Arbeitsrecht

Hindernisse und Fallen im Umfeld von Kündigungen

Vor welche besonderen Herausforderungen werden Linienvorgesetzte und HR gestellt, wenn sie sich von Mitarbeitern trennen müssen? Wo lauern insbesondere auf der juristischen Seite die Stolpersteine, die solche Trennungen neben der persönlichen Situation noch zusätzlich erschweren? Ein Überblick über die verschiedenen Formen von Kündigungen und häufige Fehler.

Das Arbeitsrecht ist eines der konfliktgeladensten Rechtsgebiete. Das zeigt sich besonders im Zusammenhang mit Kündigungen. Right Management Schweiz AG hat eine Arbeitsrechtsspezialistin eingeladen, die an einem ihrer Kunden-Anlässe ausführte, wie das Konfliktpotential bei Kündigungen möglichst gering gehalten werden kann.

Schwachstellen von Trennungen vermeiden

«Viele unserer Kandidaten erzählen uns von Schwachstellen während der Trennung» erklärt Felix Merkli, Managing Director bei Right Management Schweiz, wieso er dieses Thema für so wichtig hält. Er eröffnete den Anlass mit dem Hinweis, dass sein Team davon überzeugt sei, dass «eine faire und richtige Trennung eine ganz wichtige Basis ist für die betroffenen Menschen, um wieder Fuss zu fassen und um ein weiteres berufliches Weiterkommen zu sichern». Aber auch für die zurückgebliebenen Mitarbeiter sei es von grosser Bedeutung, wie die Trennungen ihrer Kollegen stattfinden und ausgeführt werden. Wichtig für Unternehmen sei es, das Konfliktpotenzial bei Trennungen möglichst gering zu halten.

Eine Frage des Stils und der Fairness

In der Regel kann eine Kündigung grundlos ausgesprochen werden. Astrid Lienhart (Arbeitsrechtspezialistin) wies jedoch darauf hin, dass im Falle eines bestehenden Gesamtarbeitsvertrags die abweichenden Bedingungen beachtet werden sollten. Obwohl eine Kündigung grundlos ausgesprochen werden kann, hat der Arbeitsnehmer trotzdem das Recht, dass die Kündigung schriftlich begründet wird. Wenn einem Arbeitnehmer die Kündigungsabsicht bereits im Vorfeld mitgeteilt wird, ist dies oftmals von grossem Vorteil für die weitere Zusammenarbeit. Die Rechtsspezialistin rät, die Kündigung jeweils per Einschreiben oder durch persönliche Übergabe mit Quittung auszusprechen. Der Erhalt der Kündigung müsse vor Ende des Monats erfolgen, so könne die Kündigungsfrist rückwärts ab dem Beendigungstermin gerechnet werden.

Als «heisses Eisen» bezeichnete die Anwältin die fristlose Kündigung. Diese ist nur in einem von zwei Fällen rechtens: entweder bei sehr schwerwiegenden Vorfällen oder bei der Wiederholung eines weniger schwerwiegenden, aber dennoch unerwünschten Verhaltens durch den Arbeitnehmer trotz schriftlicher expliziter Verwarnung mit Kündigungsandrohung. Um einen schwerwiegenden Vorfall handelt es sich, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien ein für alle Male komplett zerstört wird und deshalb eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist. Beispiele dafür: Diebstahl im Betrieb oder die Konkurrenzierung des Arbeitgebers. Die Referentin weist eindringlich darauf hin, dass weniger schwerwiegende Vorfälle eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen. Bei einer fristlosen Kündigung ist unbedingt darauf zu achten, dass diese sofort (innerhalb von 2-3 Arbeitstagen) nach einem Vorfall ausgesprochen wird. Ein längeres Abwarten würde einen Rechtsverlust bedeuten, weil das Abwarten als Zugeständnis gewertet wird, dass das Vertrauensverhältnis offenbar doch nicht zerstört ist. Doch wie können Risiken grösstenteils vermieden werden? Die Anwältin wies darauf hin, dass fristlose Kündigungen oftmals Probleme verursachen. Sie rät deswegen, im Zweifelsfalle eine ordentliche Kündigung auszusprechen und den Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist freizustellen. Unbedingt solle ein Anwalt konsultiert werden, bevor eine fristlose Kündigung ausgesprochen wird. Denn bei einer unrechtmässigen fristlosen Kündigung werde nicht nur der Lohn bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigung geschuldet, der Arbeitnehmer könne zudem eine Pönalentschädigung von maximal sechs Monatslöhnen einklagen. Dazu kämen die eigenen Anwaltskosten, Parteientschädigungen sowie die angefallenen Gerichtskosten.

