E-Recruiting

Die neue Rolle des HR-Profis: Vom Berater zum IT-Experten?

Das «E»-Thema wirft in der HR-Branche viele Fragen auf. Doch wie hat die digitale Revolution die Arbeit der Personaldienstleister an sich verändert?

Nicht alle Anbieter sind davon im gleichen Masse betroffen: Lebt der Executive Search nach wie vor von persönlichen Beziehungen, verändert sich die klassische Personalberatung dramatisch. Als das Thema «E» in den Mittelpunkt rückte, stand anfänglich die Frage im Raum, ob es die Dienstleis­tung «Personalberatung» überhaupt noch brauche oder ob sich zukünftig alles über Technologie lösen lasse. Heute steht zumindest im gehobenen Segment mit Spitzenmanagern fest: Technologie alleine reicht nicht aus. Für eine erfolgreiche Platzierung sind ein persönlicher Bezug beziehungsweise eine Vertrauensbeziehung und vor allem kontextuelles Wissen vonnöten, welches die Grenzen dessen sprengt, was über Technologie erfasst werden kann.

Mit dem Einzug der Technologie hat sich im hochindividualisierten Executive Search nicht so sehr die Rolle als solche, sondern die Umsetzung verändert. Das Tempo bei Interaktionen ist markant höher und der Informationsfluss schneller sowie transparenter. Doch auch im gehobenen Segment wird der professionelle Umgang mit Technologien immer wichtiger, etwa im Bereich Research, wo es dank Technologie möglich ist, globale Zusammenhänge besser und vor allem punktgenau zu erfassen.

Klassische Personalberatung ­massiv unter Druck

Der Rückschluss liegt auf der Hand: Auf standardisierbarer Ebene und überall dort, wo Funktionen oder Kompetenzen eindeutig beschreibbar sind und zugeordnet werden können, ist modernes ­Recruiting ohne Technologie und hohe Kompetenz in Social Media heute nahezu unmöglich. Der Effekt der sogenannten  «Disintermediation», der Umgehung von Mittelsmännern, ist am Erfolgszug der Online-Jobportale unschwer abzulesen. Korn/Ferry mischt in diesem Bereich über die Tochtergesellschaft Futurestep mit, welche auf Recruitment Process Outsourcing (RPO) und die Vermittlung mittlerer Kader spezialisiert ist. Die Technologiekompetenz von Futurestep ist aus strategischer Sicht ein hervorragender Mehrwert.

Modernes Recruiting – unabhängig ­davon, ob intern oder extern – definiert sich auch mit Blick auf die Nutzung entsprechender Technologien bei der Kandidatensuche sowie bei der Zuordnung von Kan­didaten auf bestimmte Positionen oder Führungsebenen. Den Unternehmen brennen derzeit zahlreiche Fragen unter den Nägeln: Wie nutze ich elektronische Medien, um meine Employer Value Proposition zu kommunizieren? Wie nutze ich Twitter, Facebook et cetera, um die Talent Communities zu erreichen und mich als Arbeitgeber zu positionieren? Die Nachfrage nach Beratung und entsprechenden Tools beziehungsweise Technologie-Know-how ist sehr gross. Futurestep betreibt eine eigene Abteilung für Talent Communica­tion & Employer Brands und hat die umfassende Integration von Technologie ins ­Recruiting bereits vollzogen und nimmt insofern eine Vorreiterrolle ein. Auf Unternehmensseite ist beispielsweise Roche diesbezüglich sehr gut aufgestellt, global gesehen sind es vor allem die Amerikaner, da diese frühzeitig auf den Technologiezug aufgesprungen sind.

Modernes Recruiting setzt auf Technologie

Recruiting und Technologie sind heutzutage untrennbar verknüpft. Technologie ist deshalb auf allen Ebenen im Einsatz: finden und ansprechen, bewerten und zuordnen, kommunizieren und pflegen. Der Aufbau spezifischer Talent Communities erfolgt über Online-Tools, welche eine Plattform für die Kontaktaufnahme zwischen Talent und Kunden bereitstellen. Diese Plattformen sind das technologische Fadenkreuz und bündeln respektive integrieren Landing Pages, Assessments, Chats, Blogs, Newsletter. Die vernetzte Präsenz erlaubt es Unternehmen, sich als Employer Brand wirkungsvoll und gezielt zu positionieren. Bei Bedarf können mögliche Kandidaten so über den bestehenden persönlichen Kontakt rasch aktiviert werden.

Bei der Ausgestaltung der idealen Schnittstelle zwischen Unternehmer und Berater besteht individuell sehr viel Spielraum. Allgemein gilt jedoch, dass gute Anbieter in die Systeme der Kunden integriert sind. Mid-Level-Anbieter, die technologisch nicht vorne mitmischen, stehen mittelfristig auf verlorenem Posten. Moderne Beratung setzt ein tiefgreifendes Technologieverständnis voraus und die Fähigkeit, dieses im Kontext der Sourcing-Strategien einzusetzen, um den Ausbau von Talent Pools sowie die effiziente Inte­gration bei den Kunden zu gewährleisten.

Berater, die ihre Kunden strategisch. das heisst nachhaltig begleiten wollen, müssen das entsprechende Online- beziehungsweise Technologieverständnis mitbringen. RPO-Anbieter sind im E-Recruiting relativ stark, den klassischen Mid-Level-Headhuntern hingegen fehlt dieses Rüstzeug oft noch. Professionelle Anbieter verfügen über eine dedizierte Online-Sourcing-Strategie für die Suche von Nischenprofilen, die weit mehr abgreift als nur Xing und LinkedIn. Moderne Recruiting-Unternehmen (mit Ausnahme der Top-Level-Beratung) nutzen unterschiedlichste Andockstellen: die Beratung des Kunden bezüglich Technologie-Nutzung, Beratung im Rahmen der Sourcing-Strategie, aber auch der Prozesse, der Systeme, der Implementierung bis hin zu einem vollständigen Recruitment Process Outsourcing (RPO) und Talentmanagement-Lösungen.

Ansprache der Talente ­immer komplexer

Weil die Kandidaten die eigene Karriereplanung immer stärker selbst in die Hand nehmen, ist Intellectual Property (IP) für Kandidaten aus Sicht externer HR-Partner ein attraktiver Wachstumsmarkt. Was früher nur ganz an der Spitze zutraf, gilt heute auch auf tieferen Managementebenen: Talente agieren unabhängig von ihrem aktuellen Arbeitgeber. Dank der sozialen Netzwerke stehen mehr Informationsquellen und «Selbstvermarktungs»-Plattformen zur Verfügung als je zuvor.
Korn/Ferry hat darum die eigenen Markt- und Fachkenntnisse mit spezifischem Know-how sowie technologisch ausgereiften Lösungen erweitert. Die Breite des Angebots in Kombina­tion mit der internationalen Reichweite erweist sich heute als Riesenvorteil, denn: Die Nachfrage nach Online Recruiting wird in Zukunft weiter steigen.

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Stefan Steger ist Managing Director bei Korn/Ferry Switzerland und leitet den europäischen Hauptsitz in Zürich. Der gebürtige Österreicher ist auf Industrieunternehmen spezialisiert.

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Jan Müller ist Managing Director DACH bei Futurestep und verfügt über breite Erfahrung in der internationalen Rekrutierung. Er hatte in den letzten zwölf Jahren in den Bereichen «Direktsuche» und «RPO» diverse Führungspositionen mit zunehmender Verantwortung inne.

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