HR Today Nr. 5/2018: Work-Life-Balance

Bessere Work-Life-Balance für Spitzensportler

Swiss Olympic und die Adecco Group Schweiz haben im Januar 2018 das Label «Leistungssportfreundlicher Arbeitgeber» lanciert. Athleten erhalten so die Chance, wertvolle Arbeitserfahrungen zu sammeln. Unternehmen profitieren von den einzigartigen Qualitäten der Spitzensportler und leisten dabei einen wichtigen Beitrag an eine leistungssportfreundliche Schweiz.

Der Spitzensport ist in der Schweiz nicht besonders lukrativ. Nur 16 Prozent der Schweizer Leistungssportler kommen 2010 auf ein Gesamteinkommen von über 70 000 Franken. 40 Prozent müssen mit weniger als 14 000 Franken im Jahr auskommen. Dies zeigt eine Studie der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen EHSM (2011).

Win-win-Situation

Typische Eigenschaften von Leistungssportlern sind Beharrlichkeit, Zielstrebigkeit, Passion und Zuverlässigkeit. Das Ziel des im Januar 2018 lancierten Labels «Leistungssportfreundlicher Arbeitgeber» ist es, die Schweizer Wirtschaft auf diese für sie wertvollen Qualitäten der Leistungssportler aufmerksam zu machen. «Es freut uns, dass wir mithilfe der Gründungsmitglieder Adecco, SBB, Swiss und Dynoptic das Label erfolgreich lancieren konnten», erklärt Roger Schnegg, Direktor von Swiss Olympic. «Wir sind sicher, dass die Unternehmen vom Engagement und Wissen der Athleten profitieren werden.» Die Athletinnen und Athleten erhalten bei Arbeitgebern, die sich dem Label verpflichten, die Möglichkeit, wichtige Berufserfahrung zu sammeln und damit ein zweites Standbein aufzubauen. Leis-tungssportfreundliche Arbeitgeber anerkennen Sport als Beruf und sind sich der Doppelbelas-tung der Athleten bewusst. Die Jahre im Profi-sport werden als Lebenserfahrung anerkannt und nicht als Lücke in Bezug auf Berufserfahrung gesehen. Das Label erhalten Arbeitgeber, die Schweizer Athleten eine unbefristete (Teilzeit-)Stelle oder eine Praktikumstelle zur Verfügung stellen, wobei zeitliche Flexibilität für Spitzensportler zentral ist.

Flexibilität immer zwingender

«Flexible Arbeitsbedingungen werden immer häufiger gefordert, und dies nicht nur von Leis-tungssportlern», betont Nicole Burth, CEO der Adecco Group Schweiz, die das Label mitinitiiert hat. Namentlich die jüngere Generation und Eltern betrachten zeitliche Flexibilität von Arbeitgebern zunehmend als zwingende Voraussetzung. «In der heutigen Zeit des fortschreitenden Fachkräftemangels sind Firmen, die flexible Arbeitsmodelle leben, besonders attraktiv», zeigt sich Nicole Burth überzeugt. Das Label kann in diesem Kontext positiv auf die Aussenwirkung eines Arbeitgebers abfärben.

Ambitionierte Ziele

Die Adecco Group Schweiz engagiert sich zusammen mit Swiss Olympic über das Swiss Olympic Athlete Career Programme (ACP) bereits seit über zwölf Jahren in der beruflichen Karriereplanung der Schweizer Leistungssportler. Ziel des ACP ist es, Leistungssportler während Trainings- oder Verletzungspausen, während der Spitzensportkarriere oder nach einer Leistungssportkarriere den Übergang ins Berufsleben zu vereinfachen. Bisher unterstützten Swiss Olympic und Adecco seit 2005 über 15 000 Athleten. In der Schweiz konnten rund 600 Athleten beraten und platziert werden: 560 Feststellenplatzierungen und 60 Praktika wurden vermittelt.

Durch das Label «Leistungssportfreundlicher Arbeitgeber» sollen nun noch mehr Athleten die Möglichkeit erhalten, wertvolle Berufserfahrung zu sammeln. Das Label unterstützt den Aufbau eines Netzwerks, um Schweizer Spitzensportler während und nach der Karriere für die Arbeitswelt zu rüsten. «Ziel des Labels ist es, ein Netzwerk von Firmen zu schaffen, die Sportlerinnen und Sportler den Einstieg ins Berufsleben ermöglichen und sie bei der beruflichen Karriere unterstützen», erläutert Nicole Burth. «Die Unternehmen, die sich als ‹Leistungssportfreundliche Arbeitgeber› engagieren, leisten einen wichtigen Beitrag für unsere Schweizer Athleten und somit für den Schweizer Sport», unterstreicht Swiss-Olympic-Direktor Roger Schnegg.

Best Case SBB: Silvan Lutz

Die SBB engagieren sich für den Spitzensport in der Schweiz und haben im Rahmen des Labels «Leistungssportfreundlicher Arbeitgeber» gleich mehrere Athleten eingestellt. «Die SBB profitieren vom Label vor allem im Bereich der Arbeitgeberpositionierung», sagt Erika Ingold, Lead Sourcing, Recruiting & Talents. «Ausserdem bereichern uns die einzigartigen Qualitäten der Spitzensportler: Die jungen Talente bringen ihren olympischen Geist in die SBB ein – ein Spirit, der uns beflügelt und uns bei der Erreichung unserer ambitionierten Ziele unterstützt.»

