Buchtipp

«Die nächste Krise kommt bestimmt»

Bettina Zimmermann hat zusammen mit drei Kollegen ein umfassendes Handbuch zum Thema Krisenmanagement herausgegeben. Die Autorin über potentielle Krisen, Risk Management und was es zu beachten gilt.

Frau Zimmermann, auf welche möglichen Krisen und Szenarien müssen Unternehmen vorbereitet sein?

Bettina Zimmermann: Damit ein Unternehmen überhaupt abschätzen kann, welche Krisen eintreten können, sollte es sich mit seinen Risiken auseinander setzen. Börsenkotierte Unternehmen sind im Übrigen verpflichtet, ein Risk Management zu haben. In einer sogenannten Risikobeurteilung kann ein Unternehmen feststellen, wo mögliche Gefahren liegen. Solche Gefahren oder potentielle Krisenherde sind stark von der Branche abhängig oder auch von den Menschen, die dort arbeiten. Eine Produktionsfirma kann zum Beispiel mit einem Produkterückruf, Spitäler mit einem Haftpflichtsfall konfrontiert werden, Lebensmittelhersteller mit Verunreinigungen. Ein schreckliches Szenario, vor dem niemand gefeit ist, ist zum Beispiel ein Amoklauf, wie er letztes Jahr in der Firma Kronospan im luzernischen Menznau passierte. Auf all diese möglichen Krisen kann man sich vorbereiten, in dem man sich mit dem Thema Krisenmanagement auseinander setzt.

Was ist das Wichtigste, was Firmen im Fall einer Krise machen müssen?

Ein Fehler vieler Unternehmen ist, dass sie die Krise nicht als solche erkennen. Oft werden Situationen tiefgestapelt, weil sich die Verantwortlichen der Ausmasse nicht bewusst sind. Sie unterschätzen auch die Geschwindigkeit der Medien. Heute läuft Krisenkommunikation in Echtzeit ab, die Medien berichten auf ihren Online-Plattform sofort. Deshalb ist es enorm wichtig, dass sich Unternehmen schon vor einer Krise mit möglichen Situationen auseinandersetzen und Szenarien entwerfen, damit bei einem Vorfall schnell erste Massnahmen getroffen werden können. Gerade die erste Phase einer Krise ist oft enorm chaotisch und unübersichtlich. Wird diese Phase gut gemeistert, ist man der Krise in der Regel einen Schritt voraus, sonst rennt man ihr ewig hinterher.

Zur Person

Bettina Zimmermann ist Teilhaberin und Mitglied der Geschäftsleitung der GU Sicherheit AG in Wil sowie Inhaberin der Metamind GmbH in Muri b. Bern. Sie ist Beraterin für Firmen und Blaulichtorganisationen in den Bereichen interne und externe Krisen­kommunikation sowie umfassendes Care. Im Ereignisfall gibt sie Coachings und begleitet Firmen in der Krisenbewältigung. Bettina Zimmermann ist Dozentin und Seminarleiterin an verschiedenen Bildungsinstituten und hat mehrere Jahre Erfahrung in politischen Ämtern, unter anderem als Gemeinderätin.

 Sartory, Beda; Senn, Patrick; Zimmermann, Bettina; Mazumder, Sita: Praxishandbuch Krisenmanagement. Midas Management Verlag 2013.

Sie haben die 4C-Krisenmanagement-Methode entwickelt, die Sie im Buch ausführlich beschreiben. Können Sie diese kurz erklären?

Wir haben diese Methode für eine umfassende Bewältigung von Krisen entwickelt. Der erste Punkt ist Command. Dabei geht es um die Problemerfassung der Krise, ihren Einfluss aufs Unternehmen, welche Massnahmen ergriffen werden müssen und um die Koordination.

Das zweite C steht für Communication.

Genau, da geht es um die Kommunikation über das Ereignis via die Medien, also die eigentliche Krisenkommunikation. Das dritte C steht für das umfassende Care. Hier geht es um den Menschen als Ganzes. Es geht darum bei Mitarbeitenden, Angehörigen, Betroffenen zu erkennen, was nötig ist. Zentral ist hier während einer Krise die regelmässige Information von Mitarbeitenden. Dann braucht es je nach Ereignis vielleicht eine Hotline, Schutz- und Abschirmmassnahmen vor Journalisten oder Gaffern oder psychologische Betreuung.

Das letzte C steht für Compliance. Worum geht es da?

Bei Compliance geht es um Regelkonformität. Compliance regelt alles, was es im Risk Management an Vorgaben gibt, es regelt und kontrolliert alle Prozesse. Wird alles eingehalten, werden gewisse Sachen frühzeitig erkannt, so dass es im Idealfall gar nicht erst zu einer Krise kommt.

Welche Rolle kommt dem HR bei Krisen zu?

Sind Mitarbeiter betroffen, kommt das HR immer ins Spiel, es nimmt sogar eine zentrale Rolle ein. Wird zum Beispiel ein Gebäude evakuiert, muss das HR Mitarbeiter-Listen generieren, damit klar wird, wer im Gebäude war und wer nicht. Wird ein Mitarbeiter psychisch oder physisch verletzt, gilt es, die Betreuung zu organisieren. Das HR ist in der Pflicht, mitzudenken, welche Massnahmen nötig sind. Meistern die HR-Verantwortlichen die Krise gut, helfen sie dem Unternehmen, die Reputation zu behalten und zu stärken. Je besser sie die Krise meistern und zu den Mitarbeitern schauen, umso mehr hat das einen positiven Einfluss auf die öffentliche Meinung.

Welches sind die häufigsten Fehler, die Unternehmen im Krisenfall machen?

Wie oben schon erwähnt, reagieren Unternehmen oft nicht rechtzeitig, weil sie die Situation unterschätzen. Ein Fehler ist auch, Informationen und Sachverhalte zu vertuschen, um besser dazustehen. Kommen die Medien dahinter, kann das der Todesstoss für eine Firma sein. Oft ist es hilfreich, einen externen praxiserfahrenen Berater ins Unternehmen zu holen, der hilft, die Krise zu bewältigen. Ein Reputationsschaden kommt eine Organisation viel teurer als die Kosten für einen externen Berater.

Was muss nach einer Krise geschehen?

Nach der Krise ist es zentral, das Ereignis zu analysieren: Was passierte genau? Wie kam es dazu? Was haben wir gut gemacht, was weniger? Welche Lehren ziehen wir daraus? Wie können wir unser Krisenmanagement optimieren, um für den nächsten Vorfall gewappnet zu sein? Denn die Frage ist nicht, ob die nächste Krise kommt, sondern wann.

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