Sommerserie

«Indien hat Nachholbedarf bei Soft Skills»

Andere Länder, andere Sitten. Das gilt auch für das HR. In unserer Sommerserie stellen wir die Personalarbeit in den unterschiedlichsten Ländern vor. Waseem Hussain gibt Einblick in die indische HR-Welt.

Herr Hussain, was sind die aktuellen HR-Trends in Indien?

Waseem Hussain: Es ist etwas paradox: Im Westen ist man immer noch überzeugt, dass der indische Talentpool unerschöpflich sei. Doch die Realität sieht längst anders aus, auch in Indien findet ein «War for Talents» statt. Der eine grosse HR-Trend lautet daher «Data Analytics». Hier geht es darum, aus der riesigen Masse an möglichen Mitarbeitern einerseits und den Businessanforderungen anderseits die ideale Schnittmenge zu identifizieren. Der andere Trend betrifft die Pensionierung. Wie bei uns im Westen stellt sich die Frage, wie man eine allfällige Frühpensionierung fair gestaltet, während man anderen Mitarbeitern eine späte Pensionierung schmackhaft macht.

Vor welchen Herausforderungen steht das HR in Indien langfristig?

In Indien werden im Rahmen der firmeninternen Aus- und Weiterbildung in der Regel nur technische Schulungen durchgeführt. Dies hat damit zu tun, dass Indien mitten in seiner eigentlichen Industrialisierung steht. Da ist es klar, dass vor allem technische Skills gefragt sind. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass mehr und mehr Firmen sich durch eine hohe Dienstleistungsqualität von der Konkurrenz abheben wollen. Das HR muss daher die Geschäftsleitung davon überzeugen, dass Soft Skills gleich wertvoll und wichtig für den Unternehmenserfolg sind.

Zur Person

Waseem Hussain, Schweizer mit indischen Wurzeln, spricht neben Deutsch und Englisch die indischen Sprachen Hindi und Urdu und ist oft in Indien. Er ist interkultureller Trainer und Berater mit Spezialgebiet Indien. Hussain hat bereits mehr als 10’000 Fach- und Führungskräfte darin geschult, erfolgreich mit indischen Partnern zusammenzuarbeiten. www.marwas.ch

Wo hat das HR in Indien Nachholbedarf?

In vielen indischen Firmen ist das HR eher in der Rolle des «Prozess-Wachhundes»: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen immer wieder aufwändige Tools bedienen und Formulare ausfüllen, damit HR seinen Job machen kann. Das HR muss aber zum Dienstleister und Berater werden. Nur so wird es sowohl von den Mitarbeitenden als auch vom Management als Mehrwertpartner wahrgenommen.

Worauf muss das HR im Umgang mit den Mitarbeitenden achten? Was ist den Mitarbeitenden in Indien wichtig?

Hat man es mit Mitarbeitenden zu tun, die gerade erst der Armut oder unteren Einkommensschicht entfliehen, stehen Geld und Status im Vordergrund. Handelt es sich dagegen um Mitarbeitende, die bereits zur Mittelschicht oder oberen Mittelschicht gehören, sind Work-Life-Balance, Weiterbildung und Auslandseinsatz die wichtigen Themen.

Wie wollen die Mitarbeitenden in Indien geführt werden?

Bei der jungen, urbanen Bevölkerung setzt sich allmählich der Wunsch durch, kreativ zu arbeiten, Hierarchien zu überwinden und quer über alle Bereiche mitzuwirken. Also ein typisches Generation Y-Verhalten. Etwas anders sieht es bei der suburbanen und ländlichen Bevölkerung aus. Dort herrscht weiterhin das traditionelle, hierarchische Führungsmodell vor.

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