Michel Ganouchi: «Anglizismen in Stellenanzeigen? Take it easy!»
Vorneweg: Ich bin bekennender Fan der deutschen Sprache. Der sorgfältige Umgang mit ihr soll weiter geschult und nachhaltig gefördert werden. Nur, wir sprechen hier von Stellenanzeigen und nicht von belletristischen Ergüssen. Ich habe vor langer Zeit in einer Marketingweiterbildung mal etwas von einem Sender-Empfänger-Modell gelesen. Der Botschaftsabsender verpackt seine Message (Achtung, Anglizismus zur Vermeidung einer Wiederholung) so, dass sie von seiner Zielgruppe möglichst ohne Aufwand dechiffriert und verstanden wird. Bei einem hohen gemeinsamen Zeichenvorrat klappt das auch problemlos. Wir müssen unsere Botschaften also primär der Zielgruppe anpassen.
Entgegen allen Unkenrufen sind Stellenanzeigen als Mittel, um Vakanzen und Kandidaten zu matchen (Oh, Entschuldigung: in Einklang zu bringen), noch längst nicht tot – Digitalisierung hin oder her. Wie schaffe ich es also, meine Botschaft zielgruppengerecht zu verfassen? Eben: Indem ich das Kommunikationsverhalten meiner Zielgruppen studiere und versuche, ihren Zeichenvorrat zu verstehen. Die Welt dreht sich dermassen rasant, dass wir drohen, vom Äquator geschleudert zu werden. Die Globalisierung schreitet weiter voran und die Digitalisierung galoppiert. Deren Sprache ist Englisch. Kein erzwungenes Esperanto, schlicht und einfach Englisch. Oder halt Chinesisch. Aber da halte ich mich zurück.
Wohin die gesteuerte Lokalisierung von Sprache führen kann, zeigt Frankreich – nur leider im negativen Sinne. Ätzend. Fakt ist: Es entstehen laufend neue Berufsbilder, die in aller Regel nicht im deutschsprachigen Markt «erfunden» wurden. Neue hiesige Generationen von Arbeitskräften bewegen sich fliessend in diesen Gefilden. Und Sie möchten an diesen vorbeikommunizieren?
Mir ist bewusst, dass es viele traditionelle Berufe gibt, die der Digitalisierung nicht zum Opfer fallen werden. Maler und Umzugshelfer werden nicht so einfach ersetzt. Ich erkenne auch keine Notwendigkeit und Tendenz, diese Bezeichnungen künstlich zu «anglifizieren». Mir ist der Hauswart nach wie vor lieber, als der Facility Manager. Nur sehen wir genau an diesem Beispiel, wie die Zeit voranschreitet. Wenn die englische Sprache etwas in wenigen Lettern auf den Punkt bringt, das im Deutschen umständlich und missverständlich ist und erst noch von der Zielgruppe nicht verstanden wird, dann machen Anglizismen einfach Sinn.
Übrigens: Stellenanzeigen werden meist auf Online-Stellenbörsen ausgeschrieben, die (hoffentlich) über moderne Suchfunktionen verfügen. Diese semantische Suche sollte helfen, das Sprachenwirrwarr zu entschlüsseln und übereinstimmende Suchergebnisse auszuspucken. Egal, ob Sie eine Berufsbezeichnung in Deutsch oder Englisch eingeben. Also: Take it easy!