Arbeit und Recht

Die werdende und die frischgebackene Mutter im Arbeitsrecht

Kinder bedeuten neben aller Freude auch eine Veränderung für beide Elternteile. Insbesondere für die 
Mutter ergeben sich durch Schwangerschaft und Geburt eines Kindes oft einschneidende Veränderungen 
in Bezug auf die Arbeitssituation.

Mit der Schwangerschaft befindet sich die Mutter in einer «Unzeit» im Sinne des Arbeitsrechts. Mit diesem etwas harsch anmutenden Ausdruck «Unzeit» in Art. 336c OR soll jedoch keinesfalls die Freude der Eltern über eine Schwangerschaft herabgesetzt werden, vielmehr bezeichnet dieser die «Sperrfrist», in welcher der Arbeitgeber einer schwangeren Frau (nach Ablauf der Probezeit) nicht kündigen darf. Es handelt sich dabei um die Frist zwischen dem Eintritt der Schwangerschaft und 16 Wochen nach der Niederkunft. Als solche gilt jede Geburt nach Ende der 23. Schwangerschaftswoche, auch Fehlgeburten. Die Adoption wird dagegen nicht als Niederkunft im Sinne des Arbeitsrechts behandelt und löst keine Sperrfrist aus.

Folge dieser sich mit der Schwangerschaft automatisch (also auch ohne Benachrichtigung des Arbeitgebers) einstellenden Sperrfrist ist es, dass eine in diese Zeit fallende ordentliche Kündigung des Arbeitgebers nichtig ist und damit auch nach Ablauf der Sperrfrist keinerlei rechtliche Wirkung entfaltet. Eine ordentliche Kündigung, die noch vor Eintritt der Schwangerschaft zugestellt wird, gilt. Die Kündigungsfrist steht in diesem Fall während der Dauer der Sperrfrist still und läuft nach deren Ablauf weiter.

Arbeiten und Fernbleiben von der 
Arbeit während der Schwangerschaft

Sofern die schwangere Frau nicht in einem Beruf arbeitet, dessen Ausübung durch die Schwangerschaft unmöglich wird (z.B. Sportlehrerin, Berufe, bei denen Kontakt mit gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlung üblich ist), hat die Arbeitgeberin grundsätzlich kein Recht auf Information bezüglich der Schwangerschaft. Schwangere Frauen, welche ihre Arbeit aufgrund der Beschwerlichkeit oder Gefährlichkeit während der Schwangerschaft nicht verrichten können, müssen dies dem Arbeitgeber jedoch mitteilen und haben während der Schwangerschaft trotz Arbeitsausfall einen Anspruch auf 80 Prozent ihres Lohns, soweit ihnen der Arbeitgeber keine gleichwertige, mit den Umständen verträgliche Ersatzarbeit zuweisen kann.

Steht die Ausübung des Berufes durch die Schwangerschaft nicht in Frage, so steht es der werdenden Mutter zu, bis zur Niederkunft zu arbeiten. Das Arbeitsrecht stellt bezüglich der Beschäftigung schwangerer Frauen jedoch einige Regulierungen auf, von welchen zumindest zu Ungunsten der Schwangeren auch im Arbeitsvertrag nicht abgewichen werden kann. So darf die schwangere Frau nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden, das heisst, sie entscheidet unabhängig von ihrer gesundheitlichen Verfassung selber, ob sie während der Schwangerschaft zur Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten fähig ist oder nicht.

Bleibt die schwangere Frau im Arbeitsbetrieb und fühlt sie sich lediglich temporär zur Arbeit nicht im Stande, so kann sie auf blosse Anzeige beim Arbeitgeber hin die Arbeit auch nur temporär verlassen. Bleibt die Dauer eines solchen Arbeitsausfalls insgesamt unter drei Monaten, so bleibt das Ferienguthaben der Schwangeren davon unberührt.

Des Weiteren ist Nachtarbeit zwischen 20.00 und 06.00 Uhr während acht Wochen vor der Niederkunft nicht erlaubt, auch dann nicht, wenn die schwangere Frau sich dazu im Stande fühlt und arbeiten möchte. Der Arbeitgeber hat, um seiner Verpflichtung zum Schutz der Arbeitnehmerin nachkommen zu können, das Recht, sich von der Arbeitnehmerin ein ärztliches Attest über den voraussichtlichen Geburtstermin vorlegen zu lassen.

Bleibt eine Frau aus durch die Schwangerschaft bedingten gesundheitlichen Gründen (Übelkeit etc.) der Arbeit fern, so wird dieser Arbeitsausfall arbeitsrechtlich ähnlich wie ein Krankheitsfall oder Unfall behandelt, bei dem die Arbeitnehmerin ohne eigenes Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist (Art. 324a OR). Die Arbeitgeberin hat der Frau während der Abwesenheit je nach individueller arbeitsvertraglicher Abrede oder der Dauer des Anstellungsverhältnisses für eine gewisse (kantonal z.T. unterschiedlich) Zeit den vollen Lohn zu entrichten.

