Warum Führungstrainings oft verpuffen
Zwischen Anspruch und Alltag: Führungstrainings stimulieren Nachwuchs-Führungskräfte, allerdings verpuffen die Inputs häufig zwischen E-Mails, Anrufen und Co. Warum das so ist und was wirklich hilft, weiss Veränderungsspezialist Axel Koch.

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«Eigentlich müsste ich…», «Morgen fang ich aber wirklich an!» oder «Ich habe es schon ein paarmal versucht, aber dann hat mich doch ganz schnell der Alltag wieder eingeholt.» – das sind typische Aussagen von jungen Führungskräften, die hochmotiviert firmeneigene Leadership-Development-Programme besuchen. Am Ende eines Trainingsmoduls sind sie voller Ideen, was sie alles umsetzen möchten. Doch zurück am Arbeitsplatz nimmt sie das Tagesgeschäft wieder voll in Beschlag – und oft verändert sich: nichts.
Verpuffte Vorsätze
Noch nie war Führungskräfteentwicklung so wichtig wie heute. In einer Zeit voller Veränderungen braucht es Führungspersönlichkeiten, die Orientierung bieten und Unternehmen erfolgreich durch den Wandel führen. Deshalb investieren viele Firmen gezielt in Programme zur Entwicklung ihres Führungskräftenachwuchses.
Diese Leadership-Programme verfolgen ein klares Ziel: Nachwuchskräfte auf ihre Rolle vorbereiten, sie mit dem nötigen Wissen und praktischen Handwerkszeug ausstatten. In der Realität bleibt die Wirkung jedoch häufig begrenzt. Was im Seminarraum noch inspiriert, verpufft im Arbeitsalltag. Es wird viel geschult – aber die Umsetzung im Alltag scheitert oft. Warum?
Woran liegt es, dass das Gelernte nicht in dauerhaft verändertes Verhalten mündet? Fehlt es am Willen? An der Motivation? Nein – der blinde Fleck liegt oft woanders.
Transferstärke: Der unterschätzte Erfolgsfaktor
Bei den Talenten ist alles in Ordnung. Was häufig übersehen wird: Es braucht neben Motivation auch Transferstärke – also die Fähigkeit, neue Impulse in stabile Gewohnheiten zu überführen.
Transferstärke beschreibt jene Haltungen und Skills, die dafür sorgen, dass aus einem guten Vorsatz eine gelebte Veränderung wird. Unser Gehirn liebt Routinen – einmal eingeübte Verhaltensmuster sind wie Datenautobahnen im Kopf. Ein Muster wie «Konflikte vermeiden» ist neurologisch tief verankert, vergleichbar mit einem Maschendrahtzaun, der sich nicht so leicht niederreissen lässt.
Die gute Nachricht: Transferstärke lässt sich lernen – und mit ihr die eigene Veränderungswirksamkeit deutlich steigern. Eine besonders wirksame Technik ist das Rückfallmanagement.
Rückfallmanagement: Raus aus den alten Mustern
Die zentrale Idee: Rückfälle in alte Verhaltensweisen kündigen sich an – vergleichbar mit Ausfahrts-Schildern auf der Autobahn. Wer die Vorboten frühzeitig erkennt und passende Gegenstrategien parat hat, kann bewusst gegensteuern.
So funktioniert Rückfallmanagement in fünf Schritten:
- Altes Verhaltensmuster identifizieren
Beispiel: «Ich spreche Konflikte nicht an – sie bleiben unausgesprochen im Raum.» - Neues Verhaltensmuster definieren
Beispiel: «Ich spreche Konflikte an, sobald ich erste Anzeichen wahrnehme.» - Vorboten erkennen
Welche Anzeichen deuten auf einen Rückfall ins alte Verhalten hin?
Beispiel:
Vorbote 1: Ich spüre im Bauch, dass mich etwas stört, denke aber: «Wenn ich es anspreche, werde ich zurückgewiesen.»
Vorbote 2: Ich mache mir Gedanken, wie und wann ich das Thema ansprechen könnte.
Vorbote 3: Ich sage mir: «Heute ist nicht der richtige Zeitpunkt.» - Stopp-Signal setzen
Ein klares inneres oder äusseres Signal hilft, innezuhalten.
Beispiel: «Achtung, Stopp – Vorbote!» Oder ein inneres Bild (z. B. ein rotes Stoppschild) bzw. eine körperliche Aktion wie tiefes Durchatmen. - Notfallplan entwickeln
Für jeden Vorboten eine konkrete Reaktion festlegen – klar formuliert wie eine Regieanweisung.
Beispiel bei Vorbote 3: «Es gibt keinen perfekten Zeitpunkt. Wenn ich es nicht anspreche, wird es belastender. Also los!»
Indem Sie Ihren Führungskräftenachwuchs mit dieser Technik vertraut machen, stellen Sie sicher, dass sie sich auf das eine Thema fokussieren und umsetzen, was den grössten Mehrwert liefert. Und nicht nur das: Sie empowern sie, Veränderung für sich selbst und auch in der Führung ihrer Mitarbeitenden zu managen.
Veränderung nachhaltig verankern: Das 8-Wochen-Programm
Ein Rückfallplan allein reicht nicht – entscheidend ist die konsequente Umsetzung. Das 8-Wochen-Programm basiert auf der Erkenntnis, dass es rund zwei Monate braucht, um eine neue Gewohnheit stabil zu verankern. Reservieren Sie sich deshalb acht Wochen lang jede Woche einen festen Termin im Kalender. Stellen Sie sich dabei zwei Fragen:
- Zu wieviel Prozent haben Sie Ihr Veränderungsziel auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent erreicht.
- Wie können Sie Ihren Rückfallplan noch wirksamer gestalten?