Fachkräftemangel

Firmen investieren in ihre 
Attraktivität als Arbeitgeberin

Sechs HR-Manager haben uns erzählt, ob und inwiefern der Fachkräftemangel in ihrem Unternehmen wirklich ein Thema ist. Um Talente zu finden und an sich zu binden, engagieren sich die Befragten verstärkt im Bereich Employer Branding und Personalentwicklung.

Vorgesetzte bewerben sich um Mitarbeiter – nicht umgekehrt

Jörg Buckmann: «Wir spüren den Fachkräftemangel schon seit einiger Zeit, vor allem bei gut ausgebildeten Handwerkerinnen, bei den Ingenieuren und bei berufserfahrenen Busfahrerinnen. Der Rekrutierungsbedarf von aktuell 220 Personen nimmt bis 2020 weiter zu. Unsere Babyboomer gehen in Pension,  gleichzeitig bauen wir das Angebot weiter aus. Schon 2009 haben wir uns mit einer neuen Personalstrategie auf diese Entwicklung eingestellt. So investieren wir gezielt in die körperliche und geistige Fitness der 2400 Mitarbeitenden. Ziel: bis zur Pensionierung gesund bleiben. In einer stark von Schichtarbeit geprägten Unternehmung mit verhältnismässig tiefer Employability vieler Mitarbeitender ein Kraftakt. Das Instrumentarium umfasst eine massgeschneiderte Führungsentwicklung, Gesundheits- und Case Management. Anderseits setzen wir starke Akzente in Employer Branding und Recruiting.

Um für potenzielle Mitarbeiter attraktiv zu sein, schaffen wir alte Personalwerbezöpfe ganz einfach ab. Die VBZ-Chefs bewerben sich persönlich um neue Mitarbeitende – und nicht umgekehrt! Wir finden, dass potenzielle Mitarbeitende vor dem Bewerbungsentscheid alle relevanten Informationen erhalten sollen. Dabei setzen wir auf Internet und Videos. Diese lassen Menschen zu Menschen sprechen, informieren authentisch und lassen auch Emotionen erlebbar machen. Unsere Jobvideos sind das Herzstück einer crossmedialen Strategie, welche die übrigen Kanäle perfekt auf die VBZ-Website abstimmt. Die zum Gähnen langweiligen Stelleninserate haben wir einfach abgeschafft. Wir experimentieren übrigens auch lustvoll mit 
Social Media.»

Mit Personalstrategie Talente im eigenen Haus entwickeln

Claude Täschler: «Hochqualifiziertes Personal ist eine Schlüsselressource – und sie wird immer wichtiger, gerade in einem so dynamischen und kompetitiven Umfeld wie der Bankbranche. Die gute Reputation der Credit Suisse hilft uns, auf dem Arbeitsmarkt die besten Talente zu finden. Dank einer umfassenden und nachhaltigen Personalstrategie, die auf die eigene Aus- und Weiterbildung setzt und interne Karrieremöglichkeiten vielseitig fördert, gelingt es uns, diese Talente langfristig ans Unternehmen zu binden und so einem 
allfälligen Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

In der eigenen Ausbildung bieten wir insgesamt rund 1400 Ausbildungsplätze für Schulabgänger. Über 80 Prozent der jungen Leute aus Lehre, Mittelschule oder Hochschule beschäftigt die Credit Suisse nach Abschluss der Ausbildungsprogramme weiter. Das Angebot einer externen Weiterbildung nahmen 2010 fast 2000 Mitarbeitende in der Schweiz wahr, das entspricht fast jedem zehnten Angestellten. Und fast jeder Mitarbeitende hat im letzten Jahr mindestens einen Weiterbildungstag über die hauseigene Business School absolviert.

Als global tätiges und breit diversifiziertes Unternehmen haben wir ausserdem den Vorteil, dass wir die Karrierechancen unserer Mitarbeitenden durch interne Mobilität fördern können. So können Mitarbeitende der Credit Suisse die unterschiedlichsten Bereiche der Bank kennenlernen oder auch Auslandsaufenthalte nutzen, um sich weiterzuentwickeln.