Entscheidet sich die Frau jedoch selbst, nicht zu arbeiten, und liegen keine gesundheitlichen Gründe vor, steht ihr für diese Zeit keine Entschädigung vom Arbeitgeber zu. Arbeitsvertragliche Vereinbarungen, wonach die Entschädigung bei Ausfällen während der Schwangerschaft bereits im Lohn inbegriffen wäre, sind nur dann gültig, wenn die Arbeitnehmerin sich mit dem Lohnzuschlag tatsächlich eine gleichwertige Versicherungslösung finanziert. Ansonsten gelten solche Vereinbarungen nicht. Die Arbeitgeberin hat sich – sollten solche Abreden getroffen worden sein – im eigenen Interesse darüber Gewissheit zu verschaffen, ob die Arbeitnehmerin eine entsprechende Vorsorge getroffen hat.

Mutterschaftsurlaub – der Arbeit 
14 oder 16 Wochen fernbleiben?

Nach der Niederkunft bedarf es einer Ruhephase für Mutter und Kind. Davon geht der Gesetzgeber aus. Das Arbeitsgesetz ordnet deshalb für jede sich in einem Anstellungsverhältnis befindende frischgebackene Mutter unabhängig von Verlauf und Komplikation der Schwangerschaft oder Geburt bis zur achten Woche nach der Niederkunft ein absolutes Beschäftigungsverbot an. Gemäss Obligationenrecht (Art. 329f OR) kann die Mutter parallel zum Beschäftigungsverbot bis mindestens 14 Wochen nach ihrer Niederkunft Mutterschaftsurlaub beziehen.

Das Arbeitsgesetz geht diesbezüglich in gänzlich zu vermissender Abstimmung mit dem Obligationenrecht noch einen Schritt weiter und gewährt der Arbeitnehmerin bis zur 16. Woche nach der Niederkunft das Recht, nicht zu arbeiten. Es steht der Wöchnerin in der Regel folglich frei, bis zur 16. Woche nach der Niederkunft der Arbeit fernzubleiben, um sich um ihr Wohl und das des Neugeborenen zu kümmern. Es ist allerdings anzumerken, dass der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung nach Erwerbsersatzgesetz lediglich für 14 Wochen besteht. Betreffend Entschädigung während des Mutterschaftsurlaubs kann also bei nicht ausreichender Vorsorge eine Lücke auftreten. Ferienguthaben aus der Zeit vor der Geburt bleiben vom Mutterschaftsurlaub unberührt und können nach dessen Ablauf eingefordert werden.

Für die Mutterschaftsentschädigung existiert keine Taggeld-Mindesthöhe

Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung nach Erwerbsersatzgesetz haben insbesondere Frauen, die unmittelbar vor der Niederkunft mindestens neun Monate im Sinne der AHV versichert und in dieser Zeit mindestens fünf Monate als Arbeitnehmerin oder Selbständigerwerbende erwerbstätig waren.

Wie bereits erwähnt, beginnt der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung mit dem Tag der Niederkunft und endet spätestens nach 98 Tagen (oder eben 14 Wochen). Bei längerem Spitalaufenthalt des Kindes kann die Mutter den Beginn der Mutterschaftsentschädigung auf den Zeitpunkt der Heimkehr des Kindes beantragen. Wird die Mutter jedoch vor Ablauf der Anspruchsdauer wieder erwerbstätig, so endet der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung unabhängig vom Beschäftigungsgrad auf den Zeitpunkt der wiederaufgenommenen Erwerbstätigkeit.

Die Mutterschaftsentschädigung wird als Taggeld ausgerichtet, wobei dessen Höhe 80 Prozent des unmittelbar vor der Niederkunft erzielten durchschnittlichen Erwerbseinkommens (Bruttolohn) und maximal 196 Franken pro Tag ausmacht. Eine Mindesthöhe des Taggeldes kennt die Mutterschaftsentschädigung nicht. Sofern der Bruttolohn vor der Niederkunft unregelmässig war (etwa bei Umsatzbeteiligung) und starken Schwankungen unterlag, werden als Berechnungsgrundlage die letzten zwölf Bruttomonatslöhne vor dem Geburtsmonat herangezogen.

Die Mutterschaftsentschädigung entspricht einem Bruttolohn, auf den Sozialversicherungsbeiträge für AHV/ IV, EO sowie von unselbständig Erwerbstätigen auch ALV-Beiträge zu entrichten sind. Als Berechnungsgrundlage der auch weiterhin geschuldeten BVG-Beiträge wird nicht die Mutterschaftsentschädigung, sondern der bisherige koordinierte Lohn (der obligatorisch versicherte Lohn) herangezogen, welcher aber – sollte daraus für die Mutter eine besondere Härte entstehen – auf Verlangen herabgesetzt werden kann.

Bei einer anspruchsberechtigten Bezügerin im Anstellungsverhältnis werden die AHV-/IV-, ALV- und EO-Beiträge je zur Hälfte von der Bezügerin und dem EO-Ausgleichsfonds getragen. Während des Mutterschaftsurlaubs entfallen die Beiträge an die UVG für Mutterschaftsentschädigung beziehende Mütter. Dies bedeutet nicht, dass sie keinen Unfallversicherungsschutz geniessen, sondern dass sie während des Mutterschaftsurlaubs unentgeltlich versichert sind.

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Adrian Häcki arbeitet als Rechtsanwalt (Senior Associate) bei 
ALTENBURGER LTD, legal & tax. Die Kanzlei hat Büros in 
Küsnacht-Zürich und Genf.
www.altenburger.ch

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