Tools & Methoden

Bessere Entscheidungen treffen 
mithilfe von Self Services

Selbst-Service-Prozesse sind im Personalwesen ein wichtiges Thema. Neben einer höheren Produktivität im HRM erlauben sie Führungskräften den direkten Zugriff auf signifikante Personaldaten. Eine aktuelle Umfrage zeigt, wo Self Services in Schweizer KMU bereits genutzt werden.

Spricht man von Selbst-Services im Personalwesen, trifft man in der Praxis auf zwei Anwendungen: ESS (Employee Self Services) und MSS (Manager Self Services). Die moderne Technik ermöglicht Mitarbeitenden und Führungskräften, selbständig auf Personaldaten zuzugreifen, sie zu bearbeiten und auszuwerten. Die Ziele heissen: mehr Produktivität und Effizienz sowie eine schnellere und bessere Verfügbarkeit von Kennzahlen und Statistiken für Linienverantwortliche.

Das Thema Self Services im HRM geht einher mit dem heutigen Verständnis einer modernen, dienstleistungsorientierten Personalabteilung. Wo noch unlängst administrative Tätigkeiten zentral waren, haben die Personalplanung, die Qualifikation der Mitarbeitenden und die Weiterbildung heute eine weit wichtigere Bedeutung. Dies kostet jedoch auch mehr Zeit. Effiziente ESS- / MSS-Technik erlaubt es aber, administrative Prozesse in Form von Self Services an Manager und Angestellte zu übergeben beziehungsweise diese in gewisse Prozesse einzubinden.

KMU sind zurückhaltend bei ESS

Betrachten wir zunächst die Möglichkeiten von ESS. Dazu zählt v.a. die Möglichkeit, dass Mitarbeitende auf persönliche Daten wie Adresse, Bankverbindung etc. direkt über einen Computer zugreifen und sie selbst bearbeiten können. Einen Schritt weiter geht die Selbstverwaltung bei Prozessen, die Interaktionen von Mitarbeitenden und HRM beziehungsweise Linienverantwortlichen auslösen. Das wären etwa die Erstellung und Übermittlung von Anträgen für Weiterbildungen, Urlaube und Reisen, aber auch die Möglichkeit, dass Mitarbeitende bei der Personalabteilung online Unterlagen wie Lohnausweis-Bescheinigungen anfordern können. Als Teil eines ESS-Prozesses lassen sich aber auch die Arbeitszeiten erfassen, die dann als Statistikmaterial für das Unternehmen zur Verfügung stehen und einfach ausgewertet werden können.

Obwohl die ESS-Vorteile wie Zeitersparnis, die Reduktion von redundanten Tätigkeiten für die HR-Abteilung und die Automatisierung von Prozessen auf der Hand liegen, sind viele Schweizer Unternehmen zurückhaltend. Dies zeigt eine im August 2011 vom Business-Software-Anbieter Sage durchgeführte Kundenumfrage. Auf die Frage, welche Bedeutung ESS in den nächsten fünf Jahren haben wird, antworteten mehr als die Hälfte: «eine geringe Bedeutung». Am ehesten vorstellbar ist die selbständige Online-Erfassung von Absenzen und Spesen.

Die Zurückhaltung der KMU lässt sich begründen: Erstens verfügt die Schweiz über ein sehr restriktives Datenschutzgesetz. Sobald persönliche Informationen zugänglich gemacht werden, stellt sich die Frage nach der Sicherheit, was bei Personalabteilungen oft Unbehagen auslöst. Zweitens bedarf es eines Umdenkens, will ein Unternehmen Mitarbeitende in die Personalprozesse einbinden. Die Angestellten erhalten mehr Eigenverantwortung, was auch die Unternehmenskultur tangiert.

Ein weiterer «Hemmschuh» ist aber auch, dass in vielen KMU, wie zum Beispiel in Gewerbeunternehmen, nicht alle Mitarbeitenden einen Online-Zugang haben, sodass weiterhin zusätzlich ein manueller Prozess sichergestellt werden müsste. Letztlich sind es aber vor allem die verursachten Kosten und der Zeitbedarf, die bei der Einführung von ESS/MSS Hindernisse darstellen.

Offener gegenüber ESS zeigen sich Unternehmen mit stark dezentralen und internationalen Strukturen. Für sie lässt sich ein solcher Plan auch einfacher realisieren, weil Mitarbeitende bereits von den Strukturen her gewohnt sind, mehr Selbstverwaltung in der Gestaltung der Arbeitsabläufe zu übernehmen. Solche Strukturen finden sich vornehmlich in Konzernen. Eine 2003 in Deutschland durchgeführte Studie von IMB Consulting bestätigt dies. Laut dieser gab es bereits dazumal bei 23,5 Prozent der befragten Unternehmen mit über 5000 Beschäftigten ESS.

