HR-Controlling

Ein HR-Bereich im Umbruch: Das 
Personalcontrolling wird erwachsen

Das Personalcontrolling erlebt aktuell einen Transformationsprozess. Auslöser dafür sind einerseits die neuen Geschäftsmodelle für die Personalbereiche, andererseits die steigenden Anforderungen des Managements, verbunden mit einem hohen Zeitdruck, grosser Komplexität und weniger Ressourcen. Nun gilt es, die Rollen im HR-Controlling zu verändern.

Das Personalcontrolling ist eine junge Wissenschaft: Erste Ansätze und Instrumente entstanden vor rund 30 Jahren im Rahmen des funktionalen Controllings. Zuerst standen vor allem die Planung, Kontrolle und Abweichungsanalyse (1) im Vordergrund. Ergänzt wurden diese Themen allmählich mit einer strategischen und ökonomischen Sicht auf den Ebenen Kosten(aufwand)controlling, Effizienz- und Effektivitätscontrolling (2). Zunehmend entwickelten sich integrierte Bewertungsmodelle, wie zum Beispiel die Balanced Scorecard oder EFQM-Modelle. In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen an das Personalcontrolling aus folgenden Gründen stark verändert:

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Die Märkte entwickeln sich immer schneller, neue Trends müssen rasch erkannt 
werden und der Zeitdruck nimmt zu. Personalressourcen müssen entsprechend zur richtigen Zeit mit der richtigen Qualität und Quantität vorhanden sein. Das Personalcontrolling trägt mit entsprechenden Instrumenten dazu bei, das Management und die Personalfunktion darin zu unterstützen.
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Die Unternehmen stehen unter permanenten Kostendruck. Personalressourcen sollen mit einer möglichst hohen Wertschöpfung eingesetzt werden. Das Personalcontrolling zeigt mögliche Handlungsfelder für Optimierungen auf.
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Die Personalfunktion hat sich weiter entwickelt und es sind neue Geschäftsmodelle für die verschiedenen Personalbereiche entstanden. Der Beitrag Personal zur Erreichung der strategischen Unternehmensziele steht im Zentrum. Das Personalcontrolling hat die Aufgabe, die Personalfunktion mit entsprechenden Instrumenten zu unterstützen, mit geeigneten Kennzahlen eine Steuerung der Personalbereiche zu ermög
lichen und den Beitrag der Personalfunk
tion auszuweisen.

Es braucht einen Übersetzer für die verschiedenen Anspruchsgruppen

Diese veränderten Anforderungen führen dementsprechend zu neuen Aufgaben und Herausforderungen für das Personalcontrolling. Das heisst auch, dass das Personalcontrolling gesamthaft an Bedeutung gewinnt.Während auf der Ebene der Strukturen, wie zum Beispiel der Organisation und der Instrumente des Personalcontrollings, Ansätze bestehen, wird die kulturelle Dimension mit den neuen Rollen und Kompetenzen im Personalcontrolling bisher kaum thematisiert.

Die nachstehenden Ausführungen vertiefen diese Thematik und zeigen mögliche Ansätze auf. Das Personalcontrolling ist ein funktionales Controlling, in welchem die Frage der Steuerung des Personals beziehungsweise der Personalarbeit im Zentrum steht, mit dem Ziel einer optimalen Wertschöpfung des Faktors Personal. Das Controlling bildet die Schnittmenge zwischen dem Management und dem Controller, wobei die Verantwortung für die Geschäftsführung beim Management ist. Das Controlling hilft damit dem Management bei der Entscheidungsfindung, trifft aber niemals selbst die Entscheidungen. Bei der Betrachtung dieser Definition fällt auf, dass das Personalcontrolling neben dem Management auch das Bindeglied zum Finanzmanagement und – in erster Linie – zum Personalmanagement bildet.

Die Herausforderung des Personalcontrollings besteht also darin, die Übersetzungsfunktion für diese Anspruchsgruppen zu übernehmen. Insbesondere das Personalmanagement tut sich oft schwer mit Zahlen und hat ganz andere Anforderungen als das Finanzmanagement. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die Zahlen und Erkenntnisse stufengerecht und vor allem verständlich aufgezeigt werden können. Dabei müssen auch komplexe Sachverhalte möglichst einfach dargestellt werden.

Eine Vorschau im Rahmen der 
Personalplanung wird wichtiger

In Anlehnung an das Rollenmodell des Personalmanagements (3) lässt sich ebenfalls ein Rollenmodell für das Personalcontrolling bilden, in welchem vier Rollen entstehen (siehe 
Abbildung 1).

Während Jahren bildete insbesondere die Datenadministration den Schwerpunkt im Personalcontrolling. Gesucht waren Personalcontroller, welche die Herausforderung in der Auswertung und Aufbereitung von Daten 
sahen. Im Zentrum stand dabei insbesondere das operative quantitative Personalcontrolling. Ergänzt wurde diese Rolle mit der qualitativen Analyse ausgewählter Themen.

Aufgrund der aktuellen Anforderungen an das Personalcontrolling entstehen neue – vor allem strategisch ausgerichtete – Rollen. Einerseits gewinnt die Vorschau im Rahmen der Personalplanung zunehmend an Bedeutung. Zentrale Themen sind dabei die demografische Entwicklung und das Bereitstellen der zukünftig benötigten Ressourcen in der nötigen Qualität zum richtigen Zeitpunkt.

