Semantic Web

Bahn frei für ein smarteres Web

Weltweit basteln Forscher am «nächsten Internet». So soll es das «Semantische Web» leichter machen, Inhalte, aber auch Menschen in den Datenmeeren der Netze zu finden. Die Idee an sich ist so alt wie das World Wide Web selbst, doch erst jetzt gilt es langsam ernst für ein smarteres Web. Wir lassen Fachleute zu Wort kommen, wie Unternehmen und insbesondere das Personalwesen von dieser Entwicklung profitieren.

Wissen innerhalb von Unternehmen ist zumeist in Textformaten gespeichert: als E-Mail, Bericht, Studie oder Präsentation. Und immer schneller wird es mehr – Wissen, Datenmengen: Laut den Marktforschern von IDC steigt die globale, digitale Informationsflut derzeit um 60 Prozent jährlich und wird bis 2011 rund 1800 Exabyte umfassen. Dies entspricht einer Verzehnfachung gegenüber 2006. Könnten mit einfachen Mitteln aus diesen unstrukturierten Daten strukturierte Informationen gewonnen werden, wären Firmen recht bald «klüger». Doch wie lassen sich die Datenberge am besten durchwühlen und Informationen daraus ziehen?

Bisher versuchten dies Methoden wie Data Mining oder Text Mining. Erstere untersucht strukturierte Daten, wie sie in Datenbanken gespeichert sind, während Text Mining (auch Text Analytics) die diffizilere Aufgabe hat, aus unstrukturierten Texten unter Verwendung von Sprachanalyse Informationen zu extrahieren. Wo komplexe Entscheidungsprozesse unterstützt und dabei grosse Informationsmengen verarbeitet werden müssen, finden sich indes zusehends semantische Technologien, wofür Daten mit «Metadaten» angereichert werden.

Die Frage, ob das Semantic Web kommen wird oder nicht, ist längst entschieden: «Alle grossen Serviceprovider wie Google oder Amazon arbeiten schon mit Metadaten», weiss Tassilo Pellegrini, Mitbegründer der Semantic Web Company in Wien. Vor allem vier Branchen sieht er derzeit, die auf semantische Technologie setzen: die Pharma- und die Medienbranche, den Energiesektor und das Banken- und Versicherungswesen. Würden etwa medizinisch-wissenschaftliche Texte semantifiziert, könnten Pharmaforscher leichter und schneller von neuen, für sie relevanten Ergebnissen erfahren.

Die Implementierung von Metadaten, die zu mehr Effizienz beim Informationsmanagement führen, ist allerdings nicht ohne finanziellen Aufwand und Unterstützung von erfahrenen Beratern machbar. Doch zunehmend holen sich grosse Firmen, aber auch KMU Experten für das Semantische Web ins Haus. «Im Mittelpunkt unseres Consultings über die nächste Webgeneration steht heute oft die Frage, wie auch die 
Synergie aus Social und Semantic Web für Unternehmensanwendungen genutzt werden kann – etwa für Expertensuche, Wissens- und Skill-Management oder E-Business», sagt Pellegrini.

Neue Fähigkeiten erforderlich?

Spielen semantische Technologien bereits eine Rolle in der Wirtschaft und Industrie? Keine geringe, denn mit ihrer Hilfe werden schon heute Nachrichtentexte, Marktstudien oder Trendanalysen besser durchsuchbar gemacht. (So semantifizierte die «New York Times» u.a. alle Artikel seit 1987.) Durch eine halbautomatische Vernetzung von Informationsbeständen bzw. mittels Ähnlichkeitssuche lassen sich oft Querverbindungen entdecken, die etwa einem Analysten neue Einblicke geben können. Besonderes Potenzial birgt das vor allem für wissensintensive Bereiche wie Asset Management oder Investment Banking.

Definiert Semantik das Netz von neuem? Erfordert dies neue Fähigkeiten? Pellegrini sagt: «Ja und nein. Skills wie etwa Kompetenz bei Metadaten, werden aber zur Chefsache, denn sie sind alles andere als trivial. Metadaten liefern Information über Information. Ihre Bewirtschaftung ist etwa das Kerngeschäft von Suchmaschinen und E-Commerce-Anbietern.» Eines ist für Pellegrini und seine Mitarbeiter klar: Wissen ist ein Gut, das geteilt werden sollte. Dazu müssen einige Parameter beachtet werden. Aber wenn Unternehmen nicht heute beginnen, Strategien für den effizienten Umgang mit der Ressource Wissen zu entwickeln, können sie morgen nicht wettbewerbsfähig bleiben.

Was ist das Semantic Web?

Die Idee des Semantischen Web geht zurück auf Tim Berners-Lee, den Erfinder des World Wide Web. Semantisch bedeutet hier, dass Inhalte nicht nur eine Bedeutung haben, sondern auch in Beziehung zu anderen Bedeutungen stehen, somit hierarchische Klassen bilden oder sich gegenseitig ausschliessen. Beispiel: Ein LKW ist ein Auto, aber weder PKW noch Geländewagen. Solche semantischen Klassifizierungen werden als Metadaten den Inhalten beigefügt. Dafür sind die Web Ontology Language (OWL) sowie das Resource Description Framework (RDF) entwickelt worden, zwei maschinenlesbare Sprachen zur formalen Beschreibung von Multimediainhalten.

Das Semantische Web funktioniert «unter der Motorhaube» (Pellegrini): Ein Laie bemerkt die Vorgänge gar nicht. Basis ist die Erfassung zusätzlicher Daten, etwa zu Produkten, die online angeboten werden. Im Quelltext einer E-Commerce-Site wären dann Informationen versteckt, die für den User nicht sichtbar sind. Diese Metadaten könnten bei einem Fotoapparat etwa dessen Gewicht, technische Details oder das erhältliche Zubehör sein. Sucht ein Interessent dann eine «leichte Kamera», die weniger als 300 Franken kostet, macht ihm das Semantic Web die passenden Vorschläge. Eine mühsame Suche auf Anbieterseiten wäre nicht mehr nötig.

 

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Marion Fugléwicz-Bren ist Journalistin und PR Consultant in Wien.
www.marions.at

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