Vorwurf der Missbräuchlichkeit nie gänzlich ausgeschlossen

Ein weiterer schwieriger Punkt ist die missbräuchliche Kündigung. Missbräuchlich ist eine Kündigung, wenn eine Partei sie ausspricht, ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln. Dies ist der Fall, wenn einem Arbeitnehmer kurz vor Erhalt eines Dienstaltersgeschenks gekündigt wird. Auch die Rachekündigung gehört dazu. Diese ist unter anderem gegeben, wenn dem Arbeitnehmer gekündigt wird, weil er die Rückerstattung eines ungerechtfertigten Abzugs geltend macht. Missbräuchlich ist auch eine Kündigung, wenn sie wegen persönlichen Eigenschaften ausgesprochen wird. Dies ist der Fall, wenn dem Arbeitnehmer wegen seiner Rasse, Religion oder seines Alters gekündigt wird. Die Arbeitsrechtsspezialistin weist darauf hin, dass auch die Art und Weise einer Kündigung missbräuchlich sein kann. Einer Klage vorbeugen könne Fairness und Transparenz in der Mitarbeiterführung sowie eine vorsichtige Formulierung der Kündigungsbegründung. Die Beweislast für eine missbräuchliche Kündigung liegt beim Arbeitnehmer. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Kündigung älterer, langjähriger Mitarbeiter. Der Arbeitgeber hat gegenüber älteren Arbeitnehmern oder Mitarbeitern mit vielen Dienstjahren eine erhöhte Fürsorgepflicht. Diese betrifft Mitarbeiter über 55 Jahren oder solche, die länger als 20 Jahre bei der Firma angestellt sind. Bei 60-jährigen Arbeitnehmern reicht es bereits, wenn sie mehr als 10 Jahre angestellt waren und bei 64-jährigen beginnt die erhöhte Fürsorgepflicht, wenn sie mehr als 6 Jahre für die Firma arbeiten. Ob eine erhöhte Fürsorgepflicht besteht, sollte bei einem Anwalt abgeklärt werden.

Aufhebungsverträge: praktisch aber anspruchsvoll

Einen Arbeitsvertrag ohne oder mit verkürzter Kündigungsfrist zu beenden, kann für den Arbeitgeber gefährlich werden. Denn es ist der Grundgedanke des Arbeitsrechts, dass die sozial schwächere Partei (der Arbeitnehmer) geschützt wird. Daraus entstand diese Einschränkung der Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht. Die Kündigungsfrist sollte wenn möglich eingehalten werden, damit der Arbeitnehmer genügend Zeit erhält, sich bei anderen Firmen zu bewerben und einen neuen Job zu finden. Denn eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt auch zu einer vorzeitigen Arbeitslosigkeit. Somit besteht das Risiko, dass die Arbeitslosenkasse die Gültigkeit eines Aufhebungsvertrages in Frage stellt. Auch im Falle einer möglichen Aufhebungsvereinbarung sollte sich der Arbeitgeber überlegen, ob er nicht besser den Arbeitnehmer ordentlich kündigt und per sofort freistellt. Mögliche Probleme können so umgangen werden, rät die Referentin Astrid Lienhart.

