Dürfen wir vorstellen: RNG – Recruiter Next Generation
Der Markt und die Rahmenbedingungen haben die Anforderungen an das Berufsbild Recruiter in den vergangenen Jahren stark verändert. Social Media sind ein grosses Thema, aber nicht das einzige. Auch in anderen Bereichen sind neue Kompetenzen gefordert.

Ein Recruiter Next Generation muss die verschiedenen Mundarten der Netzwerke beherrschen. (Illustration: iStockphoto)
In den vergangenen Jahren wurde im Bereich Personalmarketing, Employer Branding und Recruiting salopp gesagt, ordentlich Gas gegeben. Facebook-Fanpages, Mobile Recruiting, Augmented Reality und vieles mehr sind Tools, die sich den Weg in die HR-Werkzeugkisten gebahnt haben. Die strategischen Personalmarketingbereiche der grossen Konzerne haben versucht, sich dem Bewerbermarkt anzupassen. Kreative Ideen wurden hervorgebracht und vielfach kopiert.
Das Ergebnis: In der heutigen Unternehmenslandschaft finden sich unzählige Facebook-Fanpages, Google+-Präsenzen und Twitter Accounts. Eines wurde bei dem Aktivismus jedoch vielfach vergessen: Bei solchen Prozessen muss die gesamte Organisation mitgenommen werden. Die Entwicklung von jenen, die operativ an vorderster Front, beispielsweise auf Messen, Bewerber ansprechen und im tagtäglichen Geschäft rekrutieren, wurde an vielen Stellen nicht mitgedacht.
Vakanzen müssen verkauft werden
Recruiting hat sich in den vergangenen Jahren von einem ehemaligen Themengebiet zu einem komplexen Berufsfeld entwickelt. Der Mythos, Recruiting sei eine Einstiegsposition oder eine Teilaufgabe des HR Business Partners, verschwindet langsam aus den Unternehmen. Die neuen Recruiter brauchen Kompetenzen, die sich nicht nur auf die neuen Medien beziehen. Im veränderten Arbeitsmarkt rückt das Jobprofil obendrein deutlich in ein Vertriebslicht. Vakanzen müssen verkauft werden, und zwar im Dialog mit der Zielgruppe. Es ist unabdingbar, dass Recruiter die Jobprofile bis ins Detail verstehen. Auch die Zielgruppe mit ihrer Vielzahl an Bedürfnissen und Zugangswegen müssen sie in- und auswendig kennen. Neue Medien sind zwar nach wie vor ein wichtiger Baustein und gewinnen weiter an Raum, aber dennoch gibt es Zielgruppen wie beispielsweise berufserfahrene Facharbeiter, bei denen eine klassische Erstansprache durchaus erfolgversprechend ist.
Aber auch im Umgang mit neuen Medien gehört weitaus mehr dazu, als einen privaten Facebook Account zu besitzen. Ein RNG, also ein Recruiter Next Generation, muss die verschiedenen Mundarten der Netzwerke beherrschen. Ihm muss bewusst sein, dass ein Tweet sprachlich anders aufgebaut ist als ein Status-Update. Durch die begrenzte Zeichenanzahl können Sie bei Tweets auf ganze Sätze verzichten und stärker mit Hashtags (Verschlagwortung) arbeiten, ohne auf Grammatik und Satzbau zu achten. Ebenso gehört zum Basiswissen, dass Netzwerke unterschiedliche Viralitätsfaktoren haben. Das heisst, sie transportieren Nachrichten in unterschiedlichen Schnelligkeiten. So haben Sie auf der einen Seite Twitter, wo zum Beispiel durch einseitige Beziehungen (Freundschaften müssen nicht bestätigt werden; man folgt sich auf Twitter) eine sehr schnelle Weitergabe der Informationen ermöglicht wird – auch netzwerkübergreifend. Auf der anderen Seite stehen Netzwerke wie Facebook, die überwiegend zweiseitige Beziehungen zulassen und Status-Updates stärker freundeskreisbezogen verbreiten.
