorgfältig, welche Teams auf dem gleichen Stockwerk arbeiten. Auch der Austausch über Funktionen hinweg ist wichtig», sagt Thomas Boesch, Head HR Switzerland. Ob dank dem Campus mehr Medikamente entwickelt werden, werde sich zeigen. Externe Spezialisten von ETH und Fachhochschulen haben aber nachgewiesen, dass der Wissenstransfer gefördert wird.

Nicht bis zum Schreibtisch flexibel

Der Campus wird ständig weiterentwickelt. Mit jedem Gebäude lernen die Entwickler dazu, erweitern Konzepte, erstellen Pilotprojekte. Nicht-Bewährtes wird angepasst, wie beispielsweise die Räume für Telefonkonferenzen oder Meetings. «Wir haben anfangs unterschätzt, dass die Leute sehr sensibel darauf reagieren, wenn diese Räume nicht absolut schalldicht sind. Obwohl man von aussen nichts verstehen konnte, führte das zu Verunsicherungen», sagt Keuerleber. Auch die vom Business geforderte «Flexibilität» sei anfangs falsch interpretiert - respektive überschätzt worden. Variable Möblierung im Schreibtischbereich haben sich als überflüssig erwiesen.

Die grossen Herausforderungen der Zukunft sieht Novartis in der Kommunikationstechnologie und den immer dynamischeren Projektteams: Die Zahl der Beteiligten schrumpfe oder wachse heute oft während der Projektphase. Zudem würden viele Mitarbeiter in mehreren  Projekten mitarbeiten. «Das erfordert neue, anpassungsfähige Arbeitsplatzkonzepte.»   

Das Büro der Zukunft

Nähe und Sichtbarkeit statt Telefon und Einzelbüro

«Unsere Fallstudien haben gezeigt, dass zwei Faktoren eine zentrale Rolle spielen im Büro der Zukunft: Nähe und Sichtbarkeit. Mitarbeitende, deren Arbeitsplätze weniger als zehn Meter voneinander entfernt sind, kommunizieren täglich von Angesicht zu Angesicht. Die Qualität dieser persönlichen Interaktion ist viel höher als der Austausch über Mail oder Telefon. Eine hohe Transparenz im Büro unterstützt vor allem den ungeplanten Austausch: Der Mitarbeitende sieht jemanden, fragt direkt, diskutiert, ordnet eigenes Wissen in den Kontext ein – alles entscheidend für Kreativität und Innovation. Zum Büro der Zukunft gehören einerseits offene Räume für Gruppenarbeiten und Begegnungsräume für spontane Interaktionen, aber auch akustisch abgetrennte Rückzugsmöglichkeiten für konzentriertes, individuelles Arbeiten.

Zu Koordinationszwecken treffen sich Mitarbeiter in schalldichten, aber durch Glaswände für alle einsehbaren Sitzungszimmern oder einer gemütlichen Sofaecke der Kaffeezone. Jeder weiss auf den ersten Blick, wer mit wem an welcher Besprechung teilnimmt. Kollegen zu sehen und mit ihnen Face to Face zu diskutieren, kann inspirieren und bei der Weiterentwicklung von Ideen helfen. Der direkte Austausch erleichtert durch effizientere Koordination die Umsetzung von Veränderungen. Die multiple Arbeitslandschaft muss allerdings auch Herausforderungen meistern: ständige Unterbrechungen und den Verlust der Privatsphäre. Firmen können damit auf zwei Arten umgehen: Entweder geben sie Verhaltensregeln Top down vor oder die Mitarbeiter entwickeln selbst einen Codex, wie man sich wo zu verhalten hat.»

  • Annina Coradi forscht am Chair of Technology and Innovation Management der 
ETH Zürich im Bereich Raumgestaltung.

 

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