Stakeholder frühzeitig kontaktieren

Doch was geschieht, wenn gleich mehrere Personen entlassen werden müssen? Wie ist das Vorgehen in diesem Fall? Auch der HR-Verantwortliche eines grossen Industrieunternehmens wies darauf hin, dass die Trennung von Mitarbeitern sehr anspruchsvoll, menschlich und emotional sein kann. «Sag mir, wie ein Projekt beginnt und ich sage dir, wie es endet.» Mit diesen Worten erklärte der HR-Manager, wie wichtig die Vorbereitung bei Projekten ist. Bereits, wenn sich eine mögliche Massenentlassung abzeichnet, sollten die Projektmitarbeiter zusammengetrommelt und ein Projektplan für den Notfall erstellt werden. Er rät, bereits im Vorfeld mögliche Szenarien durchzugehen sowie Massnahmenpläne zu erstellen. Er empfiehlt Arbeitgebern dringend, frühzeitig mit der Planung zu beginnen. Dabei sei aber sehr wichtig, diese Vorbereitungen sorgfältig zu kommunizieren, da diese Informationen noch nicht ausgereift seien und die Mitarbeiter nicht verunsichern sollten. Trotzdem sei es eine grosse Hilfe, schnellstmöglich alle Stakeholder über eine mögliche Massenentlassung zu informieren. Der HR-Manager erklärt, dass im Normalfall alle Parteien sehr gut auf die Mitteilung reagierten. Vielen würden sogar ihre Unterstützung anbieten. Die Planung der Information der Mitarbeitenden hingegen sei oftmals sehr nervenaufreibend und könne sich als extrem schwierig zeigen. Der HR-Verantwortliche erzählte, dass einige Firmen ihre Mitarbeitenden jeweils im Plenum informiert hatten. Er hingegen würde dies nicht so machen.

Mitarbeiter in Einzelgesprächen über die Kündigungsabsicht informieren

Die Mitarbeiter in Einzelgesprächen über die Kündigungsabsicht zu informieren sei der bessere Weg. Hier sei sehr wichtig, dass man sich als HR den unangenehmen Fragen der Arbeitnehmer stelle. Der HR-Manager wies darauf hin, dass sich der Aufwand lohne. Viele Mitarbeiter würden sich bei den Begleitpersonen bedanken, dass sie in Einzelgesprächen von der Kündigung erfahren hätten und nicht im Plenum. Als Tipp erwähnte der HR-Manager, dass es wichtig sei, die Einladungen frühzeitig zu versenden und einzurechnen, dass alles oftmals länger ginge als gedacht. Viele Mitarbeiter würden kurzfristig wegen persönlichen Umständen abwesend sein und so nicht zu den Gesprächen kommen können. Dies im Vorfeld einzuplanen, sei hilfreich. Die wichtigste Frage, die es im Vorfeld vorzubereiten gebe, sei eine Antwort auf die Frage: «Warum ich?». Diese Frage käme mit Bestimmtheit. Er rät HR-Managern deshalb, diese unbedingt beantworten zu können.

Erfahrene Begleitpersonen

Wichtig sei auch die Erfahrung der Begleitpersonen. Es sei unumgänglich, dass die HR-Manager in Gesprächsführung geüb, wenn möglich über jahrelange Erfahrung verfügten und dem Stress der Entlassungen gewachsen seien. Er rät Arbeitgebern, jeweils regelmässig Gespräche mit dem Team einzuplanen. Hier könne geklärt werden, in wieweit sich die HR-Manager belastet fühlten oder wie gewisse Prozesse verbessert werden könnten. Die Begleitpersonen würden täglich ungefähr 7-8 Gespräche pro Tag halten und so einem enormen Druck ausgesetzt sein. Es helfe deshalb enorm, im Team darüber zu reden. Viele würden sich emotional angeschlagen fühlen während dieser Zeit. Der HR-Verantwortliche erwähnte, dass vor allem auch die Hinterbliebenen im Team nicht vergessen gehen dürften. Viele werden verunsichert sein. Deswegen sei es wichtig, ihre Befürchtungen und Ängsten zu thematisieren und sie dadurch aufzufangen.

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Christina Haag

Christina Haag ist Sales- und Marketingspezialistin. Sie ist Inhaberin der Kreativagentur AGENCYch, die Unternehmen im Bereich Digital Marketing, Graphic Design und Story Telling unterstützt. linkedin.com/in/christina-haag

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