HR Today Nr. 10/2022: Special Benefits

Eine Frage der Leistung?

Durch leistungsbezogene Vergütungen setzen Unternehmen Anreize, motivieren ihre Teams und sorgen dafür, dass das Arbeitsklima von Wertschätzung und Fairness geprägt ist. Doch wie weiss man, ob die Vergütung für das Geleistete angemessen ist?

Leistungsbezogene Vergütungen können im Einzelfall durchaus kompliziert werden. Denn: Was genau haben die oder der Einzelne eigentlich geleistet? Nicht selten müssen diejenigen, die im Unternehmen darüber entscheiden, wer wie viel zusätzlich zum Grundlohn erhält, erst einmal KPIs recherchieren und mit den Teamleadern sprechen, um sich einen groben Überblick über das Erreichte zu verschaffen. Selbst nach einem solchen Prozess steht die Leistungsevaluierung auf wackligen Beinen. Entscheidet am Ende das Bauchgefühl, wer in welchem Umfang vergütet wird? Liegt es daneben, kann das fatale Folgen haben.

Auswirkung auf Arbeitnehmende

Bereits 2017 analysierten Forschende, wie sich eine ungerechte Vergütung auf das körperliche Wohlbefinden auswirkt. Dafür untersuchten sie die Herzfrequenz der Probanden. Die Quintessenz: Fühlen sich Arbeitnehmende ungerecht bezahlt, ­zeigen sie typische Stresssymptome. Das Herz, das als emotionaler Taktgeber von unserer Gefühlslage beeinflusst wird, verfällt in eine Art Dauerstressmodus.

Entscheidend, so die Forschenden, ist aber nicht, wie hoch Beschäftigte entlohnt werden, sondern, ob sie diese Vergütung als fair empfinden. Eine als unfair empfundene Vergütung demotiviert die Betroffenen und sorgt dafür, dass sie weniger leisten – beispielsweise aufgrund von stressbedingten Krankheiten oder aus Frust. Ironischerweise dreht sich die Kausalität dann um: Statt motivierend zu wirken, führt die als unfair empfundene Entlohnung zu einem geringeren Leistungs- und Produktivitätslevel. Es stellt sich die Frage, auf welchem Weg moderne Organisationen einem solchen Empfinden vorbeugen. Menschen sind moralische Wesen und das Thema der Vergütung bemüht unseren Gerechtigkeitssinn.

Bestehende Diskrepanzen

Wie gravierend das Problem ist, verdeutlichen Phänomene wie «Unconscious Bias». Ohne sich dessen bewusst zu sein, entscheiden sich Führungskräfte bei Beförderungen oder Neubesetzungen im Zweifel lieber für einen Kandidaten, tatsächlich seltener für eine Kandidatin, der ihnen möglichst ähnlich ist. Auf diesem Weg reproduzieren sich männerdominierte homogene Führungsriegen. Studien zeigen, dass auch das Gehalt von Frauen im Schnitt deutlich geringer ausfällt – auch bei gleicher Position und Ausbildung. Das sind nur einzelne Diskrepanzen, die sich quantifizieren lassen. In vielen Organisationen entsprechen Vergütung und Beförderungsentscheidungen aufgrund verschiedener Faktoren nicht dem tatsächlich Geleisteten – mit den geschilderten negativen Konsequenzen.

Ist nicht nachvollziehbar, weshalb jemand mehr oder weniger monetär entlohnt und befördert oder nicht befördert wird, entsteht schnell ein Gefühl der Ungerechtigkeit, die Vorstufe zu Resignation und Demotivation. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, eine transparente Kultur der leistungsorientierten Wertschätzung zu etablieren, die es Mitarbeitenden ermöglicht, Entscheidungen aufgrund von Fakten und Informationen nachzuvollziehen.

Zeitgemässes Management

Um Leistung angemessen zu vergüten, müssen Informationen verfügbar sein. Idealerweise geschieht das ohne aufwendige manuelle, sondern mit digitalisierten und automatisierten Prozessen. Ein zeitgemässes Vergütungs- und Beförderungsmanagement ist dafür in grundlegende Unternehmensprozesse integriert. Es orientiert sich an einem Soll-Ist-Vergleich der vereinbarten KPIs, dem ­Mehrwert, den Beschäftigte ihrem Unternehmen bieten, dem Vorgesetzten-Feedback und dem Lernfortschritt der Mitarbeitenden.

Erst wenn diese Informationen in komprimierter Form ­vorliegen, können Organisationen transparente und nachvollziehbare Entscheidungen über Vergütung und Beförderung treffen. Digitalisierung und Automatisierung geben Organisationen die Mittel an die Hand, die Vergütung leistungsgerecht zu gestalten sowie Boni- und Beförderungsentscheide faktenbasiert und transparent zu begründen.

Wer dann empfindet, dass etwas ungerecht ist, kann anhand der vorliegenden Fakten argumentieren und muss nicht an das Bauchgefühl der Vorgesetzten appellieren. Die leistungsgerechte Vergütung entpuppt sich damit als ein wesentliches Puzzleteil für den Aufbau einer wachstumsorientierten Unternehmenskultur, die die Weiterentwicklung aller Mitarbeitenden fördert.

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Claire Rosenthal ist Head of People & Culture bei Leapsome, einer People Enablement Plattform für Feedback, OKRs, Mitarbeiterbefragungen und Lernen. Sie arbeitet mit ihrem Team daran, Menschen in ihrer Arbeitszufriedenheit und Produktivität zu bestärken.

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