Unternehmenskultur als Schlüssel zum Erfolg
Fachkräftemangel, New Work und die wechselbereite Generation Z: Derzeit kämpfen Unternehmen damit, neue Talente für sich zu gewinnen und zu halten. Wieso ein Unternehmenskultur-Wandel ein Gewinn für alle ist.
Wandel mit Wirtschaftsvorteil: Eine starke Unternehmenskultur ist ein messbarer Erfolgsfaktor. (Bild: Chang Duong/Unsplash)
Fachkräftemangel, wirtschaftliche Herausforderungen oder ein neues Verständnis von Arbeit und Freizeit – viele Faktoren krempeln derzeit die Arbeitswelt um. Festgefahrene und starre Unternehmenskulturen können schon lange nicht mehr mit den Erwartungen der neuen Arbeitnehmenden mithalten. Diese haben klare Vorstellungen davon, bei welchen Unternehmen sie arbeiten möchten und erwarten, dass Flexibilität, Agilität und Förderung der individuellen Interessen nicht nur leere Lippenbekenntnisse sind.
Diesen Anforderungen werden Arbeitgebende am besten gerecht, indem sie eine authentische und nachhaltige Unternehmenskultur schaffen: Mit anderen Worten ein System gelebter Werte und Normen, welche die Identität eines Unternehmens widerspiegeln – und es damit konkurrenzfähig macht.
Unternehmenskultur zahlt sich aus
Was treibt in Unternehmen den Umsatz? In vielen Unternehmen zählen vor allem Strategie und Führung zu den vielversprechendsten Faktoren – an die Unternehmenskultur denken dabei die wenigsten. Dabei zeigen Studien, dass Führungskräfte, welche die Unternehmenskultur an erster Stelle der Erfolgsfaktoren sehen, doppelt so hohes Wachstum erzielen als jene, die das nicht tun. Wenig verwunderlich, denn statt «Hustle»-Kultur und Gehalt, suchen die modernen Arbeitnehmenden nach Werten wie Empathie und Vertrauen, die sich in der Unternehmenskultur widerspiegeln und dem Unternehmen einen Charakter verleihen.
Die Krux: Kultur ist nichts, was sich von heute auf morgen einfach etablieren und ändern lässt oder auf unbestimmte Zeit ohne Zutun funktioniert. Sie wird durch das tägliche Handeln der Führungskräfte und Mitarbeitenden geformt.
Gerade in herausfordernden Zeiten kann eine positive Unternehmenskultur den Mitarbeitenden dabei helfen, widerstandsfähiger mit neuen Situationen umzugehen. Fühlen sich die Mitarbeitenden wertgeschätzt, sind sie motivierter und leistungsfähiger, so dass unter anderem Burnouts und Fluktuation reduziert werden. Die «Glassdoor»-Studie von Heidrick Consulting zeigt, dass sich mehr als drei Viertel der Talente schon vor einer Bewerbung genau mit der Unternehmenskultur auseinandersetzen – eine positive Kultur kann sich somit schon frühzeitig im «War of Talent» auszahlen. Kurzum: Die Unternehmenskultur stellt in vielerlei Hinsicht einen Wettbewerbsvorteil dar. Dieser Ansicht sind auch 67 Prozent der befragten Verwaltungsratsmitglieder des fünften «swissVR»-Reports von Deloitte und der Hochschule Luzern.
Weiche Fakten statt leerer Worte
Damit der Begriff Unternehmenskultur nicht nur wie ein Phantom im Raum steht, braucht es handfeste Definitionen und systematische Kriterien seitens der Managementebene. So können beispielsweise bereits im Recruiting-Prozess Auswahlkriterien für die ausgeschriebenen Stellen festgelegt werden. Ein guter Ausgangspunkt zum Kulturaufbau sind bereits etablierte Modelle: Das Eisbergmodell nach Edward T. Hall besagt, dass nur einige wenige Elemente der Unternehmenskultur, wie zum Beispiel die Aussendarstellung, sichtbar sind: Sie bilden die Spitze des Eisbergs. Der grössere und wichtigere Teil der Unternehmenskultur ist im übertragenen Sinn unter der Wasseroberfläche verborgen, muss aber bei der Implementierung berücksichtigt werden.
Beim McKinsey 7-S, einem von Tom Peters und Robert Waterman entwickelten Modell, hängt der Unternehmenserfolg von harten und weichen Faktoren ab:
- Harte Faktoren sind jene, die offen einsehbar sind, wie Pläne oder Konzepte
- Weiche Faktoren wie Werte oder Arbeitsweisen hingegen sind weniger greifbar und dauerhaft im Wandel
Nur wer es schafft, ein Gleichgewicht herzustellen, kann das Unternehmen auf lange Sicht erfolgreich leiten. Hier wird deutlich, dass die Unternehmenskultur gerade von den schwer fassbaren und sich wandelnden Aspekten abhängt.
Gerade moderne Arbeitnehmende erwarten Flexibilität und Agilität in der Führung und Organisation, um auch auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen zu können. Einheitliche Arbeitsweisen sind dem Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen und Weiterbildungsmöglichkeiten für alle gewichen. Wertschätzung und gegenseitiges Vertrauen seitens der Mitarbeitenden als auch den Führungskräften liegen hoch im Kurs.
Konkret bedeutet das, dass transparente Kommunikation und flache Strukturen ein Muss sind, wenn Unternehmen attraktiv für (potenzielle) Mitarbeitende sein und bleiben wollen. Statt Konkurrenz und traditionellen Vorteilen wie der Vergütung kommt es auf Zusammenarbeit und gegenseitige Fürsorge an.
Unternehmenskultur im Wandel: Proaktive Gestaltung und Umgang mit Herausforderungen
Unternehmenskulturen können sich wandeln – sei es aufgrund der aktiven Entscheidung dazu oder weil diverse Herausforderungen wie ein Führungswechsel oder schnelles Wachstum sie maßgeblich beeinflussen. Entscheidet sich das Management dazu, sie proaktiv zu verändern, gelingt eine Umsetzung in vier Schritten:
- Analyse der Ist-Situation und Vergleich mit dem Soll-Zustand
- Ausarbeitung der Pain Points und Zielformulierung
- Diskussion und Austausch mit Entscheidungsträgern
- Veränderung schaffen über die Führungsetage als Vorbildfunktion, eine klare Kommunikation und eine Verpflichtung an die neue Ausrichtung
Es gibt jedoch auch Umstände, die zu einer ungewollten Schieflage der Unternehmenskultur führen können. Dann ist es wichtig, die hier bereits genannten Punkte noch einmal zu überprüfen. Zudem spielt die Nähe zu den Mitarbeitenden eine zentrale Rolle: Führungskräfte müssen genau hinhören – was geht in den Mitarbeitenden vor, wie empfinden sie die derzeitige Kultur und was wünschen sie sich?
Es bietet sich auch an, einen Culture Lead zu etablieren, der sich um das Change Management der Unternehmenskultur kümmert. Diese Position könnte mit einer internen Fachkraft besetzt werden, mit dem Vorteil, dass sie das Vertrauen der Mitarbeitenden bereits besitzt und dadurch offen über die Wünsche und Bedürfnisse der Belegschaft informiert wird. Alternativ kann auch auf die Expertise von Externen gezählt werden, weil sie den nötigen Abstand zur Situation haben und sich Mitarbeitende einer neutralen Partei vielleicht eher öffnen. Eine neue Evaluierung der bestehenden Werte könnte zum Ergebnis führen, dass die bisherige Unternehmenskultur nicht mehr passt und neu ausgerichtet werden muss.