Recruiting

Jobabsagen – so geht es richtig

Kandidatinnen und Kandidaten investieren oft mehrere Stunden in ein Bewerbungsschreiben. Wollen Unternehmen einen positiven Eindruck hinterlassen, sollten sie dies wertschätzen – gerade auch bei Absagen. Worauf Recruiter bei Jobabsagen achten müssen.

Manche Firmen bieten ihren Mitarbeitenden tolle Vergünstigungen, super Arbeitsbedingungen und interessante Weiterbildungen an. Doch all diese Benefits nützen dem Arbeitgeber nichts, wenn Kandidatinnen und Kandidaten bereits beim Bewerbungsverfahren vergrault werden. Wer dort nämlich schlechte Erfahrungen macht (Stichwort Candidate Experience), nimmt die Stelle vielleicht doch nicht an oder bewirbt sich nach einer Absage kein zweites Mal, obwohl er auf die neue Stelle perfekt passen würde.

Gerade bei Jobabsagen können Recruiter einiges falsch machen, wie der viel geklickte Artikel «Jobabsagen – so bitte nicht» zeigte. Doch wie geht es denn eigentlich richtig?

Wertschätzung

Für Personalmarketing-Experte Henner Knabenreich ist Wertschätzung zentral. «Es ist bereits ein Zeichen von Wertschätzung, überhaupt eine Absage zu schicken», sagt der deutsche Blogger, und spielt dabei auf die unsägliche Tatsache an, dass viele Firmen auf Bewerbungen überhaupt nicht reagieren. «Eine Bewerbung zu erstellen dauert gemäss einer Studie im Durchschnitt zwei bis drei Stunden. Es ist ein Zeichen von Wertschätzung, ein Lebenszeichen zu senden.» Für die Kandidaten sei es besser, eine Absage zu erhalten, als gar nichts vom Unternehmen zu hören.

Eine wichtige Rolle spielt auch der Zeitfaktor. Eine Eingangsbestätigung der Bewerbung sollte möglichst rasch erfolgen. Denn viele Jobsuchende verschicken mehrere Bewerbungen und sagen möglicherweise dem zu, der am schnellsten reagiert. «Vielfach wird eine Bestätigung automatisiert verschickt», sagt Knabenreich.

In die Kandidaten hineinversetzen

Dem zeitlichen Ablauf misst auch Marcel Widmer, Jobcoach, Personalberater und Inhaber der Widmer Consulting GmbH, eine hohe Bedeutung bei. «Wenn ein Bewerber zwei Wochen lang nichts vom Unternehmen hört, dann ist das zu lange», betont er. Für einen Kandidaten seien nur schon zwei bis drei Tage eine lange Zeit, wenn es um seine Bewerbung geht. Für den Personalverantwortlichen dagegen vergehe die Zeit im Rekrutierungsstress vermutlich wie im Fluge. «Wichtig ist deshalb, dass sich die Verantwortlichen in die Kandidaten hineinversetzen», rät Widmer.

Er selber handhabt Bewerbungen folgendermassen: Kommt ein Schreiben herein, schaut er es durch. Passt der Kandidat seiner Meinung nach zur Stelle, erhält er eine Empfangsbestätigung. Ist sofort klar, dass er ungeeignet ist, erhält er direkt eine freundliche Absage. «Ich achte darauf, dass Bewerber innerhalb von 24 Stunden eine Empfangsbestätigung erhalten und danach einmal pro Woche wieder von mir hören – und sei es auch nur, um ihnen mitzuteilen, dass es noch etwas dauert.»

Kommt es zu einer Absage, legt Widmer Wert darauf, offen und ehrlich zu kommunizieren und im Idealfall auch zu begründen, warum eine Absage erfolgte. Wie Henner Knabenreich ist es ihm wichtig, wertschätzend zu kommunizieren. Hat er Kandidaten zu einem Gespräch eingeladen, sagt er nicht schriftlich, sondern telefonisch ab. «In der Vorselektionsphase genügt eine schriftliche Absage», so Widmer. Fragt jemand auch bei einer schriftlichen Absage nach dem Grund, so nimmt er sich die Zeit und Mühe, die Frage zu beantworten.

Persönlich und freundlich

Für Henner Knabenreich machen oft nur schon kleine Details ein gutes Bewerbungsschreiben aus: Der Absagebrief sollte nicht einfach mit «Sehr geehrter Bewerber» beginnen, sondern personalisiert sein. «Im Schreiben selbst bedankt man sich für die Bewerbung und bedauert, sich gegen den Bewerber entschieden zu haben», gibt Knabenreich konkrete Tipps. Sei die Kandidatin interessant, sei auch ein Verweis auf die Karriereseite des Unternehmens hilfreich, denn möglicherweise passt die Person ja zu einer anderen Stelle.

Eine Absage ist immer hart, aber man kann sie entschärfen, indem man einen netten, wertschätzenden Umgangston wählt. «Das gilt übrigens auch fürs Telefon» sagt Knabenreich. Denn mancher Bewerber greife zum Telefon, um nach dem Stand der Dinge in Bezug auf seine Bewerbung zu fragen. «Zum Teil wird er dann am Telefon unwirsch behandelt, das ist natürlich schlecht und spricht nicht für das Unternehmen.»

Absage begründen?

Ob die Absage begründet werden soll oder nicht, ist für Knabenreich ein zweischneidiges Schwert. «In Deutschland raten Arbeitsrechtler den Unternehmen, den Grund nicht zu verraten, um sich vor möglichen Klagen zu schützen», weiss der Personalmarketing-Fachmann.

Auch Reto Sutter, Rechtsanwalt und Arbeitsrecht-Autor für HR Today, empfiehlt, Absagen nicht zu begründen, und wenn, sie allgemein zu halten. «Sonst bietet man eine Angriffsfläche», warnt der Experte. Generell gelte, dass eine Absage weder die Persönlichkeit verletzen noch diskriminierend sein darf. «Jemandem abzusagen, weil er zu dick ist, ist ebenso persönlichkeitsverletzend wie eine Absage wegen roten Haaren», erläutert Sutter. Diskriminierend ist eine Absage im Grundsatz dann, wenn sie aufgrund des Alters, Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung erfolge. Jemandem abzusagen, weil er eine bestimmte «Alterslimite» überschritten habe, ist in der Regel also klar unzulässig.

Ein bunt schillerndes Employer Branding nützt alles nichts, wenn man die Bewerber auf den letzten Metern vergrault, sagt Henner Knabenreich. «In vielen Fällen können sich Bewerber aussuchen, bei wem sie arbeiten wollen. Sie sind keine Bittsteller mehr. Das müssen Unternehmen beachten – auch bei Absagen» mahnt Knabenreich. «Genauso wenig, wie man nicht nicht kommunizieren kann, kann man nicht nicht an seiner Arbeitgebermarke arbeiten.»

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