Die Arbeitgebermarke

Authentische Arbeitgebermarken

Das Thema Employer Branding wird in diversen Facetten die Arbeit des HRM im Jahr 2008 beeinflussen. Denn die Konkurrenz um die besten Fachkräfte wird steigen. Die Arbeitgebermarke soll dementsprechend die Stärken eines Unternehmens als Arbeitgeber glaubhaft wiedergeben. Aber wie?

Marken vereinfachen Entscheidungen von Konsumenten. Konsumenten folgen der Heuristik, wonach das gut sein muss, was bekannt ist. Marken liefern darüber hinaus eine einfache Antwort auf die Frage, warum man sich für ein Produkt oder einen Hersteller entscheiden soll. Apple steht für Design, Swatch steht für modischen, jungen und sportlichen Lebensstil. Durch eine Marke wird ein Produkt oder Hersteller bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Kaufentscheidungsprozesses einzigartig. Eine Arbeitgebermarke soll demgegenüber die Einzigartigkeit eines Unternehmens als Arbeitgeber in einer frühen Phase der Karriereplanung vermitteln. Sie ist die zielgerichtete und bewusste Antwort auf die Frage, warum sich ein talentierter, qualifizierter und motivierter Mensch für einen Arbeitgeber interessieren soll. Die Arbeitgebermarke unterscheidet sich vom Arbeitgeberimage insofern, als dass das Image natürlich und historisch gewachsen ist (1). Nicht selten wird versucht mit einer Arbeitgebermarke dem historisch bedingten Arbeitgeberimage entgegenzuwirken.

Arbeitnehmer wissen in der Regel sehr wenig über die Arbeitswelt in bestimmten Unternehmen. Vorstellungen darüber sind meist durch Medienberichte oder durch persönliche Erzählungen von Freunden, Bekannten und Verwandten geprägt. Diese Vorstellungen geben aber nur ein sehr fremdes und lückenhaftes Bild wieder. Die Idee, die Menschen davon haben, bei einem bestimmten Arbeitgeber beschäftigt zu sein, basiert selten auf persönlichem Erleben. Wenn sich ein Arbeitnehmer einen Eindruck davon bildet, wie es wohl sei, in einem bestimmten Unternehmen zu arbeiten, so greift er auf verfügbare Informationen und stereotype Schemata zurück. Hierzu gehören beispielsweise das Image eines Unternehmens an sich und als Arbeitgeber.

In manchen Fällen kennt man die Produkte der jeweiligen Firma, oder man weiss, wie das Gebäude von aussen aussieht. Vielleicht kennt man auch Menschen in führenden Positionen aus den Medien. Aber kaum jemand, der nicht bei der Firma IBM gearbeitet hat, weiss, wie es ist, dort beschäftigt zu sein. Es besteht also hinsichtlich der meisten Unternehmen eine Art Informationsvakuum. Hier kommt die Arbeitgebermarke zum Tragen. Die Arbeitgebermarke vermittelt in einer Situation, in der ein Arbeitnehmer über einen Arbeitgeber wenig weiss, eine Vorstellung darüber, wie es ist, dort zu arbeiten. Vor dem Hintergrund eines Mangels an Information bietet die Arbeitgebermarke greifbare Anhaltspunkte.

Wenn ein Arbeitnehmer anfängt, sich für einen Arbeitgeber zu interessieren, es möglicherweise zu Bewerbungsgesprächen kommt und schliesslich zu einer Einstellung, verliert die Arbeitgebermarke schrittweise an Bedeutung. An deren Stelle tritt das Erleben der konkreten, alltäglichen Arbeitswelt. Die Arbeitgebermarke mag eine offene Unternehmenskultur anpreisen. Ob die erlebte Arbeitswelt durch einen offenen Umgang geprägt ist, steht aber auf einem anderen Blatt. Wie sich die Bedeutung der Arbeitgebermarke im Verhältnis zur erlebten Arbeitswelt verändert, zeigt Abbildung 1.

Die Kluft zwischen Externen und Unternehmensrealität verringern

Wenn Arbeitgebermarke und Arbeitswelt gegeneinander konkurrieren, führt dies zu einer widersprüchlichen Wahrnehmung, zu kognitiver Dissonanz auf Seiten des Arbeitnehmers und in letzter Konsequenz zu einer frühen Kündigung. Im Idealfall entspricht die Arbeitgebermarke der erlebten Arbeitswelt. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, die nicht über die Mittel für ausgedehnte Marketingkampagnen verfügen, tun gut daran, die reale Arbeitswelt so früh und authentisch wie möglich zu vermitteln (2). Dies setzt selbstverständlich eine attraktive Arbeitswelt voraus. Unternehmen tun dies, indem sie schnell eine persönliche Beziehung zwischen Repräsentanten der Fachbereiche und den Interessenten und Bewerbern herstellen. Zunehmend werden hier moderne Medien im Kontext von Web 2.0 genutzt (etwa Mitarbeiter-Blogs), die dazu prädestiniert sind, die Kluft zwischen Externen und der realen Arbeitswelt zu verringern. Am Ende ist entscheidend, dass das, was die Arbeitgebermarke vermittelt, ein reales und überzeugendes Abbild dessen ist, was der Mitarbeiter schliesslich vorfindet. Dies bedeutet zugleich, dass Arbeitgeber, die für ihre Zielgruppe keine wirklich attraktive Arbeitswelt anbieten können, am Ende auch mit einer attraktiven Arbeitgebermarke Nachteile haben werden.

