Gesundheit und Psychologie

Bewegungssensor bringt Mitarbeiter von PostMail auf Trab

Wer sich täglich 30 Minuten lang so bewegt, dass er ausser Atem kommt, beugt Erkrankungen und Stress wirksam vor. Dennoch schaffen das die wenigsten. Mit einem Sensor macht PostMail nun das Bewegungsverhalten ihrer Mitarbeiter 
im Alltag sichtbar – und macht Bewegung damit zum wichtigen Gesprächsthema im Unternehmen.

Allen war klar, dass das 2007 geschaffene Konzept der betrieblichen Gesundheitsförderung entsprechend der Firmenkultur top-down kommuniziert werden soll. Doch wie schaffen wir es, sowohl Führungspersonen als auch Mitarbeitende für die Thematik zu gewinnen, damit sie künftig eigenverantwortlich handeln, wie dies die Vision des BGF-Konzepts formuliert? Bald war die Idee entstanden, über ein Abbild des Bewegungsverhaltens die Führungspersonen wie auch die Mitarbeiter persönlich betroffen zu machen, um so die Wichtigkeit der betrieblichen Gesundheitsförderung aufzuzeigen.

Die Wahl fiel auf Bewegung, da sie der zentrale Verhaltensschwerpunkt der Gesundheitsförderung ist und sich direkt auf die weiteren Themenkreise Ernährung und Entspannung auswirkt. Zudem ist genügend Bewegung gemäss Untersuchungen der gesundheitserhaltende Faktor, denn sie beugt Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch Stress vor. Dennoch bewegen sich rund zwei Drittel der Bevölkerung zu wenig. Auf PostMail übertragen sind dies rund 16 000 Mitarbeitende.

Konkret wurde die Geschäftsleitung während zweier Wochen mit so genannten Bewegungssensoren ausgerüstet. Die eigenen Daten, zusammen mit jenen aus 15 Pilotteams verschiedener Geschäftsbereiche, ergaben einen fundierten Einblick in den Bewegungsalltag des Unternehmens und damit wichtige Entscheidungsgrundlagen für die Lancierung. In der Folge haben alle Leitungsteams des Unternehmens kaskadenartig ihr Bewegungsverhalten kennengelernt. Auffallend ist, dass die Scores aus sensibilisierten Teams rund 25 Prozent höher ausfielen im Vergleich zu den Pilotteams.

Enttäuschte Teams suchen nach Möglichkeiten der Verbesserung

Welchen Nutzen bringt der Bewegungssensor dem Einzelnen und dem Unternehmen insgesamt? Die Reaktionen der Mitarbeitenden waren unterschiedlich: Für viele war das Resultat der Standortbestimmung eher ernüchternd, da sie ihr Bewegungsverhalten «besser» eingeschätzt hatten. Einzelne haben eine Folgebegleitung auf privater Basis weitergeführt. Andere waren positiv überrascht, insbesondere jene, die im Alltag viele Wege mit eigener Muskelkraft zurücklegen. Wieder anderen bestätigte die Messung, was sie bereits wussten.

Es kann beobachtet werden, dass Bewegung und Gesundheit im Allgemeinen seit dem Einsatz der Sensoren zu einem grossen Thema im Unternehmen geworden sind und hierzu eine Sensibilisierung stattfindet. Die Diskussionen wandern gewissermassen im Unternehmen herum und sind vor allem dort anzutreffen, wo der Bewegungssensor getragen wird. Insbesondere in Teams, deren Mitglieder enttäuscht über ihre Ergebnisse sind, wird intensiv nach Möglichkeiten gesucht, wie die Alltagsbewegung verbessert werden kann. So begannen diverse Mitarbeitende ihr Verhalten zu verändern, indem sie beispielsweise bewusst zu Fuss vom Bahnhof zum Arbeitsplatz gehen oder abends nach einem langen Arbeitstag einen Spaziergang machen, statt vor dem Fernseher abzuschalten.

Einzelne Leitungsteams wünschten, die Standortbestimmung zu wiederholen, so auch die Geschäftsleitung. Sie trägt seit zwei Jahren jährlich zwei Mal den Bewegungssensor. Damit wird das Thema verankert. Gewiss, das Tragen des Bewegungssensors hat für Einzelne eher Aufforderungscharakter. Wir sind uns bewusst, dass einzelne während des Tragens des Sensors aussergewöhnlich viel Sport betreiben. Diese Mitarbeitenden haben ihr Verhalten zwar noch nicht nachhaltig verändert, doch sie sind sich schon sehr bewusst, wo es langgeht. Entscheidend ist, dass gerade jene motiviert werden, die noch zu wenig Bewegung in den Alltag integriert haben. PostMail ist überzeugt, dass einige Mitarbeitende aufgrund der intensiven Förderung der Alltagsbewegung längerfristig ihr Verhalten ändern und so gesund bleiben.

Bisher haben die Sensorbegleitungen verdeckt stattgefunden. Das heisst, die Mitarbeitenden hatten keine direkte Dateneinsicht. Neu finden die Begleitungen sowohl verdeckt als auch offen statt, um neben einer Standortbestimmung auch gleich eine Veränderung zu lancieren. Für das kommende Jahr ist geplant, weitere Mitarbeitende mit Bewegungssensoren auszustatten und die Sensibilisierung in einzelnen Arbeitsteams zu lancieren. Neuen Mitarbeitenden am Hauptsitz wird angeboten, mittels Bewegungssensor eine Standortbestimmung der Alltagsbewegung vorzunehmen und so die Vision des BGF-Konzepts gleich am eigenen Leib kennenzulernen.

Der Bewegungssensor

reagiert auf Beschleunigung. Er misst, wann wir uns wie lange und wie intensiv bewegen. Die im Sensor gespeicherten Daten lassen sich auf einen Computer übertragen und in verständlichen Grafiken darstellen. Die Grafiken zeigen das Bewegungsverhalten sowohl detailliert für einen Tag als auch im Überblick über längere Zeit. Ein Score errechnet, ob die gesammelte Aktivität gesundheitswirksam war. Als gesundheitswirksam gilt die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierte tägliche Bewegungszeit von einer halben Stunde, in der man etwas ausser Atem kommt. Diese 30 Minuten können auch in kurzen 10-Minuten-Einheiten absolviert werden. Das Argument, man habe keine Zeit, greift also nicht, entscheidend ist die Erkenntnis, wo diese 10 Minuten jeweils verankert werden können.

 

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Dr. Claudia Kaiser-Probst ist Arbeits- und Organisationspsychologin. Sie arbeitet als Spezialistin im Gesundheitsmanagement bei PostMail und ist verantwortlich für die Weiterentwicklung des PostMail-eigenen Gesundheitsförderungsprogramms «Santé Plus».

Weitere Artikel von Claudia Kaiser-Probst

Dr. Daniel Angehrn ist Sport- und promovierter Naturwissenschafter ETH. Er ist Geschäftsführer der Firma movita GmbH. movita bietet verschiedene Programme zur Stärkung der gesundheitlichen Eigenverantwortung, welche im betrieblichen Gesundheitsmanagement, im 
Disease-Management sowie in der Prävention eingesetzt werden.

Weitere Artikel von Daniel Angehrn