Porträt

Ein Realist mit Idealen

Luciano Ponti kennt den Detailhandel von beiden Seiten: 
als Personalverantwortlicher wie auch als Warenhausleiter. Heute ist er Head of HR von Globus und plädiert für mehr unternehmerisches Denken und mehr Mut in den Personalabteilungen. Allergisch reagiert er bei gestressten Managern, Mainstream und Minimalismus – Letzteres kommt ihm 
nur bei der Möblierung ins Haus.

Mehr Mut, weniger Regeln. So würde die ideale HR-Welt von Luciano Ponti aussehen. «Mein Traum wäre, alle Reglemente durch einen einzigen Satz zu ersetzen: Entscheide werden gemäss gesundem Menschenverstand und Kundeninteresse gefällt», sagt der Head of HR von Globus. Personalverantwortliche wären in dieser Idealwelt weder sicherheitsliebende Polizisten noch reine Wohltäter am Mitarbeiter, sondern in erster Linie Menschen, die unternehmerisch denken – «und es ist ja ganz klar, dass man den Unternehmenserfolg nur dann sichert, wenn man die Mitarbeiter gut behandelt.»

Luciano Pontis HR-Philosophie hat sich nicht nur in HR-Positionen entwickelt. Nach seinem Betriebswirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen stieg der Tessiner 1985 als Projektleiter bei einer Firma ein, die sich auf die Einführung von Software bei mittleren Industriebetrieben spezialisiert hatte. Danach wurde er Consultant, kam dabei zum ersten Mal mit HR-Themen in Berührung. Zum «richtigen» HRler wurde er in einer Bank, wo er vor allem in der Personalentwicklung tätig war. Bei Manor schliesslich startete er 1994 als Personalleiter für 15 Betriebsstellen und stieg die Karriereleiter hinauf bis zum Head of HR and Services, leitete aber während eineinhalb Jahren auch ein Manor-Warenhaus.  

Vor einem Jahr wechselte Luciano Ponti zu Globus, für den er klare Ziele verfolgt: In der Nachwuchssicherung möchte er sich vermehrt engagieren, die Prozesse sollen vereinfacht und die Performance verbessert werden. «Wir haben hier eine starke, wertschätzende, harmonie- und mitarbeiterorientierte Kultur. Noch verstärkt werden soll das Performance-Denken: In Zukunft möchte ich Leistung mehr honorieren, ohne die Kultur zu zerstören.»

Zur Person

Luciano Ponti (53), als Einzelkind in einer Tessiner Arbeiterfamilie aufgewachsen, studierte an der Universität St. Gallen Betriebswirtschaft. Als Projektleiter bei der NCR (Wallisellen) war er ab 1985 zuständig für die Einführung von IT-Lösungen in Industriebetrieben. 1986 wurde er Unternehmensberater bei ATAG/Ernst & Young (Bern). 1991 wechselte er ins HR der Banca del Gottardo (Lugano), wo er schliesslich für die PE verantwortlich zeichnete. Von 1994 bis 2012 hatte er verschiedene Funktionen bei der Manor-Gruppe inne, hauptsächlich im HR, aber auch als Warenhausleiter in Bellinzona, schliesslich als Head of HR and Services. Heute, als Head of HR bei Globus, führt er ein HR-Team von 50 Personen und trägt die HR-Verantwortung für 3300 Angestellte.

Das Gegenteil des gestressten Managers

Als grössten beruflichen Erfolg bezeichnet Luciano Ponti, dass er immer wieder Professionalität in den HR-Bereich hineingetragen habe, und dies als Beitrag zur Erreichung der übergeordneten Unternehmensziele. «Zudem ist in meiner Zeit bei Manor die Fluktuation um 25 Prozent gesunken – Zufall? Verdienst? Ich weiss es nicht, aber immerhin habe ich Massnahmen ergriffen, die dazu geführt haben könnten», führt er aus. Und der grösste Misserfolg seiner Karriere? Am schwierigsten war für ihn, als er ein grösseres HR-Projekt durchziehen wollte, das damalige Unternehmen aber nicht reif für die entsprechenden Neuerungen war. Das Projekt wurde zwar umgesetzt, aber erst Jahre später. 

Er habe den Blick fürs Wesentliche, sei geradlinig, denke strukturiert, höre aktiv zu und habe einen Sinn für Gerechtigkeit, zählt der HR-Leiter seine wichtigsten Stärken auf. Zudem sammelt er Meinungen, bevor er eine Entscheidung fällt. «Es ist möglich, mich vom Gegenteil meiner eigenen Meinung zu überzeugen, aber nicht einfach.» Und welche Eigenschaften freuen seine Mitarbeiter weniger? «Ich habe hohe Ansprüche», sagt Luciano Ponti. «Wenn ich auf Minimalismus stosse, kann ich auch einmal emotional reagieren.»

Die hohen Ansprüche, die der Personalleiter auch an sich selbst stellt, bedeuten aber nicht, ewig im Büro in Spreitenbach zu sitzen. Seine tägliche Arbeitszeit beziffert er augenzwinkernd mit «8,12 Stunden, wie es im Arbeitszeitreglement steht». Er  fülle seinen Job aus, aber wolle keinesfalls zu diesem «lächerlichen Bild» der gestressten Manager beitragen, die sich damit brüsten, wie viel sie zu arbeiten hätten.

Und in der Tat wirkt der 53-Jährige ruhig und ausgeglichen. Neben der Arbeit geht Luciano Ponti schwimmen und joggen, um sich fit zu halten, aber ansonsten verbringt er die Freizeit mit der Familie: Mit seiner Ehefrau und der 14-jährigen Tochter wohnt er in einem Haus in Binningen (BL). Dieses hat er minimalistisch eingerichtet, mit einem Asia-Touch, was seine Leidenschaft für den Fernen Osten spiegelt. 

«Der putzigste Vater der Welt»

Was braucht Luciano Ponti, um glücklich zu sein? «Ganz kleine Sachen. Kürzlich sagte etwa meine Tochter zu mir: ‹Du bist der putzigste Vater der Welt!›» Er erfreut sich an einem tollen Spiel des FC Basel, an einem guten Buch oder Musik. Wobei er sehr klare Vorstellungen hat, was gut ist und was nicht. Bestseller liest er fast keine, weil diese meist schlecht geschrieben seien. Und für Mozart und Beethoven würde er sich keine Konzertkarten kaufen, wohl aber für Komponisten des 20. Jahrhunderts. Nicht gerade der Durchschnittsmusikgeschmack, und so geht er manchmal auch allein an Konzerte. Seine Abneigung gegenüber Mainstream geht zurück auf seinen Italienischlehrer am Gymnasium, der dazu animierte, nicht Einfaches zu lesen, sondern Klassiker. «Wir lasen Brecht und diskutierten, wie wir die Welt verändern könnten.» Heute bezeichnet sich Luciano Ponti zwar als Realist, doch über die ideale (HR-)Welt diskutiert er noch immer gerne.  

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Franziska Meier ist Redaktorin und Produzentin mit langjähriger Erfahrung im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich. Als Chefredaktorin des Magazins «fit im job» sowie als Fachredaktorin der Zeitschrift «HR Today» hat sie sich auf das Thema «Mensch, Arbeit & Gesundheit» spezialisiert. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Stressprävention und betriebliches Gesundheitsmanagement. Achtsamkeit praktiziert sie manchmal im Schneidersitz, öfter jedoch auf ihren Spaziergängen rund um den Türlersee.

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