Employer Branding ist kein Nice-to-Have
Konsummarken sind heutzutage selbstverständliche Begleiter in unserem täglichen Leben. Die Diskussion über Arbeitgebermarken dagegen hat erst in den letzten Jahren an Intensität gewonnen.


«Der Employer Brand darf ruhig ein paar Ecken und Kanten haben.»
Ein Auslöser dafür ist der akute Fachkräftemangel. Das gestiegene Interesse an Employer Branding ist auch darin begründet, dass immer mehr Firmen erkennen, dass die Mitarbeitenden den entscheidenden Erfolgsfaktor im Wettbewerb ausmachen. Sie verorten richtigerweise Aufbau und Pflege der Arbeitgebermarke auf der strategischen Ebene und leiten davon die bedarfsorientierten Recruiting-Aktivitäten ab – und nicht umgekehrt.
Diese Unternehmen verstehen, dass es nicht darum geht, lediglich die vakanten Positionen zu füllen, sondern darum, die richtigen Arbeitskräfte zu finden, die ihr Know-how und Engagement an den kritischen Stellen im Unternehmen einbringen und so entscheidend zum Wachstum in den strategischen Unternehmensbereichen beitragen. Employer Branding ist nicht die Antwort auf den Fachkräftemangel; es ist eine Entscheidung des Unternehmens, Manpower als den kritischen Erfolgsfaktor einzuordnen und entsprechend die Strategie des Unternehmens darauf auszurichten.
Wer es versäumt hat, rechtzeitig auf der strategischen Ebene die Weichen für den Aufbau einer nachhaltigen Arbeitgebermarke zu stellen, wird es im künftigen Wettbewerb schwer haben. Ein Beispiel: Seit 2007 schliessen in der Schweiz mehr Frauen als Männer ein HR-Studium an einer Hochschule ab (Bundesamt für Statistik 2010). Welche Unternehmen haben diesen Fakt in ihrer strategischen Personaplanung berücksichtigt, um eine nachhaltige Kommunikation rund um die Arbeitgebermarke zu gewährleisten? Eine Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis der Präferenzen der weiblichen und der männlichen Nachwuchskräfte, die zum Teil erheblich voneinander abweichen.
Nachwuchskräfte legen Wert auf die Authentizität des Absenders
Die Punkte, die den Männern für ihre Laufbahn wichtig sind, wie Aufstiegschancen und Führungsposition, stehen für die Frauen weiter unten auf der Prioritäten-liste. Wenn die Arbeitgebermarkenstrategie die geschlechterspezifischen Unterschiede nicht berücksichtigt und die Kernwerte, die speziell für Frauen wichtig sind, wie Vereinbarkeit mit der Familie und Stabilität, nicht in der Unternehmenskultur verankert sind, erwächst dem Unternehmen daraus ein Wettbewerbsnachteil.
Das Wissen um die Präferenzen der Zielgruppe reicht aber nicht aus. Die Kernwerte der Arbeitgebermarke müssen auch glaubwürdig nach aussen und innen kommuniziert werden. Im Unterschied zum Marketing für Konsummarken legen die Nachwuchskräfte einen grossen Wert auf die Authentizität der Botschaft und des Absenders. Das häufigste Negativ-Feedback von Studierenden zu den Personalmarketingmaterialien ist deren «Hochglanz- Charakter». Damit ist nicht die Qualität des Papiers gemeint, auf dem die Flyer gedruckt sind, sondern der Inhalt der Botschaften, die wie glattgebügelt wirken und dadurch nicht als authentisch eingestuft werden. Natürlich sollen die Broschüren trotzdem die Aufmerksamkeit der Zielgruppe erregen. Universum hat sechs Faktoren identifiziert, die gelungenes HR-Kommunikationsmaterial ausmachen:
- mitarbeiterzentriert, nicht abstrakt
- verbindlich, aber nicht verkäuferisch
- holistisch, nicht kanalabhängig
- differenzierend, nicht allgemeingültig
- glaubwürdig und faktenbasiert
- transparent für Werte und Ziele
Heutzutage geht es nicht nur darum, Hochschulabgänger für das Unternehmen zu gewinnen, sondern vielmehr darum, interessante Kandidaten entlang der «Recruiting-Kette» zu identifizieren: vom Aufbau eines Praktikantenprogramms über Berufseinsteigerprogramme und Mitarbeiter-Entwicklungspläne bis zur Alumni-Betreuung und Wiedergewinnung von Mitarbeitern. Ein solches Talent Relationship Management ist nur mit einer konsistent aufgebauten und in sich stimmigen Kommunikation möglich, die auf eine glaubwürdige und attraktive Arbeitgebermarke zurückgreift. Dabei darf der Employer Brand ruhig ein paar Ecken und Kanten haben – schliesslich wollen Sie nicht als ein «Me-too»-Arbeitgeber gelten.