Analyse

Führungsprofile in Stelleninseraten für Toppositionen

Als unkonventionelle Ergänzung der laufenden Mitarbeiterumfragen und Vorgesetztenbeurteilungen haben Jakob Abraham und Jens Feger 120 Stelleninserate* bezüglich Führungsprofilen analysiert.

Die Analyse fokussiert auf extern orientierte Top- und Frontpositionen: Geschäfts-/Direktionsleitungen (Top) gegenüber Marketing-/Verkaufsleitungen/Key Account Management (Front). Ausserdem berücksichtigt die Analyse die Sektoren Dienstleistungen, Industrie/Produktion sowie Staat/NGO. Trotz unterschiedlicher Inseratequalität und teils geringer Inseratezahlen ergeben sich tendenziell plausible Aussagen.

Aus den analysierten Inseraten resultieren insgesamt über achtzig vergleichbare Kriterien und fünfzehn Eigenschaften, beispielsweise Fach-, Betriebs- und Sektorkompetenzen: Erwartungsgemäss werden hohe Anforderungen an Ausbildung, Sektorkompetenzen und Kommunikationsfähigkeiten in beiden, Top- und Front-Positionen, gestellt. Sehr selten werden jedoch auftrittsichere, gewinnende Persönlichkeiten gesucht, was bei den gesuchten verantwortungsvollen Positionen überrascht. Sind diese Eigenschaften einfach selbstverständlich in vielen Positionen oder unerwünschte Konturen in betrieblichen Stromlinien? Personalverantwortliche können eine Analyse der Führungsprofile nutzen für stimmigere Stelleninserate und indirekt gegen steigende Personalfluktuation.

Unterschiedliche Führungsprofile

Die Führungsprofile in dieser Analyse vereinen eine Vielfalt ausgeschriebener Funktionen in Unternehmen und Verwaltungen in der Schweiz, reflektieren aber vergleichbare Positionen und Anforderungen. Die Anforderungen umfassen meistens Erfahrungen und Kompetenzen, auch wenn nur von Kompetenzen die Rede ist.

Die aggregierten Top- und Front-Profile verlaufen auf den ersten Blick parallel, unterscheiden sich aber deutlich in den inserierten Anforderungen (Graphik 1): Häufigste Top-Anforderungen sind Ausbildung, Führungs-, Kommunikations- und Sektorkompetenzen sowie Zusammenarbeit. Sprachen, Realisierungs-, Markt-, Fach- und Betriebskompetenzen werden jedoch nur gelegentlich explizit gefordert. Noch seltener gefragt erscheinen Verantwortlichkeit, Konstruktivität, Flexibilität, Charisma und vor allem der sichere Auftritt.

Häufigste Front-Anforderungen sind Ausbildung, Sprachen, Kommunikations- und Sektorkompetenzen, auch Fach- und Marktkompetenzen sowie Zusammenarbeit. Nur gelegentlich sind Betriebs- und Realisierungskompetenzen sowie Konstruktivität und Verantwortlichkeit in den Stelleninseraten explizit erwähnt. Seltener gefragt erscheinen Flexibilität, Führungskompetenz und ebenfalls überraschend selten der Auftritt.

Im Vergleich werden viel mehr Front-Anforderungen inseriert, vor allem Sprachen, Kommunikations-, Sektor- und Marktkompetenzen, aber auch Fachkompetenzen und Konstruktivität. Deutlich zahlreicher sind die Top-Anforderungen nur bei Führungskompetenzen, teils auch bei Realisierungskompetenzen und beim explizit selten gefragten sicheren Auftritt.

Fünf Persönlichkeitsdimensionen

Die Anforderungen unterscheiden sich nicht nur in unzähligen Kriterien und fünfzehn Eigenschaften, sondern auch in fünf zentralen Dimensionen als Ausdruck der gesuchten Persönlichkeiten (Graphik 2). Auf dieser Ebene sind die häufigsten Top-Anforderungen in absteigender Reihenfolge Interaktions-, Berufs- und Verhaltenskompetenzen, Basisqualifikationen und Unternehmerkompetenzen. Häufigste Front-Anforderungen sind Interaktions- und Berufskompetenzen, dann Basisqualifikationen, schliesslich Verhaltens- und Unternehmerkompetenzen.

Wie bei den Eigenschaften verlaufen die Führungsprofile auch in den Dimensionen nur auf den ersten Blick parallel: erstaunlicherweise sind die Top-Anforderungen nur zahlreicher in den Interaktionskompetenzen, die Frontanforderungen in den Basisqualifikationen sowie Berufs-, Verhaltens- und Unternehmerkompetenzen. Hier offenbart sich indirekt die tragende Rolle der Unternehmensfront.

Top-Positionen im Sektorenvergleich

Die Anforderungen an Top-Positionen bei Dienstleistungen und Staat/NGO verlaufen ausserordentlich parallel in fast allen Persönlichkeitsdimensionen (Graphik 3). Ausgehend von Staatsverwaltungen mit wachsendem Service-Public-Anspruch erscheinen diese Ähnlichkeiten durchaus plausibel. In beiden Sektoren relativ selten gefragt sind die «Unternehmerkompetenzen», insbesondere «Kundenorientierung»: offenbar ist Orientierung an Bevölkerungsanliegen für inserierte Top-Kader vor allem beim Staat immer noch keine explizite Anforderung. Anders sind die Verhältnisse im Produktionssektor mit weniger Anforderungen an Berufskompetenzen, insbesondere Betriebskompetenzen. Anderseits sind in der Produktion die Anforderungen an Verhaltenskompetenzen deutlich ausgeprägter: Gefragt sind Konstruktivität und Verantwortlichkeit sowie Unternehmertum, vor allem Realisierungskompetenzen.

  • * 120 Stelleninserate in der deutschen Schweiz, 31 Inserate aus Zeitungsbeilagen, 89 aus Internetplattformen, 51 Inserate für Top-Positionen, 69 für Front-Positionen, sektoral 60 Dienstleistungen inkl. ICT/Finanzen/Handel, 44 Produktion/Industrie und 16 Staat/NGO; Analyse Januar 2014 von Feger Marketing Analysen, Rheinfelden.
     
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Jakob Abraham ist freischaffender Journalist in Frick und absolvierte im Januar 2014 ein Fachpraktikum bei Feger Marketing Analysen.

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Jens Feger ist Inhaber von Feger Marketing Analysen für Marktforschung und Organisationsberatung in Rheinfelden.

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