Tagung

«Es gibt zu wenig gut ausgebildete Führungskräfte»

«Neue Führungskräfte braucht das Land» – unter diesem Titel organisierte die Basler Gesellschaft für Personal-Management (BGP) ein Podium. Vorstandsmitglied und Organisator Olivier Inhelder erklärt, was damit gemeint ist und welche Kompetenzen heute gefragt sind. 


Herr Inhelder, wie ist der Titel «Neue Führungskräfte braucht das Land» zu verstehen?



Olivier Inhelder: «Neu» hat eine doppelte Bedeutung: Zum einen «neu» im Sinne von mehr. Zurzeit gibt es zu wenig gut ausgebildete Führungskräfte. Zum anderen braucht es ein neues Verständnis von Führung, neue Ausbildungskonzepte, neue Kompetenzen, um die heutigen Herausforderungen zu meistern.



Inwiefern stellen Sie einen Führungskräftemangel fest?



Es fehlen Leute mit soliden Führungskompetenzen. Irgendeine Führungskraft findet sich immer, doch diese verfügt nicht zwingend über Leadershipkompetenzen.



Welche Kompetenzen sind denn gefragt?



Es braucht Change Manager – Menschen, die Veränderungsprozesse leiten können. Sie müssen fähig sein, die Leute ins Boot zu holen. Dazu brauchen sie emotionale Fähigkeiten, damit die betroffenen Personen die Änderungen mittragen. Eine Herausforderung ist auch die Personalgewinnung. Spezielle Kompetenzen sind nötig, um ein fähiges und ausgewogenes Team zusammenzustellen. 



Was macht einen guten Chef aus?



Er muss führen wollen und gerne mit Menschen zu tun haben. Mit Menschen umgehen zu können, bildet einen wesentlichen Teil der Führungsaufgabe. Chef-Sein im Nebenamt funktioniert nicht, denn wer hauptsächlich Experte in seinem Fachgebiet sein will, hat keine Zeit für Führung. Denn: Führung ist keine beiläufige Sache. 



Wie muss der Führungsnachwuchs ausgebildet werden?



Zuerst einmal muss man diejenigen finden, die für eine Führungsposition in Frage kommen, und eine solche auch anstreben. Gute Führungskräfte sind willens, sich etwas beibringen zu lassen. In der Führungsausbildung spielt die Persönlichkeitsentwicklung eine grosse Rolle. Neben der Fachkompetenz sind auch Selbst- und Sozialkompetenz wichtig. Eine angehende Führungskraft muss bereit sein, sich mit sich selbst, ihrer Art der Kommunikation, ihrem Menschenbild auseinander zu setzen – kurz: sie muss ihre Handlungen reflektieren. 




Zur Person

Olivier Inhelder (51), Organisationsberater und Coach BSO, ist Geschäftsführer des Netzwerks «Beratungspool». Er vermittelt je nach Anforderung Coachs, Berater und Trainer und vernetzt diese auch untereinander. Als Leiter der PE-Gruppe ist er im Vorstand der Basler Gesellschaft für Personal-Management (BGP).
www.beratungspool.ch.

 

Woran mangelt es den heutigen Vorgesetzten?



Es fehlt nicht allen dasselbe, aber einigen fehlt sicher die Kompetenz, um auch in schwierigen Situationen zielführend und erfolgreich zu führen. Die Schönwetterführung funktioniert relativ gut, doch bei Konflikten und Problemen sind sie schnell überfordert. Sie trauen sich aber nicht, Hilfe zu holen. Das kann sich gefährlich entwickeln: Mitarbeitende leisten nur noch Dienst nach Vorschrift und sind nicht mehr innovativ, mit dem Betrieb geht es wirtschaftlich abwärts. 



Welche Tipps haben Sie für solche Führungskräfte?



Sie sollen sich von aussen Hilfe holen, etwa in Form eines Coachings. Dort können sie beispielsweise Reflexionsfähigkeit lernen – neben Empathie und ganzheitlichem Denken ist das eine der wichtigsten Führungskompetenzen.



Ist Führung heute schwieriger als früher?



Heute gibt es grössere Herausforderungen als früher, die Wirtschaft ist komplexer und globaler geworden. Die Veränderungszyklen sind viel kürzer, Anpassungen sind schneller nötig. Früher war ein Konzept zwanzig Jahre lang gültig, heute sind alle paar Monate oder Jahre grundlegende Anpassungen nötig. Auch Kunden und Mitarbeitende sind anspruchsvoller als früher, sie erwarten mehr von Unternehmen. Viele Sachen im zwischenmenschlichen Umgang werden nicht mehr akzeptiert. Deshalb sind heute Empathie und Vertrauen gefordert. 

Gerade die Generation Y und die gut ausgebildeten Fachkräfte wissen, dass sie in einer starken Position sind; sie lassen sich nicht mehr alles bieten und haben hohe Erwartungen an die Führungsqualität. Die Führungskräfte müssen auf die individuellen Wünsche eingehen, das macht das Führen heute anspruchsvoller.

Veranstaltung der BGP: «Neue Führungskräfte braucht das Land»

Gäste im Talk und auf dem Podium:

  • Dr. Elisa Streuli: Dozentin und Beraterin in der Managementbildung, ZHAW
  • Angélique Hulliger: Leiterin Personalentwicklung und Ausbildung, Visana Services AG
  • Markus Iberg: Fachstelle Bildung Beratung Entwicklung, CWS-boco Suisse SA
  • Giuseppe Bruneo: Teilnehmer des Führungsnachwuchsprogramms der K-Tron

Video zum Thema Führung:

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