Frauen in der Führungsetage

Empowerment für Frauen: Acht Handlungsfelder

Viele Unternehmen bemühen sich um ihren Frauenanteil mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und Diversity-Guidelines. Trotzdem wechseln hochqualifizierte Frauen häufiger die Stelle und verlassen Unternehmen oft nach kurzer Zeit wieder. Höchste Zeit für einen Kulturwandel.

«Wie können wir für hochqualifizierte Frauen als Arbeitgeber attraktiver werden?» Diese Frage beschäftigt zurzeit viele Unternehmen. Im Betriebsalltag und beim Auswerten ihrer Personaldaten stellen sie oft fest, dass sie beim Vorhaben, ihren Frauenanteil bei Fach- und Führungskräften zu erhöhen, nicht so recht vorankommen. Das betrifft vor allem Bereiche, in denen die Technik eine grosse Rolle spielt und/oder in denen der Männeranteil traditionell sehr hoch ist. Problem: Frauen bevorzugen oft andere Arbeitgeber Speziell in den produzierenden und produktionsnahen Bereichen ihrer Organisation kämpfen viele Unternehmen aktuell noch mit folgenden Problemen:

  • Hochqualifizierte Frauen, die sie gerne als Mitarbeiterinnen gewinnen würden, geben ihnen nicht selten einen Korb und entscheiden sich stattdessen zum Beispiel für eine Forschungseinrichtung, ein Planungsbüro oder den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber.
  • Frauen, die sich für ihr Unternehmen als Arbeitgeber entscheiden, verweilen im Schnitt deutlich kürzer als Männer in ihm. Sie wechseln also schneller den Arbeitgeber. Problem: geringe emotionale Bindung ans Unternehmen

Das heisst aus Sicht der Personalverantwortlichen unter anderem: Frauen kommen seltener als Männer auch emotional in dem Unternehmen, bei dem gerade auf der Payroll stehen, an und sie entwickeln oft eine geringere Bindung zu ihm – zum Beispiel, weil die Kultur des Unternehmens noch sehr männerdominiert ist und sie im Arbeitsalltag in dieser «Männerwelt» noch mit zahlreichen verdeckten Widerständen kämpfen.

Dies wollen aktuell viele Unternehmen ändern. Deshalb seien nachfolgend einige Handlungsfelder genannt, in denen sie aktiv werden sollten, wenn sie erreichen möchten, dass nicht nur mehr Frauen den Weg zu ihnen finden, sondern sich in ihrer Organisation auch zuhause fühlen, weil sie dort akzeptiert und respektiert werden und wirksam werden können.

«Empowerment für Frauen» – eine vielschichtige Aufgabe

1. Umfassende Chancengleichheit

Unternehmen sollten, nein müssen sicherstellen, dass Frauen in ihrer Organisation dieselben Chancen wie Männer haben, Führungs- und Schlüsselpositionen nicht nur zu erlangen, sondern diese auch effektiv und befriedigend wahrzunehmen. Das erfordert mehr als ihnen dieselbe Bezahlung und dieselben Aufstiegschancen zu bieten und dass in den Unternehmenspublikationen Begriffe wie «Diversität», «Chancengleichheit», «Vereinbarkeit von Familie und Beruf» sowie «Work-life-balance» hervorgehoben werden.

2. Neuer Mindset

Stereotype und Vorurteile prägen oft noch das Alltagshandeln in den Unternehmen. So zum Beispiel die Vorstellung, Frauen seien weniger durchsetzungsfähig und stressresistent als Männer oder sie hätten eine geringere Affinität zur Technik.

Solche Stereotype werden heute zwar seltener als früher laut artikuliert, sie prägen aber in den Unternehmen noch vielfach den alltäglichen Umgang der Geschlechter miteinander. Entsprechend wichtig ist es, sie regelmässig zu thematisieren und durch Schulungen und Coachings zu überwinden.

3. Systematische Kulturveränderung

Das Erfassen und geschlechterspezifische Analysieren von personen-, funktions- sowie laufbahnbezogener Daten helfen dabei, Problemfelder zu erkennen und entsprechende Gegenmassnahmen zu ergreifen – und zwar nicht nur mit dem Ziel statistisch den Frauenanteil, sondern auch die Akzeptanz und Wertschätzung der Frauen zu erhöhen; ausserdem deren emotionale Bindung an das Unternehmen, wodurch auch ihre Verweildauer in ihm steigt.