Der Bildung einer Arbeitgebermarke geht eine Positionierung voraus, die Stärken eines Arbeitgebers gegenüber den Wettbewerbern in den Augen der Zielgruppe akzentuiert. Diese mündet am Ende in ein Versprechen an den potenziellen Bewerber. Man spricht hier von der Employee Value Proposition (EVP) (3). Die Arbeitgebermarke versucht, diese EVP mittels kommunikativer Medien wirksam zu transportieren. Ein Medium ist die Karrierewebseite. Im Folgenden wird darauf eingegangen, welche Dimensionen bei einer Positionierung berücksichtigt werden sollten. Danach wird eine eigene Untersuchung vorgestellt, in der die Karrierewebseiten der grössten und attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland inhaltsanalytisch auf ihre EVP hin untersucht wurden.

Die Positionierung eines Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber erfordert eine systematische Betrachtung unterschiedlicher Dimensionen, vergleichbar mit dem Aufbau einer Produktmarke (4). Abbildung 2 liefert einen schematischen Überblick über diese Dimensionen. Im Folgenden wird kurz auf die genannten Dimensionen eingegangen.

Die Arbeitgebermarke und die dahinterliegende EVP sollten in den Augen der Zielgruppe attraktiv erscheinen. Zielgruppen können beispielsweise Ingenieure oder Informatiker sein, je nach dem strategischen Personalbedarf des jeweiligen Unternehmens. Insofern ist zu klären, wer die Zielgruppen im Einzelnen sind und worin deren Präferenzen bestehen. Die Arbeitgebermarke sollte schliesslich mit den Präferenzen der wichtigsten Zielgruppen korrespondieren. Man kann dies durch eine einfache Befragung von Absolventen ausgewählter Hochschulen oder stichprobenartig ausgewählter (neuer) Mitarbeiter in Erfahrung bringen.

Die Arbeitgebermarke sollte die Besonderheiten bzw. Stärken des Unternehmens als Arbeitgeber glaubhaft wiedergeben. Insofern stellt sich die Frage, was diese Stärken sind, worin die Identität des Unternehmens als Arbeitgeber besteht bzw. was die wesentlichen Gründe sind, warum sich die Zielgruppe für diesen Arbeitgeber interessieren sollte. Auch hier genügt meist eine einfache Befragung von Mitarbeitern.

Qualität der Arbeitgebermarke misst sich an Komplexität

Die Arbeitgebermarke ist ein Mittel, um sich von Wettbewerbern im Arbeitsmarkt sichtbar abzugrenzen. Die EVP erhält hier eine vergleichbare Bedeutung wie die Unique Selling Proposition (USP) im Bereich des Produktmarketing. Hier ist zu klären, wer die wichtigsten Wettbewerber sind und was diese als Arbeitgeber auszeichnet. Erst eine Betrachtung der Wettbewerber ermöglicht die Identifikation eigener Besonderheiten als Arbeitgeber.

Die Arbeitgebermarke sollte das aktuelle Arbeitgeberimage mit in Betracht ziehen. Positive Elemente des aktuellen Arbeitgeberimages können zum einen wirksam in die EVP übernommen werden. Zum anderen ist es wichtig, dass sich ein Unternehmen bei der Definition der Arbeitgebermarke nicht zu sehr vom aktuellen Arbeitgeberimage entfernt, weil dies sonst die Glaubwürdigkeit der Arbeitgebermarke in Frage stellen könnte.

Unabhängig von den bisher genannten Dimensionen stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen insbesondere aus Sicht der Unternehmensleitung gesehen werden möchte. Denn diese wird langfristig die Aufgabe haben, die EVP zu vermitteln und Entscheidungen zu deren Gunsten zu tätigen. Schliesslich darf die Arbeitgebermarke nicht im Widerspruch zur Produktmarke oder zur Unternehmensmarke stehen bzw. diese verwässern. Denn die Letztgenannten werden immer die dominierenden Marken sein.

Die Qualität einer Arbeitgebermarke bemisst sich am Ende daran, inwieweit die einzelnen Dimensionen in die Positionierung und Bildung der Marke einbezogen wurden. Versuche, eine Arbeitgebermarke zu etablieren, ohne die genannten Dimensionen zu berücksichtigen, wirken austauschbar oder beliebig und verfehlen schliesslich ihre Wirkung im Wettbewerb um qualifiziertes Personal.

Quellen:

  • 
1 Ewing, M. T.; Pitt, L. F., Bussy; N. M. & Berthon, 
P. (2002). Employment Branding in the Knowledge Economy. International Journal of Advertising, 
21, S. 3–22
  • 
2 Brandon, C. (2005), Truth in Recruitment Branding. 
HR Magazine Nov, 2005, S. 89–96.
  • 
3 Michaels, E., Handfield-Jones, H., Axelrod, B. (2001), The War for Talent. Boston/Mass. Harvard Business School Press.
  • 
4 Corporate Leadership Council (1999). The Employment Brand. Building Competitive Advantage in the Labor Market. Washington: The Corporate Executive Board.
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Dr. Armin Trost ist Professor an der Hochschule Furtwangen, Fakultät für International Business. Er lehrt und forscht im Bereich Human Resource Management mit den Schwerpunkten Talentmanagement und angewandte wissenschaftliche Forschungsmethoden. Er ist Partner und Mitgesellschafter der Unternehmensberatung Promerit AG.

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