Betriebliches Gesundheitsmanagement

Besserer Einsatz der BGM-Mittel dank systemischem Ansatz

Das Umfeld wirkt stark auf die Gesundheit, Interaktionsqualität und Leistung der Menschen. Daher lohnt es sich, die Wechselbeziehungen zwischen Organisation und Mitarbeitenden unter die Lupe zu nehmen und sie in einem BGM-Cockpit zusammenzuziehen.

Die Arbeits-, Sozial- und Gesundheitswissenschaften haben in den letzten Jahren das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) als integrativen und interdisziplinären Interventionsansatz entwickelt (Bauer & Jenny, 2007). Konzeptuell basiert es auf dem Ansatz der Salutogenese, d.h., es bezieht sich auf Faktoren, die zur Entstehung und Erhaltung von Gesundheit führen und die organisationalen, individuellen und umweltbezogenen Gesundheitsdeterminanten am Arbeitsplatz positiv beeinflussen. Diese Determinanten erklären einen nicht zu vernachlässigenden Anteil von Unterschieden im Bereich der Gesundheit, der nachhaltigen Leistung und der Arbeitsqualität. Deshalb ist BGM von wirtschafts- und gesellschaftspolitischem Interesse.

Viele Unternehmen sind der Meinung, dass sie viel für gute Arbeitsbedingungen tun (Bauer & Jenny, 2010). Der Beratungsalltag zeigt aber, dass die meisten Betriebe auf punktuelle Umsetzung einzelner Massnahmen fokussieren, die nicht koordiniert werden, oder BGM als vorübergehendes Optimierungsprojekt ohne Anknüpfung an den Betriebsalltag betrachten.

Kompetenz trifft auf Kultur

Das systemische BGM betrachtet den Betrieb als soziales System, in dem Gesundheit und Leistung durch das optimale Wechselspiel zwischen Mitarbeitenden und Organisation entsteht und die Führung eine zentrale Gestaltungsrolle übernimmt. Mitarbeitende bringen ihre berufsbezogene Kompetenz, Motivation und Identität mit in den Arbeitsalltag. Dort treffen sie auf die Organisation mit ihrer Struktur, Strategie und Kultur. Im Wechselspiel zwischen Mitarbeitenden und Organisation entstehen Arbeitsabläufe und Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden sowie mit der Führung. Ein systemischer Beratungsansatz hilft, unterschiedliche Perspektiven während des Veränderungsprozesses zu beachten und adäquat einzubeziehen, um so Neben- und Fernwirkungen besser abzuschätzen und abzufedern (Lehmann, 2006).

Gemeinsam Prioritäten setzen

Zusammenhänge werden in einem BGM-Cockpit einer gesunden Organisation dargestellt, welches an die Realität der Führung ankoppelt und als Landkarte für alle Beteiligten dient. Damit in der Unternehmung gezielt die wichtigsten Belastungen und Ressourcen verbessert werden können, werden für die Dimensionen im BGM-Cockpit Kennzahlen definiert und erhoben: einerseits auf der Seite zur Person, Organisation, ihrer Interaktion und der Umwelt, andererseits zu Gesundheit, Arbeitsqualität und nachhaltiger Leistung des Betriebs.

Idealerweise fliessen in das BGM-Cockpit weitere Daten aus Mitarbeitendenbefragungen, Absenzenmanagement etc. ein. Auf dieser Basis können Führungskräfte gemeinsam mit den Mitarbeitenden BGM-Prioritäten setzen. Der Geschäftsleitung dient das Cockpit als Management-Tool, um das BGM zu beobachten, koordinieren und evaluieren. Dies vereinfacht und optimiert die BGM-Steuerung und -Vernetzung, was zu einem verbesserten Einsatz der Mittel führt.

Da das Cockpit eng an den Managementalltag angekoppelt ist, unterstützt es auch die strategische Unternehmensführung und fliesst in den Unternehmensalltag ein. Bei der Implementierung einer umfassenden Prozessoptimierung dienen folgende Phasen als Orientierung: 1. Sensibilisierung, 2. Analyse, 3. Massnahmenentwicklung, 4. Massnahmenumsetzung, 5. Evaluation und Verstetigung.

Alle Perspektiven im Cockpit

Im systemischen BGM-Prozessablauf werden die Perspektiven von Führungskräften, Fachpersonen und Geschäftsleitung einbezogen, während das gängige BGM-Vorgehen insbesondere die Perspektive der mittleren Führung wenig beachtet. Daher wird im systemischen BGM im Workshop «Kompetenzentwicklung Führung» die Führung befähigt, auf Basis der im BGM-Cockpit dargestellten Analyseergebnisse mit ihren Mitarbeitenden selbst Massnahmen zu entwickeln.

Ausserdem erhalten die Führungskräfte die Gelegenheit, sich ihren eigenen Belastungen und Ressourcen zu widmen. Ziel dieses Vorgehens ist das Zusammentragen unterschiedlicher Perspektiven, wodurch Massnahmenvorschläge und Lösungshypothesen formuliert werden und somit das lösungsorientierte Denken gefördert wird. Durch den Kompetenzaufbau und die Ankoppelung von BGM an das Management während der Einführung des Prozesses wird das Unternehmen befähigt, das BGM-Cockpit selbständig zu steuern und den Prozess nachhaltig weiterzuführen.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Anita Blum-Rüegg, dipl. Psychologin FH, ist Projektleiterin im Beratungszentrum BGM-Zürich.

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