Karriereplattform

whatchado – «das Wikipedia der Lebensgeschichten»

Die in Wien gegründete Karriereplattform whatchado ist seit August auch in der Schweiz online. Das «Wikipedia der Lebensläufe» stellt in Videoporträts die Berufe der unterschiedlichsten Menschen vor. Ziel ist es, jungen Berufseinsteigern, aber auch erfahrenen Berufsleuten und Umsteigern Orientierung im Berufsfeld-Dschungel zu geben.

Es gibt Menschen, die eine ganz klare Vorstellung davon haben, wie ihr Traumjob aussieht. Die genau wissen, wohin ihr Karriereweg gehen soll. Doch es gibt auch sehr viele Menschen, die keinen Plan haben, nicht wissen, was sie wollen, und noch viel weniger, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt. Einer von ihnen war Ali Mahlodji. Als 14-Jähriger kam er als Flüchtling aus dem Iran nach Wien. Schon damals träumte er von einem «Handbuch der Lebensgeschichten», in dem jeder nachschlagen konnte, was es für Berufe gibt. Doch das gab es zu der Zeit noch nicht und Ali Mahlodji wusste nicht, was denn sein Traumjob sein könnte. Er brach die Schule ab, arbeitete als Unternehmensberater, als Lehrer, doch seine Idee vom Handbuch liess im keine Ruhe. Mit der Verbreitung des Internets wurde dieser Traum langsam konkret, und 2011 war es soweit: Ali Mahlodji programmierte mit seinem besten Freund eine kleine Webseite, auf der am Anfang ein paar Dutzend Menschen ihre Arbeit vorstellten. Die Karriereplattform whatchado war geboren. Nicht als Handbuch, sondern als Wikipedia der Lebensgeschichten.

Die Welt retten

«Unsere Idee war: Wir wollten die Welt retten», erzählt der heute 33-Jährige schmunzelnd. «Oder zumindest das Weltbild einer Person ändern.» Dieses Vorhaben erregte grosse mediale Aufmerksamkeit in Wien, und immer mehr Unternehmen meldeten sich bei Ali Mahlodji und wollten ebenfalls mitmachen.

Das Prinzip ist einfach: Jeder Person werden die genau gleichen sieben Fragen gestellt und auf Video aufgenommen: Worum gehts in deinem Job? Was ist das Coolste an deinem Job? Welche Einschränkungen bringt dein Job mit sich? Mit Hilfe dieser Fragen erhalten die Zuschauer einen authentischen Einblick in den Beruf und merken schnell, ob diese Arbeit sie ebenfalls reizen würde.

Doch da viele Menschen ja nicht wissen, welcher Beruf sie interessiert, wissen sie auch nicht, wonach sie suchen sollen. Immerhin gibt es inzwischen schon rund 2500 Portäts auf whatchado. Deshalb haben die Gründer ein Matching entwickelt: Die Besucher füllen einen Fragebogen aus und erhalten in der Folge Porträts von Personen angezeigt, die ähnliche Interessen und Vorstellungen haben. So erhalten sie Einblick in Berufe und Unternehmen, an die sie vielleicht noch gar nie gedacht haben. Sie finden nicht nur Jobs, sondern auch Unternehmen, die zu ihnen passen.

Vorteile für das HR

Logisch, dass davon auch die Unternehmen profitieren: Einerseits können sich so allfällige Jobkandidaten ein genaues Bild von ihrer zukünftigen Arbeit machen, andererseits erhalten sie auch Bewerbungen von Kandidaten, die zuvor noch nie auf die Firma aufmerksam wurden. Die Unternehmen entdeckten whatchado als Employer-Branding-Instrument, konnten sie doch über die Plattform ihre Organisation und ihre Mitarbeiter (kostenpflichtig) vorstellen. Das gefiel auch der Deutschen Bahn, die bei whatchado anklopfte und ebenfalls ihre Laufbahnen vorstellen wollte. Das war der Anfang der Expansion von whatchado nach Deutschland; im Januar 2013 wurden die ersten Videos bei der Deutschen Bahn gedreht.

Jörg Buckmann, Leiter Personalmanagement der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ), war ebenfalls begeistert von whatchado und fragte Ali Mahlodji, ob er denn nicht auch in die Schweiz expandieren wolle. Wollte er. Seit August ist die Plattform in der Schweiz online. Und soeben wurden 24 Mitarbeiter der VBZ porträtiert, deren Videos demnächst auf whatchado aufgeschaltet werden. Bereits online ist das Porträt von Tatjana Strobel. Die in Zürich wohnende Expertin für Körpersprache ist auch Kolumnistin auf hrtoday.ch und verantwortlich für die Serie «Körpersprache im Vorstellungsgespräch». «Ich finde die Plattform super, da sie jungen oder interessierten Menschen die Möglichkeit gibt, Berufe unter die Lupe zu nehmen sowie pro und contra zu beleuchten», sagt Tatjana Strobel.

Das ist eine Bedingung von whatchado: Nicht nur die positiven Seiten des Berufs werden beleuchtet, auch die Frage nach den Einschränkungen muss beantwortet werden. «Damit die Menschen wissen, was auf sie zukommt, und sie nicht später aus genau diesem Grund kündigen», erläutert Mahlodji. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird nicht porträtiert. «Wir mussten auch schon Firmen ablehnen, die nur ein Image-Video machen wollten», sagt der Wiener. Würde er das zulassen, wären die Glaubwürdigkeit und damit auch die User weg.

Mit der Expansion ins Ausland wuchs auch whatchado: Waren an der Gründung vier Leute beteiligt, so sind es heute 34. 110 bis 120 Porträts drehen sie pro Monat, und es sollen noch mehr werden. Pro Monat erreicht die Plattform mehr als eine halbe Million Menschen. Das Credo von Ali Mahlodji ist: «Für jedes bezahlte Video drehen wir ein unbezahltes.» Denn whatchado sei nur authentisch, wenn ganz viele verschiedene Porträts drauf sind.

Das Konzept von whatchado scheint zu überzeugen: Die Plattform wurde etliche Male ausgezeichnet und gewann diverse Awards in den Kategorien HR, Kommunikation und Nachhaltigkeit. Gründer Ali Mahlodji ist zum EU-Jugendbotschafter auf Lebenszeit ernannt worden. Was den ehemaligen Schulabbrecher ganz besonders freut.

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