Berufsbildungsgesetz und Bologna- reform: Überblick behalten zählt
Die Bolognareform hat die Aus- und Weiterbildungslandschaft wesentlich verändert. In der Schweiz trat 2004 zudem das neue Berufsbildungsgesetz in Kraft, welches dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung trägt und sich an die veränderten Bedürfnisse unserer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft anpasst.
Mit diesem Gesetz ist ein Revisionsprozess von rund 200 Berufsbildungen verbunden. Zudem wurden die zweijährigen Berufsattestbildungen vermehrt eingeführt, welche den schwächeren Schülerinnen und Schülern die Chance bieten, einen anerkannten Abschluss und somit auch eine bessere Arbeitsmarktfähigkeit zu erlangen.
HR-Manager sind im Tagesgeschäft sowohl bei der Personalrekrutierung als auch bei der Beurteilung, Entlöhnung und Entwicklung mit einer Flut von neuen Aus- und Weiterbildungen konfrontiert. Es tauchen Fragen auf wie: Entspricht ein Ingenieur HTL heute einem Bachelor FH? Oder wo ist ein NDS-Betriebswirtschaft anzusiedeln? Wie unterscheidet es sich von einem NDS-HF? Kann man Pflege als Lehre absolvieren oder gar an der Uni studieren? Wo liegen da die Unterschiede?
Die Beantwortung dieser und anderer Fragen in diesem Zusammenhang erfordert von den HR-Managern die vertiefte Kenntnis der aktuellen Aus- und Weiterbildungslandschaft.
Von der Krankenschwester DNII zur Pflegefachfrau HF
Bolognareform auf der Tertiärstufe
Die Bolognareform führte zu einer Dreiteilung der schweizerischen Hochschullandschaft. Diese besteht aus den universitären Hochschulen und der ETH, den Fachhochschulen und den Pädagogischen Hochschulen. Während an den Universitäten und der ETH Grundlagenforschung betrieben wird, konzentrieren sich die Fachhochschulen auf die angewandte Forschung. An den Pädagogischen Hochschulen findet die Lehrerbildung der Vorschul-, Primar- und Sekundarschulstufe statt. An allen drei Hochschulen können Bachelors und Masters erworben werden.
Bei Masterabschlüssen muss zwischen den konsekutiven und exekutiven Mastern unterschieden werden. Während Erstere eine Vertiefung im Fachgebiet des absolvierten Bachelorabschlusses anbieten, kann mit Letzeren ein Abschluss in einem interdisziplinären Fachgebiet erworben werden; beispielsweise kann ein Chefarzt zum Leiten einer Klinik die erforderlichen Managementfähigkeiten mit einem exekutiven Master in BWL erwerben. Es ist also möglich, nach einem absolvierten konsekutiven Master einen zweiten Master exekutiv anzuhängen. Die konsekutiven Mastergänge werden vom Bund zuerst akkreditiert (bewilligt) und dann auch subventioniert. Die exekutiven Master werden meist nicht subventioniert.
Nebst den Hochschulen gehören zur tertiären Ausbildung auch noch eine Fülle von Berufsprüfungen (BP), Höheren Fachprüfungen (HFP) oder Meisterprüfungen sowie die Höheren Fachschulen (HF). Zahlreiche Abschlüsse haben auch ihre Namen geändert. So nennt sich ein Techniker TS heute etwa Automatiker HF. Eine ehemals diplomierte Krankenschwester DNII nennt sich heute diplomierte Pflegefachfrau HF. Beide Ausbildungen werden an einer Höheren Fachschule angeboten.
Neue Weiterbildungen
Bei den zahlreichen Aus- und Weiterbildungen auf der Quartärstufe wurden die Begriffe Nachdiplomstudium (NDS) und Nachdiplomkurs (NDK) nach und nach durch die Abschlüsse CAS (Certificate of Advanced Studies), DAS (Diploma of Advanced Studies) oder MAS (Master of Advanced Studies) ersetzt. Bei den MAS handelt es sich um die obig bereits erwähnten exekutiven MAS. Die CAS entsprechen weitgehend dem alten NDK und die MAS den alten NDS. Das DAS ist ein Diplomlehrgang und schliesst nach bestandener Qualifikation mit einem Diplom ab.
Neben dem pulsierenden Tagesgeschäft bleibt den HR-Managern nicht allzu viel Zeit, sich mit all den Änderungen in der Bildungslandschaft vertraut zu machen und überall immer auf dem neuesten Stand zu sein. Zudem sind viele Aus- und Weiterbildungen immer noch im Fluss und werden zu einem späteren Zeitpunkt definitiv festgelegt.
Zur Unterstützung der Kernaufgaben des integrierten HR-Managements lohnt sich der firmenspezifische Aufbau und die Entwicklung einer Systematik, welche in Bezug auf die Aus- und Weiterbildungen eine Übersicht bietet. Es geht einerseits darum, schnell und unkompliziert zu eruieren, für welche Funktion es welche Aus- und Weiterbildungen braucht. Andererseits sollte das HR-Management bei der Durchsicht von Dossiers einschätzen können, was die aufgeführten Aus- und Weiterbildungen bedeuten resp. wert sind. Beim wichtigen Aspekt der Beratung von Führungskräften resp. der Linie im Bezug auf die Rekrutierung, Beurteilung und Weiterentwicklung der Mitarbeitenden, würde eine solche Systematik die notwendige Unterstützung bieten.
Den Überblick zu behalten, ist zentral für die Wissensgesellschaft
Dazu braucht es ein Gesamtkonzept, in dem das Personalmanagement über ein Kompetenzenmodell in das gesamte Human Resources Management eingebettet ist. Die Karrierepfade von Mitarbeitenden respektive deren zugrunde liegenden Funktionen werden mit Kompetenzprofilen hinterlegt, die auf der Fach-, Sozial-, Selbst- und Führungskompetenz basieren. Die Fachkompetenz stellt dabei eine der wichtigsten Kompetenzen dar und darauf basierend wird eine entsprechende Ausbildungssystematik entwickelt. Fachkompetenz wird in der Aus- und Weiterbildung erworben und weiterentwickelt. Wichtig ist dabei zu wissen, welche Aus- oder Weiterbildung es aktuell braucht, um eine bestimmte Funktion kompetent ausüben zu können.
Lebenslanges Lernen ist heute in den meisten Arbeitsbereichen ein Must, das vom HR-Management bewusst gefördert werden sollte. Gerade in Bezug auf die demografische Entwicklung muss die Arbeitsmarktfähigkeit auch im höheren Alter gewährt bleiben. Zudem ist Wissen in der Schweiz ein grundlegender Rohstoff. Jedes Unternehmen sollte daher als Überblick eine Systematik zur Hand haben, welche HR-Managern und den Führungskräften die Grundlage bietet, in diesem neuen und veränderten Umfeld sicher zu navigieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen.