68 Stunden pro Jahr fehlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2011 in der Schweiz am Arbeitsplatz. Die durchschnittliche Absenz beträgt gemäss Bundesamt für Statistik eineinhalb Wochen. Die Unterschiede im Branchenvergleich sind hoch: Am seltensten fehlen Mitarbeiter aus dem Kredit- und Versicherungsgewerbe (47 Stunden im Jahr 2011), am häufigsten Leute aus dem Baugewerbe (117 Stunden).
«Gerade in Branchen mit hoher repetitiver, monotoner Arbeit mit hoher Fremdbestimmung ist der Absentismus hoch», sagt Roland Reilly, stellvertretender Leiter der Betrieblichen Gesundheitsförderung beim Krankenversicherer Swica. Dort könne die Absenzquote schnell sehr hoch steigen.
Wirklich krank?
Manchmal ist jedoch unklar, ob Mitarbeiter wirklich krank sind oder einfach blaumachen. Bei manchen erkenne man typische Absenzenmuster: Sie fehlen beispielsweise auffallend oft vor oder nach den Ferien. Unternehmen sollten sich fragen, warum jemand blau macht. Da stelle sich oft die Frage nach der Unternehmenskultur: Ist die Firma mitarbeiterfreundlich? Wie ist der Umgang des Vorgesetzten mit dem Mitarbeiter? Denn oft sei das persönliche Verhältnis zum direkten Vorgesetzten der Grund für die Abwesenheit des Angestellten, sagt Reilly. Weitere Gründe können fehlende Teamarbeit, Mobbing oder zu wenig Wertschätzung sein. Arbeitnehmer machen teilweise aus diesen Gründen blau oder sie können deshalb langfristig krank werden. «Kurze Absenzen können somit ein Hinweis für mangelnde Identifikation von Mitarbeitenden mit dem Unternehmen sein», so Reilly.
Reilly nennt ein Beispiel: Ein Mitarbeiter hat am Wochenende einen Schnupfen. Eigentlich wäre es ihm schon möglich, am Montag wieder zu arbeiten. Aber da er beispielsweise von seinem Vorgesetzten keine Wertschätzung erfährt, bleibt er trotzdem zu Hause. Denn er ist ja wirklich gesundheitlich angeschlagen.
Starre Arbeitszeiten als Krankheitsgrund
Gemäss einer Studie sind Probleme mit dem Vorgesetzten der häufigste Grund für eine Absenz. Auch starre Arbeitszeiten können krank machen: Mitarbeiter werden weniger krank, wenn sie flexible Arbeitszeitmodelle haben oder auch im Home Office arbeiten können.
Stress und Stumpfsinn machen krank
Permanente Unter- oder Überforderung sowie eine – in den Augen des Angestellten – sinnlose Arbeit kann Verspannungen, Kopfschmerzen oder Verdauungsprobleme hervorrufen – und diese können zu einer Langzeiterkrankung führen. Auch wer andauernd unzufrieden ist, kann krank werden.
In der Betrieblichen Gesundheitsförderung setzt Reilly deshalb bei den Vorgesetzten an. «Die Massnahmen wirken nachhaltiger, wenn wir die Führungskräfte gewinnen können, wenn diese ein echtes Interesse am Wohl der Mitarbeiter haben.» Denn ein gesunder und motivierter Angestellter sei Voraussetzung für den Unternehmenserfolg. Er identifiziert sich mehr mit der Firma und fehlt deshalb weniger.