Human Capital Trend Report 2016

«Jährliche Mitarbeiterbefragungen sind überholt»

Der Human Capital Trend Report 2016 des Beratungsunternehmens Deloitte hat weltweit HR-Führungskräfte nach Trends befragt, darunter auch über 100 HR-Verantwortliche in der Schweiz. Sarah Kane, Partner Human Capital bei Deloitte, erläutert im Interview die wichtigsten Ergebnisse und ihre Bedeutung.

Frau Kane, welche Top-3-Trends haben sich für die Schweiz ergeben?

Sarah Kane: Zu den Top 3 HR-Trends gehören die Organisationsstruktur, das Mitarbeiterengagement und das Thema Führung.

Was bedeutet das?

90 Prozent der befragten Unternehmen denken darüber nach, ihre organisationalen Strukturen zu ändern oder sind bereits mitten im Change-Prozess drin. Dies vor dem Hintergrund der hohen Dynamik, welche Unternehmen feststellen: Der demographische Wandel, wirtschaftliche Unsicherheiten und die Digitalisierung stellen sie vor grosse Herausforderungen. Unternehmen müssen sich schnell neu erfinden und vor allem den Mitarbeitenden mehr Eigenverantwortung übertragen. In Zukunft gibt es immer mehr flexible Teams, die sich projektbezogen jeweils neu zusammensetzen.

Wie wirkt sich das auf das Führungsverhalten aus?

Wenn sich die Organisation ändert, muss sich auch der Führungsstil ändern. So ist Führung denn auch der zweite grosse Trend. Der traditionelle Chef, der an der Spitze der Hierarchie steht, ist veraltet. Heutige Führungskräfte müssen in Teams zusammenarbeiten können, innovativ sein und in Netzwerken arbeiten können. Zudem müssen sie dafür sorgen, dass die Organisation agil bleibt. Wichtig für Unternehmen ist es auch, genügend Talente zu rekrutieren und genügend Führungskräfte in der Pipeline zu haben, also über eine gute Nachfolge-Planung zu verfügen. Zudem müssen sie Technologie-affin sein und mit der Digitalisierung umgehen können.

Als dritten Trend haben Sie das Mitarbeiter-Engagement identifiziert. Was hat es damit auf sich?

Um Mitarbeiter zu gewinnen und sie an das Unternehmen zu binden, sollte ihnen ein positives, motivierendes und flexibles Arbeitsumfeld geboten werden. Aufgabe von HR ist es, verschiedene Typen im Unternehmen zu identifizieren, überlegen, was ihnen wichtig ist und wo sie Prioritäten setzen. Danach muss die HR-Strategie entsprechend angepasst und diese Gruppen gemäss ihren Interessen  behandelt werden. Je nach Bedürfnis der Mitarbeitenden, beispielsweise in der Form von einer entsprechenden Vergütung oder andere flexible Arbeitszeiten, gilt es diese abzuholen.

Wie lässt sich herausfinden, was Mitarbeitende wollen?

Um herauszufinden, wo den Mitarbeitenden der Schuh drückt, sind jährliche Mitarbeiterbefragungen überholt. Vielmehr muss fortlaufend Feedback eingeholt werden, regelmässig und auf eine einfache Art und Weise, mit dem Ziel, eine Feedbackkultur zu entwickeln. Und aufgrund der Resultate müssen allenfalls der Führungsstil, die Unternehmenskultur oder die Kommunikation angepasst werden. Das sorgt dann auch wieder für ein höheres Mitarbeiterengagement. Wichtig ist, der Arbeit einen Sinn geben zu können, das brauchen insbesondere die Millennials. Dieser Sinn muss mit der Unternehmensvision verknüpft werden.

Welche Rolle spielt dabei HR?

HR muss nicht mehr einfach Prozesse aufgleisen, sondern wird zum Chief Talent Officer und muss die Geschäftsstrategie mit der Talentstrategie verbinden. HR wechselt also von der administrativen Rolle in die Rolle des Talentfinders. Dafür müssen Personalverantwortliche verstehen, wie man Talente findet und bindet und sie weiterentwickelt. Generell wird die Funktion von HR aber positiver wahrgenommen als noch vor drei Jahren, wie unsere Studie zeigt.

Wo haben Schweizer Unternehmen noch Nachholbedarf?

Gemäss Studie hat das HR in der Schweiz vor allem Nachholbedarf beim Thema People Analytics. Heute werden Daten vor allem rückblickend genutzt, wichtig wäre aber auch, Daten zu verwenden, um Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. So lässt sich aus den Daten etwa ableiten, über welche Eigenschaften ein guter Recruiter verfügt. Und diese Infos kann das HR dann fürs Recruiting nutzen. Ebenso an Bedeutung gewinnen in diesem Zusammenhang die analytischen Fähigkeiten, um mit den Daten überhaupt arbeiten zu können.

Zur Studie

Für den Human Capital Trend Report 2016 von Deloitte wurden weltweit über 7000 HR-Führungskräfte aus 130 Ländern befragt, darunter über 100 aus der Schweiz. Die ausführliche Studie ist online hier verfügbar:

Hier gehts zu den Schweizer Resultaten.

 

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