Besonders stark umworben werden qualifizierte Fachkräfte im Kerngeschäft der Bank, dem Private Banking. Auch hier sind gezielte Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeitende ein wichtiger Motivationsfaktor. Darüber hinaus tragen wir mit einer breit gefächerten Weiterbildung wie zum Beispiel zertifizierten Lehrgängen für Kundenberater auch zur Qualitätssicherung bei der Kundenberatung bei.»

Den Kindern der 
Mitarbeitenden 
Einmaliges bieten

Sibylle Schürch: «Wir wollen der beste Arbeitgeber im regionalen Gesundheitsmarkt sein. Die Basis, eine hervorragende Administration, ist unser Boden. Beim Rest haben wir sozusagen auf der grünen Wiese begonnen. Ein grosser Schritt ist unser Programm ‹First Year›, das Einarbeitungsprogramm für die Mitarbeitenden. Dabei werden im ersten Anstellungsjahr monatlich kurze Module besucht, in denen unser Leitbild, die Patientenorientierung, Fachwissen, Rechte und Pflichten und vieles mehr vermittelt werden. ‹First Year› ist in der Pilotphase, die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.

Ein Meilenstein ist die Arbeit mit unseren Werten. Wir haben diese in konkrete Verhaltensweisen übersetzt, damit klar ist, was wir darunter verstehen. Im ganzen Spital finden nun Workshops dazu statt. Wir tun das selber, ohne Beratende von aussen. Den Anfang hat die Spitalleitung gemacht, um als Vorbild vorauszugehen.

In den Pflegeberufen werden grosse Engpässe prognostiziert. Eine Massnahme ist darum, dass wir die Zahl der Auszubildenden steigern. Das braucht viel Verständnis, Ressourcen und Ideenreichtum. Wir sind darauf angewiesen, dass wir heute diese Investition in die Zukunft machen können. Unsere Führungskräfte haben anspruchsvollste Fach- und Führungsaufgaben nebeneinander. Hier ist klar, dass wir künftig mehr bieten müssen. Das fängt beispielsweise an bei einer Toolbox auf dem Internet, wo die wichtigsten Formulare, Regeln und Instrumente zur Verfügung stehen sollten, und hört auf bei hochkarätigen Führungsausbildungen im Hause, welche auf die Situation im Spital zugeschnitten sind.
Oder wir investieren in Kinderbetreuungsplätze, die auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden mit Dienstplänen zugeschnitten sind. Wir müssen auch den Kindern unserer Mitarbeitenden etwas Einmaliges bieten.»

Arbeitgebermarke 
verstärkt in Social Media positionieren

Nathalie Bourquenoud: «Wir schaffen pro Jahr im Durchschnitt 180 neue Stellen, bei derzeit 3700 Mitarbeitern. Um die strategischen Herausforderungen der Rekrutierung der geeigneten Arbeitskräfte zu meistern, hat PostFinance das Thema ‹Employer Branding› zu einem Schwerpunkt der Personal- und Kommunikationsarbeit gemacht. Seit 2009 wird die Marke Post-
Finance im HR-Bereich gezielt aufgebaut, um das Unternehmen als attraktive Arbeitgeberin auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren.

Wir wollen Idealkandidatinnen und -kandidaten gezielt für uns begeistern und bestehende Mitarbeitende und deren Know-how langfristig binden. Dafür werden wir auch Social Media verstärkt nutzen. Ich bin überzeugt, dass diese für die Personalrekrutierung zunehmend an Bedeutung gewinnen werden. Gerade die Nähe zu und die Interaktion mit den gewünschten Zielgruppen bieten viel Potenzial. Wir erreichen so gezielter potenzielle Mitarbeitende und vernetzen uns natürlich auch mit den aktiven Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Als Arbeitgeberin wollen wir in naher Zukunft vor allem auf dem Businessnetzwerk Xing aktiv sein. Ein späterer Ausbau ist durchaus denkbar. Uns ist bewusst, dass wir Neuland betreten und daher eine grosse Herausforderung auf uns wartet. Wir wollen und werden uns aber Schritt für Schritt weiterentwickeln und unsere Erfahrungen für die Gestaltung des ‹Employer Branding› in den elektronischen Kanälen nutzen.»