Bedarf an Reports und Statistiken

Beim Stichwort MSS reagieren die Unternehmen offen. Hier zeigt die Umfrage, dass das Interesse an Lösungen, die Kennzahlen und Reports aus dem HRM liefern, gross ist. So antwortete eine deutliche Mehrheit der Befragten in der genannten Umfrage, dass sie diese Form von Selbst-Services begrüssen würden.

MSS vereinfachen die Zusammenarbeit zwischen HR und den Linienverantwortlichen und geben diesen Zugriff auf wichtige Informationen. Führungskräfte sind heute gewohnt, von verschiedenen Standorten aus zu arbeiten und zu agieren. So wollen sie auch auf Reports zeitlich und örtlich unabhängig zugreifen und die Daten je nach Informationsbedarf auswerten. Self Services leisten aber auch einen wertvollen Beitrag bei Genehmigungsprozessen sowie bei den jährlichen Mitarbeiterbeurteilungen. Diese Prozesse lassen sich mittels MSS erheblich beschleunigen.

Business-Intelligence-Lösungen

Wie lassen sich Self Services in einer Unternehmung umsetzen? Zunächst bietet schon eine fortschrittliche Personalsoftware die Realisierung einfacher ESS-Prozesse, wie etwa die Verwaltung von internen Telefonlisten. Für weitergehende 
Prozesse der Selbstverwaltung von Personaldaten findet sich auf dem Markt geeignete ESS- und MSS-Software. Dabei werden die Funktionalitäten sinnvollerweise in Form eines Personal-Portals zur Verfügung gestellt.

Wenn es jedoch darum geht, wie das dringendste Anliegen der Führungskräfte – nämlich die adäquate Auswertung von HR-Daten –  befriedigt werden kann, dann bietet sich eine Business-Intelligence-Lösung (BI) an. BI hat zum Ziel, Erkenntnisse und Zahlen zu gewinnen, die mit Blick auf die Firmenziele die besseren operativen oder strategischen Entscheidungen ermöglichen (siehe auch Ausgabe 4/2010). Es gibt dafür Lösungen, mit denen sich moderne HR-Software ergänzen lässt und mit denen die Personaldaten von den Linienverantwortlichen selbst ausgewertet und analysiert werden können.

So lassen sich Kennzahlen ermitteln und aussagekräftige Statistiken erstellen, etwa zu Fehlzeiten, Fluktuationsraten, Lohnentwicklung, Lohnniveau, Altersstruktur und Ausbildungserfolg. Einen grossen Zeit- und Qualitätsgewinn sowie echten Service bieten dabei Reports mit Abo-Funktion. Führungskräfte können so wiederkehrende Auswertungen wie etwa Personalstatistiken, Geburtstags- und Jubiläumsübersichten abonnieren. Die Aufbereitung der Daten erfolgt vollautomatisch. Von hohem Nutzen sind solche Lösungen nur, wenn sie online via Webbrowser ohne vorherige Installation auf einem Arbeitsplatzrechner genutzt werden können.

Praxisbeispiel MSS

Ein Beispiel aus der Praxis bestätigt, dass MSS einem wichtigen Bedürfnis folgen. So suchte ein Beratungsunternehmen für Wealth- und Asset-Management, das über mehrere Standorte im In- und Ausland 
verfügt, eine Lösung, mit der

  • das Reporting zwischen HR und Controlling effizient gestaltet werden kann,
  • 

Zugriff auf die Personaldaten gegeben ist und
  • 
Management und Linienverantwortliche Informationen erschliessen können, die bisher noch nicht genutzt wurden.

Umgesetzt wurden diese Anforderungen mit einer durch BI erweiterten HR-Software, die als Scharnier den Weg öffnet zur Selbstverwaltung der Personaldaten. Zurzeit wird die Lösung für wiederkehrende Reports und für Ad-hoc-Auswertungen genutzt, die standortübergreifend bisher zu aufwändig waren, um sie mit den bestehenden Lösungen zu erstellen. So greifen Linienverantwortliche heute auf eine Vielzahl von  Personaldaten zu, ohne damit das HRM administrativ zu belasten, und profitieren von Erkenntnissen, die für die Unternehmensführung von grosser Bedeutung sind.

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Walter Kaufmann, Head of Product Marketing bei Sage Schweiz. Von 1997 bis 2006 war er Entwicklungsleiter/Produktmanager der Lohn- & HR-Softwarelösung «Sage 200 Personal», heute eines der meistverbreiteten HR-Softwaresysteme in Schweizer KMU.

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