Die Athleten profitieren umgekehrt von flexiblen Arbeitszeitmodellen und zentralen Standorten. Das sind ideale Voraussetzungen für die duale Karriere der Spitzensportler. «Wir erachten das Engagement als grosse Chance für die SBB und zugleich für die jungen Athleten. Die Sportlerinnen und Sportler können sich bei uns ein zweites Standbein in der Wirtschaft aufbauen. Gleichzeitig bringen sie Fähigkeiten und Verhaltensweisen mit, die wir sehr schätzen», fasst Ingold die Vorteile zusammen und hält fest: «Die Athletinnen und Athleten, die in ihrem Einsatz bei den SBB überzeugen, wollen wir natürlich für eine längerfristige Zusammenarbeit gewinnen.»

Einer dieser Athleten ist Silvan Lutz. Der 27-Jährige ist aktiver Leichtathlet sowie 400-m-Läufer und hat mehrere Schweizermeistertitel gewonnen. Lutz absolviert aktuell einen Master im Bereich International Management und arbeitet in einem Teilzeitpensum als Hochschulpraktikant bei den SBB. Das Praktikum im Bereich Strategie & Innovation beim Verkehrsmanagement des Personenverkehrs hat er im März 2018 begonnen: «Ich bin sehr gut gestartet und das Team hat mich herzlich begrüsst. Ich fühle mich sehr wohl», sagt Lutz. «Im Moment arbeite ich mich ein und nehme an vielen Sitzungen teil, um mir einen Überblick zu verschaffen.»

Sein nächstes grosses Ziel sind die diesjährigen Europameisterschaften in Berlin. «Die SBB zeigen sich super flexibel bei der Arbeitszeitgestaltung. Dadurch kann ich mein Training und die Arbeitszeit aufeinander abstimmen und meine sportlichen Ziele verfolgen», so Lutz erfreut. «Der Arbeitsplatz und der Trainingsort sind ebenfalls nur knapp fünf Minuten voneinander entfernt. Das sind natürlich ideale Voraussetzungen. Ich freue mich auf meine berufliche Zukunft und bin glücklich, dass ich meine Sportkarriere parallel dazu professionell weiterführen kann.» Und Silvan Lutz hat sich noch ein weiteres Ziel gesetzt: Er will die SBB-Mitarbeiter künftig dazu motivieren, (mehr) Sport zu treiben.

Best Case Swiss: Benoît Schwarz

Auch die Fluggesellschaft Swiss engagiert sich als «Leistungssportfreundlicher Arbeitgeber». Swiss bietet den Athleten Arbeits- und Praktikumsstellen an den Standorten Zürich, Basel und Genf an. Athleten haben bei längerfristiger Bindung ebenfalls die Möglichkeit, eine Ausbildung als Cabin Crew Member zu absolvieren und dann parallel zu ihrer Sportkarriere an Bord der Swiss-Flugzeuge zu arbeiten. «Das Label ergänzt unsere Aktivitäten im Bereich Nachwuchsausbildung und Gesundheitsmanagement ideal», erklärt Christoph Ulrich, Head of Human Resources bei Swiss. «Athleten bringen vor allem in den Bereichen Teamorientierung sowie Umgang mit Erfolg und Niederlagen besondere Qualitäten mit. Ausserdem sind sie überaus leistungs- und zielorientiert.» Zudem passe das Label hervorragend in die Arbeitgeber-CSR-Strategie der Swiss.

Der erste Swiss-Trainee Benoît Schwarz, der bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang die Bronzemedaille im Curling gewonnen hat, hat sich innert kürzester Zeit in sein neues Arbeitsumfeld eingefügt. Dass er darüber hinaus mit einer Bronzemedaille aus Südkorea zurückkehrte, war für alle Beteiligten noch ein kleines Sahnehäubchen: «Wir haben die Spiele live mitverfolgt und uns wahnsinnig gefreut, als unser Benoît mit einer Medaille nach Hause kam. Beim Empfang nach den Olympischen Spielen war bei uns im Hauptsitz Full House», schwärmt Ulrich und ergänzt: «Wir freuen uns, in Zukunft weitere Spitzensportler bei Swiss begrüssen zu dürfen.»

Benoit Schwarz hat kurz vor der Abreise nach Südkorea bei Swiss seinen Arbeitsvertrag unterschrieben. Gleich nach den Olympischen Spielen startete er im März seine Praktikumsstelle. Die Sicherheit, nach den Olympischen Spielen eine berufliche Herausforderung anzutreten, habe ihm die Stärke gegeben, in Pyeongchang eine exzellente Leistung abzurufen.

Derzeit absolviert er ein sechsmonatiges Praktikum in der Strategieabteilung der Swiss und hat genügend Flexibilität, um nebenbei dem Training nachzugehen. Im Herbst wird er an der Universität St. Gallen einen Master beginnen.

Benoît Schwarz verfolgt ganz bewusst eine duale Karriere, um für den Arbeitsmarkt während aber auch nach der Sportkarriere gerüstet zu sein. Doch Curling ist eine Sportart, die er noch sehr lange spielen kann. Deshalb will er neben dem Sammeln von Berufserfahrung auch seine sportliche Karriere weiterführen und sich mit seinem Team nochmals für Olympia qualifizieren.

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Annalisa Job ist Director Communication bei der Adecco Group.

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