Andererseits entwickelt sich der Personalcontroller immer mehr in Richtung eines (strategischen) Beraters für das Personal- und Linienmanagement. Dabei geht es in erster Linie um Beratung, Moderation und Analyse, die Erkennung von Trends und dies zugeschnitten auf das entsprechende Geschäftsfeld. Die Personalcontroller werden damit zu einem wichtigen Sparringpartner für das Personal- und Linienmanagement und können einen echten Mehrwert erbringen. Auf dem Weg zu einem umfassenden Personalcontrolling sind alle Rollen angemessen zu berücksichtigen. Ein (strategischer) Berater kann nur dann erfolgreich sein, wenn auch die Aufgaben des Datenmanagements und der Analyse erfüllt sind. Und umgekehrt deckt ein Personalcontrolling, welches sich ausschliesslich auf die Datenaufbereitung und Analyse beschränkt, nur Teilaspekte ab.

Die neuen Rollenbilder bringen 
andere Laufbahnmodelle hervor

Personal als unterstützende Aktivität in der Wertschöpfungskette (4) steht unter dauerndem Kostendruck. Das Personalcontrolling als unterstützende Aktivität innerhalb der Personalfunktion spürt diesen Kostendruck ebenfalls; in der Konsequenz müssen die vorhandenen Ressourcen möglichst wertschöpfend eingesetzt werden. Obwohl das Personalcontrolling zukünftig nochmals an Stellenwert gewinnen wird, kann nicht davon ausgegangen werden, dass entsprechend mehr Ressourcen zur Verfügung stehen werden. Als Konsequenz verändert sich die Ressourcenallokation im Personalcontrolling.

Einerseits gewinnt die Rolle des (strategischen) Beraters an Bedeutung. Die Personalcontrollerin bzw. der Personalcontroller wird zur Vertrauensperson des Managements und wird zu dessen Berater, indem entsprechendes Datenmaterial stufengerecht zur Verfügung gestellt wird. Ziel ist es, die Ressource Personal optimal und mit der grössten möglichen Wertschöpfung einzusetzen.

Andererseits müssen regelmässige Aufgaben in Prozessen so weit zusammengefasst, vereinheitlicht und harmonisiert werden, dass möglichst hohe Skaleneffekte und Effizienzgewinne entstehen. Nützlich ist hier 
natürlich eine informatikseitige Unterstützung, allerdings setzt hier insbesondere auch die Kosten-Nutzen-Betrachtung oft Grenzen, indem die Kosten für die Einführung von Informatiklösungen nicht zu unterschätzen sind. Daneben sind aber auch auf kultureller Ebene Veränderungen nötig, damit die einheitlichen Lösungen auch wirklich akzeptiert werden. Nur so können Effizienzgewinne voll abgeschöpft werden.

Die beiden Rollen der Analyse und Personalplanung bleiben auch zukünftig für das Personalcontrolling wichtig, insbesondere auch, um Veränderungen und Trends rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Entwicklungen aufzuzeigen. (siehe Abbildung 2).

Für die Mitarbeitenden im Personalcontrolling führen die neuen beziehungsweise veränderten Rollen auch zu neuen Anforderungen hinsichtlich Wissen und Kompetenzen. Eine hohe Zahlenaffinität und die Freude an komplexen Analysen bleiben weiterhin wichtig, an Bedeutung gewinnen aber die Beratungsfähigkeiten, verbunden mit einer (stufengerechten) Kommunikation. Nicht mehr stille Schafferinnen und Schaffer im Hintergrund sind gefragt, sondern proaktive und kommunikationsfreudige Personen, welche aktiv Herausforderungen angehen.

Diese Anforderungen liegen zu den bisherigen sehr weit auseinander, was in der Konsequenz dazu führt, dass nicht alle Mitarbeitenden im Personalcontrolling diesen Schritt machen wollen beziehungsweise können. Eine der Herausforderungen besteht damit darin, die bisherigen Mitarbeitenden in die neuen Anforderungen zu begleiten, indem mit entsprechenden individuellen Entwicklungsprogrammen fehlende Ansprüche ergänzt werden. Die veränderten Kompetenzen an einen Personalcontroller lassen aber auch Laufbahnmodelle mit horizontaler und vertikaler Durchlässigkeit zu. Einerseits können im Rahmen der Rollen verschiedene horizontale Laufbahnstufen entstehen: Junior-Personalcontroller, Personalcontroller oder Senior-Personalcontroller. Andererseits öffnet sich das Personalcontrolling auch für Quereinsteiger und für die Mitarbeitenden im Personalcontrolling selber, indem ein neues Schwergewicht auf der Beratungstätigkeit entsteht 
(siehe Abbildung 3).

Quellen:

1 
Pottoff Erich, Trescher Karl (1985, S. 25)
Controlling in der Personalwirtschaft
1. Auflage, Berlin, de Gruyter

2 
Wunderer Rolf, Sailer (1987, S. 287)
Instrumente und Verfahren des Personal-Controllings 
Heft Personalführung 8/9 1987

3 
Ulrich Dave (1996, S. 29)
Human Resource Champions
1. Auflage, Michigan, HBS

4 
Porter Michael E. (1989, S. 62)
Wettbewerbsvorteile 
1. Auflage, Frankfurt, Campus

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Peter Luginbühl ist seit 2006 
verantwortlich für das SBB-Personalcontrolling auf Konzernstufe. Ab 2008 ist er massgeblich beim Aufbau eines zentralen Kompetenzcenters Personalcontrolling für den gesamten Konzern beteiligt, welches er seit Juli 2009 leitet.

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