4. Noch flexiblere Arbeitsmodelle

In diesem Bereich hat sich aus Frauensicht in den zurückliegenden Jahren in den meisten Unternehmen viel zum Positiven verändert. Als Beispiel seien hier nur die Stichworte Homeoffice, 4-Tage-Woche, Auszeiten für Pflege und Shared Leadership genannt. Trotzdem dürfen die Unternehmen nicht nachlassen, die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Frauen trotz ihrer häufigen Doppelbelastung in gewissen Lebensphasen Top-Positionen in ihnen nicht nur übernehmen, sondern auch befriedigend wahrnehmen können – und zwar im Dialog mit den betroffenen Frauen, damit deren individuelle Lebenssituation berücksichtigt werden kann.

5. Unterstützung bei der Netzwerk-Bildung

Unternehmen sollten firmeninterne Netzwerke für Frauen fördern, in denen diese sich austauschen und wechselseitig unterstützen können – und zwar nicht nur bereichs-, sondern auch standortübergreifend. Die moderne Informations- und Kommunikationstechnik bietet hierfür zahlreichen Möglichkeiten.

6. Mentoring und Coaching

Die Unternehmen sollten zudem Mentoring- und Coaching-Programme fördern, in denen erfahrene (bzw. etablierte) weibliche Führungskräfte ihre Kenntnisse und Erfahrungen an jüngere (bzw. neue) Kolleginnen weitergeben. Denn noch immer gilt: Frauen sind in Führungs- und Schlüsselpositionen zum Beispiel auf der Projektleiterebene mit teils anderen Herausforderungen als Männer konfrontiert – insbesondere, wenn das Gros der Mitarbeitenden sowie Führungskräfte in der jeweiligen Organisation beziehungsweise in dem Bereich, in dem sie arbeiten, noch Männer sind.

7. Sichtbarkeit und Wirksamkeit

Damit Frauen bereichsübergreifend eine hohe Akzeptanz und Wertschätzung erfahren, müssen auch die Früchte ihres Tuns und Wirkens sichtbar gemacht werden. Hierbei sollten ihre Arbeitgeber sie gezielt unterstützen zum Beispiel durch entsprechende Veröffentlichungen im Intranet oder in den Firmenpublikationen. Die Frauen sollten aber auch selbst stärker aktiv werden, im Bereich sich selbst und die eigenen Leistungen aktiv zu vermarkten. Unter anderem die Social Media bieten ihnen hierzu viele Möglichkeiten.

8. Vorbildfunktion der Geschäftsleitung

Noch immer gilt, die oberen Führungskräfte prägen massgeblich die Kultur einer Organisation. Entsprechend wichtig ist es, dass sich zum Beispiel die Geschäftsführung aktiv für Frauen in Führungs-/Schlüsselpositionen engagiert; des Weiteren, dass sie den Mitgliedern der Organisation als Vorbild für eine hohe Wertschätzung der Frauen und ihrer Leistung dient – unter anderem, indem sie weiblichen Talente in der Organisation aktiv unterstützt und den Dialog mit ihnen sucht.

Die Unternehmens- und Führungskultur muss inklusiver werden

In der von einer hohen Dynamik geprägten modernen Arbeitswelt spielt die Zusammenarbeit der beiden Geschlechter – nicht nur aufgrund des Fach- und Führungskräftemangels – eine Schlüsselrolle für den Erfolg von Unternehmen. Hierbei lautet das Ziel nicht, Männer zu verdrängen, sondern das Zusammenleben und die Führung in den Unternehmen vielfältiger und inklusiver zu gestalten.

Die nachhaltige Stärkung der Position von Frauen in Führungs-/Schlüsselpositionen erfordert eine umfassende und langfristige Strategie, die von einer Veränderung der Unternehmenskultur bis hin zu konkreten Förder- und Unterstützungsmassnahmen reicht. Diesen Entwicklungsprozess gilt es auch zu evaluieren, unter anderem damit die erreichten Veränderungen nachhaltig sind.

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Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt (www.ifidz.de). Im August 2020 erschien das neuste Buch der Managementberaterin und Vortragsrednerin «Die Führungskraft als Influencer: In Zukunft führt, wer Follower gewinnt».

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