Neben der Anwendung neuer Medien mit dem Fokus Arbeitgeberpositionierung und Personalmarketing darf der Sourcing-Ansatz nicht vergessen werden: Auch diesen müssen Recruiter der neuen Generation beherrschen. Eine wesentliche Rolle spielt hier die Netzwerkkompetenz, die im Sinne eines Netzwerkauf- und ausbaus zu verstehen ist. Es gilt, zukünftig Beziehungen zu pflegen, um langfristig Vakanzen besetzen zu können.
In mehreren Bereichen zu Hause
Die wichtigsten Veränderungen für die Recruiter sind:
Geschäfts-Know-how
Verkäufer müssen ihre Produkte kennen. Damit ist nicht gemeint, dass man mal was darüber gelesen oder davon gehört hat. Sie müssen die Jobs, die sie verkaufen, erfahren haben. Dazu zählt auch das Thema Cultural Fit, das immer wichtiger wird. Recruiter müssen immer wieder an die Basis, um am Puls der Berufe zu bleiben.
IT-Affinität
Gern versucht man, den Begriff mit dem Social Web voll auszufüllen. Das Know-how, welches man hier benötigt, um in den sozialen Medien agieren zu können, ist natürlich nicht zu unterschätzen. Neben den bereits erwähnten Mundarten verschiedener Netzwerke und deren Viralitätsfaktoren muss man über die jeweiligen Nutzergruppen Bescheid wissen. Beispielsweise eignet sich derzeit XING als Quelle für Akademiker, wohingegen der Schwerpunkt bei Facebook wohl eher auf jüngere Zielgruppen gelegt wird. Dennoch, IT-Affinität ist weitaus umfassender zu verstehen. Recruiter müssen sich heutzutage mit komplexen Bewerbermanagementsystemen auskennen. Sie haben Smartphones, mit denen sie nicht nur telefonieren sollen. Sie müssen die Trends kennen, mit denen sich ihre Zielgruppen befassen. Bei Schülern ist beispielsweise Gamification ein wichtiges Thema. Um hier Ideen und Strategien entwickeln zu können, muss sich ein Recruiter ein Stück weit mit der Materie auskennen.
Crossmediales Verständnis / Storytelling
Sich mit Social Media und verschiedenen Kanälen auszukennen, heisst nicht automatisch, dass man weiss, wie man diese in einer Kommunikationsstrategie sinnvoll oder sogar kreativ verbindet. Ein No-Go wäre zum Beispiel, QR-Codes per EMail zu versenden. Ziel ist es, den Recruiter zu befähigen, Geschichten zu erkennen und für diese den jeweils besten Kanalmix zu bestimmen. Letzteres erfolgt in Abhängigkeit von der Zielgruppe und den Ergebnissen, die man erzielen möchte. Die Geschichte zu erkennen und erzählbar zu gestalten, ist die weitaus grössere Herausforderung.
Ein Klassiker sind die vielen Gewinnspiele, die es mittlerweile im Personalmarketing gibt. iPads, Reisen etc. werden verlost und die Geschichten enden im besten Fall bei der Preisübergabe. Man sollte von einem Recruiter NG erwarten dürfen, dass er es schafft, an dieser Stelle die Geschichte sinnvoll weiterzuspinnen. Soll heissen, einen Gewinn auszuloben, der die Geschichte des Bewerbers fortführt. Verlosen Sie also kein iPad, sondern beispielsweise ein iPad und eine Werksführung, um den Bewerber dann auf der Werksführung zu begleiten und dies mit ihm gemeinsam via iPad online zu stellen.
Wir haben ein verändertes Anforderungsprofil, dessen Neuerungen derart einschneidend sind, dass es schwerfällt, von einem Update im Sinne von 2.0 zu sprechen. Der Markt hat Anforderungen an eine neue Recruiter-Generation formuliert, denen wir jetzt gerecht werden müssen.