Kompetenzausbau bei Führung älterer Mitarbeiter

Christa Baumann: «Das Gesundheitswesen gehört zu den Branchen, in denen es phasenweise schon in der Vergangenheit an ausreichend qualifiziertem Fachpersonal mangelte. Im Stadtspital Triemli haben wir bereits vor über zehn Jahren durch aktives Employer Branding in Deutschland erfolgreich eine stattliche Anzahl an Pflegefachkräften rekrutiert. Die meisten dieser Mitarbeitenden arbeiten nach wie vor in unserem Betrieb oder haben sich bei uns oder anderswo in der Schweiz beruflich weiterentwickelt.

Aktuell ist der Stand beim Fachpersonal im Stadtspital Triemli so, dass wir in den meisten Bereichen die auftretenden Vakanzen innert nützlicher Frist besetzen können. Der gute Ruf in der Öffentlichkeit und in den Fachkreisen sowie gut geführte Teams mit personeller Konstanz bilden eine wichtige Voraussetzung dazu.

Die Anwerbung und Rekrutierung von Fachpersonal im Ausland ist durch viele Faktoren beeinflusst und gilt als eine zunehmend unsichere Quelle. Umso bedeutungsvoller ist es, alle anderen möglichen Vorkehrungen zu treffen, um den künftigen Bedarf an Fachpersonal proaktiv und nachhaltig zu sichern.

Nebst der Bildungsoffensive und gezielter Personalentwicklung sind grosse Bemühungen zur Schaffung neuer Arbeitseinsatz- und Arbeitszeitmodelle dringlich. In diesem Kontext sind auch der Wiedereinstieg und die Möglichkeit der Teilzeitarbeit oder des Jobsharing zu fördern. Der Skill-Grade-Mix der Teams ist zu prüfen und anzupassen. Die Kompetenz der Vorgesetzten für die Führung von älteren Mitarbeitenden ist zu vertiefen, und die älteren Mitarbeitenden sind in der Selbstkompetenz bezüglich Arbeitsbewältigungs- und Arbeitsmarktfähigkeit zu fördern. Zudem sind der Gesundheitsschutz und die Gesundheitsförderung systematisch im betrieblichen Alltag zu integrieren.»

Mit internationalem Netzwerk gezielt Fachkräfte fördern

Marina Mekhedova: «Als Schweizer Niederlassung eines amerikanischen IT-Unternehmens ist der Fachkräftemangel in unserer Branche ein zentrales Thema. Unser Employer-Branding-Programm zielt darauf ab, weltweit zu den attraktivsten Arbeitgebern zu gehören. Dank der freien Nutzung von Cisco-Web- und -Videoconferencing-Technologien können unsere Mitarbeitenden selber entscheiden, wann, wo und wie sie arbeiten möchten. Neben der Nutzung von Facebook und Youtube bieten wir ein Cisco-Intranet mit allen Social-Media-Funktionen an. Unser Spitzenplatz im Wettbewerb ‹Best Place to Work› belegt, dass diese Massnahmen Wirkung zeigen. Weil wir die Zukunftsaussichten im IT-Markt Schweiz positiv beurteilen, bauen wir unsere Verkaufsequipe derzeit massiv aus.

Die Suche nach Fachkräften beschränken wir nicht auf den Schweizer Arbeitsmarkt. Offene Stellen werden auf der 
Cisco-Webpage online und international ausgeschrieben. Auf diese Weise erreichen wir einen weit über die Schweiz hinausreichenden Kreis von Stellensuchenden und profitieren dabei von der Attraktivität des Standorts. Dies wirkt sich positiv auf den Kreis und das Profil der Kandidaten aus, die sich bei uns melden.

Mit einer breiten Palette von internen Aus- und Weiterbildungsprogrammen investieren wir in die Fachqualifikation der eigenen Mitarbeitenden sowie der Mitarbeitenden von Partnerfirmen. Berufseinsteigern bieten wir attraktive internationale Programme an. Cisco Schweiz hat in den letzten Jahren regelmässig Absolventen dieser internationalen Einsteigerprogramme fest angestellt. Mit dem weltweiten Networking-Academy-Programm investiert Cisco in die externe Ausbildung von IT-Fachkräften und hilft damit, dem Fachkräftemangel weit über den Eigenbedarf hinaus entgegenzuwirken. In der Schweiz ist die Cisco Networking Academy seit rund zehn Jahren mit 13 Standorten präsent. Mit unserem weltweiten Diversity-&-Inclusion-Programm fördern wir gezielt Frauen.»

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